Wissen/Gesundheit

Corona: 70 Prozent müssten sich impfen lassen, um Virus zu stoppen

„70 Prozent und mehr der Bevölkerung müssten sich impfen lassen, damit wir das neue Coronavirus wirklich in den Griff bekommen.“ Das sagt Renée Gallo-Daniel, die Präsidentin des Österreichischen Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH), Donnerstag in Wien. Auch bei den derzeit beschleunigten Zulassungsverfahren würden „Sicherheit, Wirksamkeit und höchste Qualität“ im Mittelpunkt stehen: „Daran ändert sich nichts.“

Langzeitdaten könne es aber noch nicht geben, weil dazu müssten die Studien mehrere Jahre dauern: „Wir müssen die bestehende Pandemie jetzt in den Griff bekommen. Unser Fokus liegt auf 2021/2022.“ Nach der Zulassung werde es aber eine behördliche Überwachung der Produkte geben.

Zehn Impfstoffe weltweit sind derzeit in der letzten Studienphase vor der Zulassung. Seit Ende September/Anfang Oktober begutachtet die Europäische Arzneimittelbehörde EMA bereits zwei Coronavirus-Impfstoffe: vom britisch-schwedischen Konzern AstraZeneca in Kooperation mit der Uni Oxford sowie dem Mainzer Unternehmen BioNTech und der US-Firma Pfizer. In einem „Rolling-Review-Prozess“ werden wissenschaftliche Daten untersucht, bevor alle notwendigen Unterlagen für die Antragstellung zur Zulassung vorliegen. Die Begutachtung einzelner Datenpakete muss innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen werden.

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Wann diese Firmen im Rolling-Review-Prozess eine Zulassung einreichen können, liegt jetzt bereits bei der Behörde: „Die begutachtende Stelle der EMA entscheidet, wann die Datenlage ausreicht, dass der Hersteller einen Antrag auf Zulassung stellen kann“, sagte Gallo-Daniel.

„Danach erfolgt die formale Begutachtung all jener Daten, die davor noch nicht begutachtet worden sind“, erklärt Susanne Vogl vom Impfstoffhersteller MSD. Und das könnte schnell gehen: „Bei Remdesivir hat dieser formale Begutachtungsprozess nur 20 Tage gedauert. Allerdings ging es hier nur um eine Ausweitung einer bestehenden Zulassung.“

Impfstoff muss auch Ansteckungen blockieren

Der Infektionsspezialist Herwig Kollaritsch betonte vor einigen Tagen, dass man abwarten müsse, welche Eigenschaften ein zugelassener Impfstoff haben wird: Ob er also nur in der Lage sein wird, die Schwere einer Erkrankung deutlich abzumildern, „oder ob ein Geimpfter nicht mehr in der Lage ist, die Krankheit auch zu übertragen“.

Im ersten Fall würde ein Impfstoff nicht dazu dienen, „die Erkrankung aus unserer Bevölkerung herauszudrängen“. Es könnten vulnerable Gruppen, z.B in Pflegeheimen, oder Gesundheitspersonal, geschützt werden: „Aber mehr könnten wir nicht tun. Nur mit einem Impfstoff, der Übertragungen blockiert, könnten wir beginnen, bei einer entsprechend hohen Durchimpfungsrate eine Herdenimmunität zu erzielen.“

„Das Ziel der Hersteller ist definitiv, einen Impfstoff herzustellen, der auch eine Infektion verhindert und nicht nur schwere Erkrankungen“, sagt MSD-Expertin Vogl. „Das ist auch das Ziel der Zulassungsbehörden weltweit.“

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Mit AstraZeneca hat die EU bereits einen Vorvertrag für Impfstofflieferungen, mit BionTech/Pfizer wird er gerade verhandelt. Auch mit Sanofi-GSK und Johnson & Johnson gibt es abgeschlossene Verträge. Es werde dann für jeden EU-Bürger Impfstoff geben.

Insgesamt sind derzeit weltweit 202 Impfstoff-Kandidaten in Entwicklung, Ende Februar waren es 27. An Menschen getestet werden bereits 47 Vakzine, zehn davon bereits an Tausenden Probanden.

 

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