Wissen/Gesundheit

Coronavirus: Kommen bald Massen-Schnelltests um fünf Euro?

Massen-Schnelltests als zweite Testschiene parallel zu PCR-Tests: Das schlägt die Arbeitsgruppe „Gesundheit und Infektionskurve“ der neuen Forschungsplattform „Covid-19 Future Operations“ vor. Damit meint sie Tests, die ähnlich wie die PCR Virus-Erbgut nachweisen, allerdings mit einem einfacheren Verfahren („Rt-Lamp-Methode“). Rund fünf Euro koste die reine Laboranalyse (PCR: ca. 85 Euro),  die Zeit vom Probeneingang bis zum Ergebnis betrage nur rund 35 Minuten (PCR: drei bis vier Stunden). Da der gerätetechnische Aufwand sehr gering ist, könnten solche Tests „auch dezentral direkt vor Ort durchgeführt werden (z. B. als Sofort-Tests an Flughäfen oder bei Großveranstaltungen)“, heißt es in dem Papier.  Ein solcher Schnelltest wurde am Vienna BioCenter entwickelt. Donnerstag wurde die Plattform erstmals im Rahmen einer Veranstaltung an der Uni Wien öffentlich präsentiert.

„Es gibt die  Befürchtung, dass im Herbst die Testkapazitäten nicht ausreichen“, sagte Donnerstag die Logistik-Spezialistin Margaretha Gansterer, Uni Klagenfurt. Diese Schnelltests könnten für ein breites Verdachtsfall-Monitoring eingesetzt werden, etwa in Berufsgruppen mit erhöhtem Infektionsrisiko, zum Beispiel in der Gastronomie und im Tourismus. Aber auch die vorsorglichen Testungen in Pflegeheimen zum Beispiel könnten damit durchgeführt werden.  Die Kapazität der PCR-Tests verbliebe dann für die medizinische Diagnostik.

Die Proben für solche Schnelltests könnten auch selbst mittels Gurgellösung entnommen werden – erst bei einem positiven Ergebnis müsste ein PCR-Test zur offiziellen Bestätigung einer SARS-CoV-2-Infektion nachfolgen.  Derzeit arbeiten Wissenschafter an einem Logistikkonzept, wie man diese Tests rasch österreichweit verfügbar machen könnte.

Der niedrigere Preis wäre deshalb möglich, weil hier deutlich mehr Tests pro Woche durchgeführt werden können als bei einer aufwendigeren PCR. Dafür ist allerdings auch die Sensitivität der Tests (Anteil an tatsächlich Kranken, bei denen auch eine Krankheit diagnostiziert wird) etwas niedriger als bei einer PCR. Hochinfektiöse Personen werden aber im selben Ausmaß erkannt.

Die Forschungsplattform wurde bereits zu Beginn der Coronakrise im Frühjahr ins Leben gerufen. Sie dient dem interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaft und öffentlicher Hand. 80 Wissenschafterinnen und Wissenschafter waren bisher in die derzeitigen vier Arbeitsgruppen (Gesundheit/Infektionskurve, Grundversorgung/Logistik, Wirtschaft/Arbeitsmarkt sowie Gesellschaft/Psychosoziales) involviert. Zwei Arbeitsgruppen haben bereits Berichte vorgelegt: Die Arbeitsgruppe "Gesundheit" und die Arbeitsgruppe "Gesellschaft". Letztere geht unter anderem der Frage nach, welche Personengruppen aus psychosozialer Sicht mit der Pandemie besser, und welche weniger gut zurechtkommen.

Die Forschungsplattform sei „eine Art Partnervermittlung“ zwischen den politischen Entscheidungsträgern und den Wissenschaftern“, sagte Thomas Starlinger (Ex-Verteidigungsminister der Übergangsregierung). Er koordiniert sie mit Antonella Mei-Pochtler (Denkfabrik „Think Austria“ im Kanzleramt): „Die Plattform ist politisch unabhängig und ehrenamtlich“, sagte sie, und: "Je mehr man in einer Krise ist, desto mehr braucht man Wissenschaft. Und diese wird am meisten gebraucht, wenn man davon am wenigsten hat."

Der Rektor der Uni Wien, Heinz Engl, betonte, dass es die Grundlagenforschung benötige, um auf eine Krise wie die Corona-Pandemie ausreichend vorbereitet zu sein. Er kündigte auch an, dass voraussichtlich bereits nächste Woche die Uni Wien gemeinsam mit den MedUnis in Innsbruck und Graz sowie der Medizinischen Fakultät der Univerisät Linz mit den Gurgeltests an 250 Schulen starten wird.

Sabine Seidler, Rektorin der Technischen Universität Wien und Vorsitzende der Universitätenkonferenz, betonte: Die neue Plattform sei ein Beispiel für die Bereitschaft der Forschung, ihr Wissen der Politik zur Verfügung zu stellen. Durch die Krise sei auch die Bereitschaft der Politiker sichtbar geworden, sich dieses Wissens zu bedienen.Und es brauche Übersetzungsarbeit, um diesen Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Politik zu schaffen.

 

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