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Schlafrestriktion: Wie die neue Therapie bei Schlaflosigkeit hilft

"Schlaflosigkeit ist eine ernste Erkrankung", sagt Simon Kyle, Neurowissenschafter an der Universität Oxford, "da sie weit verbreitet ist, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt und das Risiko für die Entwicklung anderer körperlicher und psychischer Gesundheitsprobleme erhöht". Hauptproblem sei aber, dass Menschen mit chronischer Schlaflosigkeit (Insomnie) selten eine wissenschaftlich fundierte, wirksame Behandlung erhalten.

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Schon kurze Verhaltenstherapie hilft

Kyle ist Hauptautor einer neuen Studie zu Schlaflosigkeit, an der Forschende der Universitäten Oxford, Lincoln und Manchester mitarbeiteten. Sie prüften die Wirksamkeit einer verkürzten Form der Kognitiven Verhaltenstherapie – die Restriktionstherapie, die auch  gegen Schlaflosigkeit eingesetzt wird. Veröffentlicht wurden die Erkenntnisse nun im renommierten Fachblatt The Lancet.

Die Idee dahinter: Der menschliche Schlafmechanismus wird durch die innere Uhr und den sogenannten Schlafdruck beeinflusst. Er kontrolliert die Müdigkeit und löst diese im Körper auslöst. Der Schlafdruck ist umso höher, je länger wir wach sind. Im Zuge der Schlafrestriktionstherapie wird die Schlafphase verkürzt, um den Schlafdruck zu erhöhen. In der Regel müssen aber mindestens viereinhalb Stunden geschlafen werden.

An der aktuellen Studie nahmen 642 Britinnen und Briten teil, der Großteil war weiblich. Alle Teilnehmenden litten bereits seit zehn Jahren an Schlaflosigkeit. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine davon absolvierte vier Sitzungen der Schlafrestriktionstherapie in einer Hausarztpraxis und erhielt eine Schlafhygienebroschüre. Die Kontrollgruppe wurde nur mit der Broschüre ausgestattet. Die Schlafhygienebroschüre, die beide Gruppen erhielten, lieferte Verhaltensempfehlungen zur Verbesserung des Schlafs, die zum Beispiel den Lebensstil oder die Schlafumgebung betrafen.

Für den Ablauf der Interventionen  gaben die Forschenden genaue Instruktionen: In der Therapie-Gruppe galt die Anweisung, tagsüber auf zusätzliche Schlafpausen zu verzichten und fixe Aufsteh- und Zubettgehzeiten einzuhalten. Die Kurzbehandlungen erfolgten in nur vier Sitzungen, die innerhalb einer Woche stattfanden und weniger als 1,5 Stunden dauerten. 

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Viele Formen
Zu den häufigsten Schlafstörungen zählen etwa Ein- und Durchschlafstörungen sowie Tagesmüdigkeit. Auslöser sind körperliche Ursachen (Diabetes, Asthma, Schilddrüsenfehlfunktion u. a.) oder psychische Belastungen, etwa Depressionen.

Restriktionstherapie
Die Kognitive Verhaltenstherapie hilft, falsche Verhaltensmuster im Zusammenhang mit Schlaf zu verändern. Die Schlafdauer wird beschränkt, um die Schlafqualität zu erhöhen. Dazu definieren Patient und Therapeut u. a. ein Schlaffenster. 

Wohlbefinden veränderte sich zum Positiven

Ein deutliches Ergebnis zeigte sich bei der Auswertung der erhobenen Daten nach sechs Monaten: 42 Prozent der  Patientinnen und Patienten in der Therapiegruppe berichteten, dass sich ihre Schlaflosigkeit deutlich reduziert hatte. In der Kontrollgruppe, die ausschließlich mit der  Broschüre ihre Schlafprobleme in den Griff bekommen sollte, lag die Zahl bei nur 17 Prozent. 

Die Personen, die mit der Schlafrestriktionstherapie behandelt wurden, berichteten ebenso über eine verbesserte Lebensqualität, weniger depressive Symptome und eine höhere Arbeitsproduktivität. Auch nach weiteren sechs Monaten blieben die positiven Effekte der Therapie bestehen.

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Auch die Kostenfrage der therapeutischen Intervention stand in der Studie auf dem Prüfstand. Mit durchaus erfreulichen Ergebnissen: Die britischen Gesundheitsbehörde National Health Service stufte sie als kosteneffektiv ein. Das Team um Neurowissenschafter Kyle resümiert zusammenfassend positiv: Die Forschungsergebnisse könnten künftig dazu dienen, bereits in der niederschwelligen Primärversorgung Schlaflosigkeit effizient zu behandeln.