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Kein Grippe-Impfstoff-Mangel: Warum der Stich später empfohlen wird

Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Bei den allermeisten zeigt ein Blick ins Umfeld jetzt ganz klar: Die Erkältungssaison rollt an.

Zeitgleich sind in Österreich bundesweite Impfaktionen gegen die im Herbst und Winter am häufigsten auftretenden Atemwegserkrankungen gestartet, Covid-19, aber auch die Grippe (Influenza) und das Respiratorische-Synzytial-Virus, kurz RSV.

Gibt es einen Mangel an Grippe-Impfstoffen?

Diskussionen gab es zu Wochenbeginn rund um die Influenza-Impfung.

Aus einigen Bundesländern, Oberösterreich, der Steiermark und Tirol, wurde vermeldet, dass die besagten Vakzine bereits vergriffen seien. Inzwischen hat der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller aber klargestellt: "Es gibt keinen Impfstoffmangel, es ist genügend für alle Altersgruppen vorhanden", hieß es am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz. Es sei noch zu früh, um einen Mangel bestätigen zu können, erklärt in diesem Rahmen auch Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium. "Die Impfstoffe wurden jetzt ausgeliefert, sie liegen in den Apotheken und bei den Ärztinnen und Ärzten, jetzt müssen sie erst einmal verimpft werden." Das gelte auch für Impfstoffe gegen Covid-19 und RSV.

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Grippe-Peak kommt erst Ende des Jahres

Um sich gegen Grippe impfen zu lassen, sei es aktuell ohnehin noch etwas zu früh, betont Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf. Er rät insbesondere Risikogruppen sich bei der Influenza-Impfung, aber auch bei den Immunisierungen gegen Covid-19 oder RSV, an den Erreger-Saisonen zu orientieren: "Gegen Covid-19 würde ich mich jetzt impfen lassen, gegen RSV relativ zügig danach oder alternativ im November zusammen mit Grippe. Influenza und RSV sind erfahrungsgemäß immer erst gegen Ende des Jahres ein Thema, Corona schon jetzt."

Die allermeisten Impfstoffe können beliebig kombiniert werden, das gelte auch für die adaptieren Corona-Impfstoffe. "Es sollte lediglich in zwei verschiedene Oberarme geimpft werden", sagt Paulke-Korinek. Ist man akut krank, sollte die Impfung jedenfalls vertagt werden.

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Verschiedene Impfstoffe für verschiedene Gruppen

Je nach Alter und/oder Risikogruppen-Zugehörigkeit erhält man in Österreich einen anderen Grippe-Impfstoff. Für Kinder steht etwa ein nasal verabreichter Impfstoff zur Verfügung, für ältere Menschen ab 60 Jahren zwei Präparate, die höhere Antikörperspiegel auslösen. Patientinnen und Patienten können sich den Impfstoff nicht direkt aussuchen, mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin aber das Vorgehen besprechen, sagt Paulke-Korinek: "Man geht einfach zum Arzt oder der Ärztin des Vertrauens und holt sich die Impfung. Und man bespricht gemeinsam, was die beste Wahl ist."

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Was viele nicht wissen: Atemwegserkrankungen zählen global gesehen zu den häufigsten Todesursachen. "Wir wissen außerdem seit Langem, dass es Personengruppen gibt, die stärker von Atemwegsinfektionen betroffen sind. Menschen über 60, chronisch grunderkrankte Menschen, Personen mit geschwächtem Immunsystem", führt Valipour aus. "Das ist keine Nische – diese Personen machen ein Drittel der Bevölkerung aus", sagt er.

Entsprechend wichtig sei es, saisonal zirkulierende Erreger durch Impfungen in Schach zu halten. Allerdings: Die Impfquoten sind in Österreich traditionell und im internationalen Vergleich gesehen gering. "Wir haben hier also einen Auftrag", so Valipour, der auch klarstellt, dass der Nutzen von Impfungen über die Vermeidung schwerer Verläufe hinausgeht. "Wir können damit auch verhindern, dass infolge von Atemwegsinfektionen schwerwiegende Komplikationen und potenziell verbundene Todesfälle auftreten." So würden Atemwegsinfektionen ein gesteigertes Risiko für Schlaganfälle. Herzrhythmusstörungen oder Herzinfarkte bergen und auch andere Organe in Mitleidenschaft ziehen.

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Wer sich welchen Stich holen sollte

  • Die jährliche Grippe-Impfung sollten sich vor allem Risikogruppen und ihre Kontaktpersonen, Schwangere sowie Säuglinge und Kleinkinder verabreichen lassen. "Kinder sind der Motor der Grippe-Saison und haben noch dazu ein hohes Risiko für schwere Verläufe", sagt Paulke-Korinek.
  • Laut offizieller Empfehlung sollten sich Personen ab zwölf Jahren einmalig gegen Corona impfen lassen. "Einmalig deshalb, weil inzwischen nahezu jeder schon Kontakt mit dem Virus hatte, durch eine Infektion oder Impfung", sagt Paulke-Korinek. Höchste Priorität hätten Menschen höheren Alters und mit Vorerkrankungen. Geimpft wird zudem nur mehr mit gegen die Corona-Familie XBB gerichteten Impfstoffen. "Aktuell bieten wir nur Comirnaty Omicron XBB.1.5 (den adaptierten Impfstoff von Biontech/Pfizer, Anm.) an." Gesunde Menschen sollten nach einem Viruskontakt sechs oder zwölf Monate verstreichen lassen, bevor sie sich impfen. Risikogruppen vier Monate. Weil Corona-Tests inzwischen kaum noch verfügbar sind, wissen viele Menschen nach einer Erkältung nicht, ob sie tatsächlich Corona hatten. "Im Zweifel", rät Paulke-Korinek, "ist es besser und vollkommen unproblematisch einfach zu impfen".
  • Heuer kann man sich dank einer neuen Zulassung erstmalig auch gegen RSV schützen. Verfügbar sind zwei Impfstoffe für Menschen ab dem 60. Lebensjahr und schwangere Personen, es erfolgt ein einmaliger Stich. "In Einzelfällen kann man auch bei jüngeren Krebspatientinnen und -patienten oder Menschen mit schweren Organerkrankungen eine Impfung erwägen."

Ganz generell tue sich bei der Entwicklung neuer Impfstoffe aktuell sehr viel, berichtet der Virologe und internationale Impfexperte Otfried Kistner. "Neuartige Technologien haben durch die Pandemie nochmals Schub bekommen und werden im Moment verstärkt in der Entwicklung von Impfstoffen gegen respiratorische Erkrankungen eingesetzt."

Damit werde es in Zukunft möglich sein, vulnerable Gruppen mit geschwächtem oder noch nicht entwickeltem Immunsystem (Säuglinge) noch besser zu schützen.