Kinderwunsch aufschieben: Das Geschäft mit der Eizelle
Es klingt einfach: Eine gesunde 28-Jährige lässt sich Eizellen entnehmen und einfrieren. Zehn Jahre später entschließt sie sich für eine Schwangerschaft. Die Eizellen werden aufgetaut, künstlich befruchtet und ein Embryo in die Gebärmutter eingesetzt. „Social Egg Freezing“ heißt das Verfahren, bei dem Eizellen konserviert werden, um dann zu helfen, wenn die eigene Fruchtbarkeit altersbedingt geringer ist. Die 38-Jährige bekommt damit eine Eizelle in der genetischen Qualität einer 28-Jährigen.
Die Zahl der Frauen, die Social Egg Freezing nutzen, hat sich laut Studie der Londoner Women’s Clinic seit 2014 verdreifacht. „Der Kinderwunsch hat sich auf jenseits des 30. Lebensjahres verschoben und alle fünf Jahre bewegt er sich um weitere eineinhalb Jahre nach hinten. Frauen, die nach Social Egg Freezing fragen, sind oft alleinstehend, machen sich aber Gedanken über die Zukunft“, sagt Georg Freude, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für In-vitro-Fertilisation (IVF).
Das bestätigt eine aktuelle amerikanische Studie: 150 Frauen, die Social Egg Freezing nutzten, wurden zu ihrer Geschichte befragt. Sie waren zwischen 29 und 42 Jahre alt, zwei Drittel zwischen 35 und 39. Der am häufigsten genannte Grund: Sie hatten keinen Partner, mit dem sie eine Familie gründen konnten. Nur zwei der befragten Frauen entsprachen dem gängigen Klischee und nannten ihre Karriere.
Nur bei Erkrankung
In Österreich ist Social Egg Freezing verboten. „Nur bei einer medizinischen Begründung ist es möglich, die Eizellen kryokonservieren zu lassen (Anm.: in flüssigem Stickstoff einfrieren). Es geht also nur, wenn eine Erkrankung vorliegt, die eine spätere Schwangerschaft auf natürlichem Weg unwahrscheinlich macht“, sagt Freude, der ein Kinderwunschinstitut in Wien betreibt.
Gesunde Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen möchten, können dies nur im Ausland tun, etwa in Tschechien. Sie müssen mit Kosten von ca. 5000 Euro plus jährlicher Lagerungsgebühren rechnen. „Das österreichische Gesetz bevormundet Frauen, die ihre Eizellen lagern wollen. Ich bin überzeugt, dass bei einer Klage das Gesetz geändert werden müsste. Das ist aber ein langer Weg“, sagt Freude.
Genutzt werden die eingefrorenen Eizellen nur von einem Bruchteil, wie eine Analyse aus dem Brüsseler Zentrum für Reproduktionsmedizin zeigt. 562 Frauen, die im Zeitraum 2009 bis 2017 Eizellen einfrieren ließen, wurden untersucht. Sie waren im Schnitt 36,5 Jahre alt. Bisher ließen aber nur sieben Prozent die Zellen auftauen, befruchten und übertragen. Sie waren dann im Mittel 42 Jahre alt.
Während Social Egg Freezing in Österreich nicht erlaubt ist, besteht seit 2015 die Möglichkeit, bei eigener Unfruchtbarkeit eine Eizellspende zu nutzen. Das heißt, entweder eine fremde oder eine Frau aus dem eigenen Umfeld stellt Eizellen zur Verfügung.
Kein Honorar
Das Gesetz sieht für die Suche nach einer Eizellspenderin Einschränkungen vor. „Die Empfängerin kann die Spenderin zum einen selbst mitbringen, zum anderen können wir auf internationale Eizellbanken zugreifen, wenn die österreichischen Voraussetzungen gegeben sind. Dazu zählt, dass der Spenderin kein Honorar bezahlt wurde“, sagt Leonhard Loimer, der Kinderwunschkliniken in Wien und Wels betreibt.
