Wissen/Gesundheit

Kinder und Jugendliche: Das Smartphone hebt die Stimmung

Nackenschmerzen, Augenschäden und Bewegungsmangel auf der einen Seite, veränderte Hirnmasse, Suchtverhalten und Einsamkeit auf der anderen: Welche Auswirkungen die Nutzung von Smartphones, Tablets und Co. für Kinder und ihre Entwicklung hat, wird seit Jahren intensiv diskutiert. 

Abschließende Befunde sind schwierig zu erstellen, etliche Studie deuten aber inzwischen darauf hin, dass insbesondere die übermäßige Präsenz digitaler Endgeräte im Alltag von Kindern nicht folgenlos bleibt.

In einer neuen, im Fachblatt Plos One veröffentlichten Studie kommen Forschende der US-amerikanischen Universität Wisconsin-Madison nur aber zu dem Schluss, dass Smartphones der Stimmung von Jugendlichen zuträglich sein könnten.

Gute Gefühle in der Hand

Man rekrutierte – unter anderem via Facebook – Probandinnen und Probanden zwischen zwölf und 17 Jahren. In die Analyse fanden schließlich 253 Mädchen und Burschen Eingang. Die Kinder und Jugendlichen wurden über einen Zeitraum von sechs Tagen immer wieder über ihr Smartphone befragt, ob und wie lange sie es gerade benutzen und wie ihre aktuelle Stimmungslage ist, beziehungsweise wie sie vor der Nutzung war. Womit sich die Heranwachsenden am Handy die Zeit vertrieben, wurde nicht erhoben. 

Bei der Auswertung zeigte sich, dass die Probandinnen und Probanden über eine bessere Stimmung berichteten, wenn sie ihr Smartphone bedienten. Die Stimmung besserte sich sogar, je länger sie damit hantierten. 

Machen Smartphones Kinder also langfristig glücklicher? Eine solche Deutung sei keinesfalls zulässig, betont das Forschungsteam. Zwar könnten die positiven Emotionen als günstige Konsequenz interpretiert werden. Sie könnten aber auch ein Warnzeichen sein: Wenn das Smartphone zur Stimmungsregulation verwendet wird – die Technologie gezielt eingesetzt wird, um den eigenen Stimmungszustand zu manipulieren –, könne dies auf Suchtverhalten und einseitige Bewältigungsstrategien hinweisen, heißt es.

Smartphones halten Userinnen und User "bei Laune"

Zur Vorsicht bei der Auslegung der Erkenntnisse mahnen auch unbeteiligte Fachleute. So sei die Studie etwa nicht repräsentativ für Jugendliche im Allgemeinen, führt Kathrin Karsay, Assistenzprofessorin für Unterhaltungsforschung an der Uni Wien, gegenüber dem Science Media Center aus. Retrospektive Angaben über die eigene Stimmung, wie sie in der Studie abgefragt wurden, würden zudem Verzerrungspotenzial bergen.

Dass Medieninhalte oft ausgewählt werden, "um positive Stimmungen zu verstärken oder negative Stimmungen abzuschwächen und somit ein optimales emotionales Gleichgewicht zu erreichen", sei laut Karsay ein bekanntes Phänomen. Der sogenannten Mood-Management-Theorie zufolge wählen Menschen Medieninhalte aus, "die ihren aktuellen emotionalen Bedürfnissen entsprechen", schildert sie. "Wir wissen zudem, dass Jugendliche unterhaltsame und hedonistische Medieninhalte bevorzugen." Allerdings liefere die Studie keine Hinweise darauf, welche Inhalte die Teilnehmenden auf ihren Handys genutzt haben, "somit bleiben Erklärungsversuche recht vage". Smartphone seien mit ihren dazugehörigen Apps jedenfalls gestaltet, um "im wahrsten Sinne des Wortes bei Laune – und dadurch am Gerät – zu halten".

Der schnelle und wiederholte Griff zum Handy bei Langeweile, schlechter Laune oder unangenehmen Gefühlen könne in einen Teufelskreis münden: Aufgaben werden vernachlässigt, Schuldgefühle entstehen, der stimmungsaufhellende Effekt schwindet.

Freundschaften und Austausch pflegen

Dennoch plädiert Karsay durchaus dafür, Smartphones nicht pauschal zu verteufeln. Dafür spreche auch die Forschung. So konnte etwa gezeigt werden, dass das gemeinsame Nutzen des Smartphones, zum Beispiel beim Ansehen von Videos, mit einer höher wahrgenommenen Freundschaftsqualität in Verbindung steht. Insbesondere für marginalisierte Gruppen würden digitale Medien zudem "die bedeutsame Möglichkeit" bieten, "sich – gegebenenfalls anonym – auszutauschen und Probleme zu besprechen".

Welche langfristigen Effekte die kurzfristige Entlastung hat, gelte es in weiteren Forschungen zu erheben.