Eine dritte Möglichkeit sind Frauen, die sich von sich aus bei Kinderwunschzentren für eine Eizellspende melden. Loimer: „Sie haben gehört, dass man Eizellen spenden kann, wollen vielleicht selbst keine Kinder aber dennoch das Gefühl, dass ein Teil von ihnen weiterlebt. Diese Frauen bekommen dann ihre Ausgaben zurückerstattet – ihre Zeit darf aber nicht vergütet werden“, erklärt Loimer. In seinen Kliniken wurden im vergangenen Jahr rund 50 Eizellspenden durchgeführt. Für die Auswahl der Spenderin werden Merkmale wie Augen- und Haarfarbe, Ausbildung, Beruf oder Charaktereigenschaften berücksichtigt. Paare, die eine Eizellspende nutzen möchten, müssen mit Kosten von rund 9000 Euro rechnen – künstliche Befruchtung inklusive. „Das Teure an der Spende ist die genetische Untersuchung der Eizelle. Die Patientinnen erhalten dafür die Garantie, dass sie einen Embryo eingesetzt bekommen und wenn möglich noch weitere eingefroren werden. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft ist sehr hoch“, meint Loimer.
Neben der medizinischen und genetischen Untersuchung der Spenderin erfolgt ein Gespräch, bei dem festgestellt werden soll, ob sie sich der Konsequenzen bewusst ist. : „Anders als Samenzellen werden Eizellen nicht nachproduziert. Es braucht eine gewisse Reife, um den Prozess einer Eizellspende durchzumachen.“ Die Entnahme der Eizelle erfolgt – wie beim Social Egg Freezing auch – nach einer Hormontherapie. Die reifen Eizellen werden dann vaginal entnommen. Komplikationen sind selten, dennoch kann es zu Infektionen oder Blutungen kommen.
Die Zahl der Eizellspenderinnen in Österreich ist – auch wegen der gesetzlichen Einschränkungen – gering. In der Kinderwunschklinik von Leonhard Loimer stehen derzeit mehr als 100 Frauen auf der Warteliste – darunter auch Patientinnen aus Deutschland, wo Eizellspenden verboten sind. Wegen der langen Wartezeiten fahren Österreicherinnen oft nach Tschechien, wo Spenderinnen ein Honorar bezahlt werden darf. Sie werden über eigene Büros gesucht und spenden anonym. Das heißt, die gezeugten Kinder können später nicht den Kontakt suchen. Auch das sei ein Grund, weshalb es hierzulande weniger Spenderinnen gibt: Kinder haben das Recht, die Daten ihrer Eizellspenderin zu erhalten. Das schrecke viele ab.
Was in Österreich erlaubt ist
Social Egg Freezing
Das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund ist in Österreich nicht erlaubt. Medizinische Gründe sind etwa eine bevorstehende Chemotherapie, die zu Unfruchtbarkeit führen könnte, oder Endometriose. In anderen Ländern, etwa Tschechien, Spanien oder in den USA ist das Einfrieren von Eizellen auch ohne medizinische, sondern aus sozialen Gründen möglich. In den USA finanzieren manche Unternehmen, darunter die Konzerne Facebook und Apple, Social Egg Freezing für ihre Mitarbeiterinnen, damit diese sich ohne Sorgen um ihre Familienplanung ihrer Karriere widmen.
Eizellspende
Die Eizellspende ist im Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt und seit 2015 in Österreich erlaubt. Spenderinnen müssen zwischen 18 und 30 Jahre alt sein. Ihre Spende muss freiwillig erfolgen, sie dürfen dafür kein Honorar beziehen. Sie erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung, etwa für Anreise-, Verpflegungs- und Nächtigungskosten. Empfängerinnen können ihre Spenderin selbst mitbringen, häufig ist dies etwa die Schwester oder eine Freundin. Kennen sich die Frauen nicht, erhält die Empfängerin keinen Zugang zu den Daten der Spenderin. Diese müssen jedoch aufbewahrt werden, da das gezeugte Kind mit Vollendung des 14. Lebensjahres das Recht hat, Informationen über die Spenderin von der jeweiligen Klinik zu erhalten. Alle Spenderinnen werden gesundheitlich untersucht, ihre Eizellen werden genetisch getestet. Im persönlichen Gespräch wird geklärt, ob sie dafür bereit sind sowie die Lebensumstände besprochen. Die Empfängerin der Eizellspende darf nicht älter als 45 Jahre sein und muss in einer Partnerschaft sein. Sind die Voraussetzungen des IVF-Fonds erfüllt (z.B. dass die Frau unter 40 Jahre alt ist), wird eine künstliche Befruchtung bis zu 70 Prozent mitfinanziert.