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Zehn Wege aus der "Übergewichts-Krise"

"Übergewichts-Krise", "Dick, dicker, Europäer": Für Schlagzeilen sorgt eine neue Studie im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation WHO: Bis 2030 wird demnach in fast allen Ländern Europas die Zahl der fettleibigen (adipösen) Menschen stark zunehmen – auch in Österreich: 2010 waren laut dieser Untersuchung je 17 Prozent der Frauen und Männer adipös. 2030 soll dieser Anteil auf geschätzte 33 Prozent ansteigen (siehe Grafik).

Insgesamt sollen dann 79 Prozent aller Frauen (2010: 51 %) und 52 Prozent aller Männer (2010: 57 %) übergewichtig sein. Den hohen Wert bei Frauen kann Ernährungswissenschaftlerin Petra Lehner vom Gesundheitsministerium nicht nachvollziehen: "Schließlich soll es bei den übergewichtigen Männern einen leichten Rückgang geben." Auch den Anstieg der Adipösen auf 33 Prozent sieht sie als zu hoch prognostiziert. Sogar die WHO ruderte Mittwoch zurück: "Diese Anstiege werden nur eintreten, wenn keine Maßnahmen gesetzt werden."

Zehn Punkte, die Experten empfehlen.

  1. Weniger Werbung. Mehr als 60 Prozent der TV-Werbung zeigt laut Britisch Heart Foundation (BHF) ungesunde Kost. Das hat Einfluss auf die Ernährung, meint Birgit Beck vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). "Insbesondere Kinder müssen stärker geschützt werden. Viele nutzen täglich Dienste wie Instagram, wo gezielt Product Placement stattfindet", sagt Beck. Die BHF fordert für Junk Food ein Fernseh-Werbeverbot vor 21 Uhr. Die WHO empfiehlt, dass manche Produkte wie Schokolade und Eis überhaupt nicht beworben werden sollten. Das Gesundheitsministerium tritt dafür ein, dass Produkte, die Kinder ansprechen, nur dann beworben werden dürfen, wenn sie einen gewissen Salz-, Zucker- oder Fettgehalt nicht überschreiten.
  2. Keine versteckten Inhaltsstoffe. Bei vielen Produkten ist für den Konsumenten nicht zu erkennen, wie viel Zucker und Fett sie tatsächlich enthalten. Die Portionsangaben werden z.B. so klein kalkuliert, dass selbst jene, die das Kleingedruckte lesen, mit niedrigen Kalorienzahlen getäuscht werden. "Dem Konsumenten wird es schwer gemacht, die gesunde Wahl sollte die einfachste sein", sagt Beck.
  3. Körperbild stärken. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers hat Einfluss darauf, ob sich jemand als übergewichtig empfindet. Während eine gestörte Wahrnehmung zu Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie führen kann, empfinden sich umgekehrt viele, die etwas zu viel Speck auf den Hüften haben, als normal. Eine Umfrage von meinungsraum.at hat kürzlich gezeigt, dass Eltern das Gewicht ihrer Kinder oft falsch einschätzen. Während sieben Prozent der befragten Eltern ihre Kinder als übergewichtig einschätzten, ergab die Berechnung ihres Body Mass Index, dass doppelt so viele Kinder zu dick sind.
  4. Mehr Information. Damit Konsumenten sich für gesunde Produkte entscheiden, brauche es eine einfache Nährwertkennzeichnung, etwa mit einem Ampelsystem von Rot für sehr ungesund bis Grün für gesund. Beck: "Der Konsument braucht die Nährwerte in einer Form, die er versteht und leicht umsetzen kann. Farbsysteme haben sich in Studien als beste Variante gezeigt." Auch die Preisgestaltung und die Verfügbarkeit der Produkte spielen eine Rolle.
  5. Schlüsselrolle Schularzt. Univ.-Prof. Kurt Widhalm, Leiter des Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin, fordert eine stärkere Einbindung der Schulärzte sowie eine flächendeckende Auswertung gesammelter Daten. Dadurch könnte bei Übergewicht früher gegengesteuert werden. "Die Kinder werden in der Schule zwar regelmäßig gewogen und ihre Größe wird gemessen, aber die Daten wertet niemand aus. Dabei könnte man daraus vieles herauslesen." So könnten bei einzelnen Kindern oder ganzen Klassen mit vielen Übergewichtigen zielgerichtete Maßnahmen gesetzt werden.
  6. Genuss-Schulung. Schon im Kindesalter werden Verhaltensweisen geprägt, die für den Rest des Lebens beibehalten werden, betont Widhalm. Eine von ihm geleitete Studie zeigte, dass nur 25 Prozent der Kinder gut darüber informiert sind, was gesundes Essen ausmacht. Auch mehr Kenntnisse im Selbstkochen fördern das Ernährungsbewusstsein. "Kochen ist auch am günstigsten", betont Lehner.
  7. Weniger (flüssige) Kohlenhydrate. "Aus meiner Sicht waren die Empfehlungen der vergangenen 20 bis 30 Jahre, möglichst viele Kohlenhydrate zu essen und die Aufnahme von Fruchtsäften in die Ernährungspyramide ein Fehler", sagt der Gastroenterologe Univ.-Prof. Ludwig Kramer vom Krankenhaus Hietzing. "Kohlenhydrate vermitteln im Vergleich zu Fett nur geringe Sättigungsimpulse." Zu viel Fructose (Fruchtzucker, z. B. aus Maissirup) stimuliere den Appetit und führe zu einer Fettumverteilung in den Bauch und in die Leber (Fettleber).
  8. Anreize schaffen. Ein gesunder Lebensstil kann auch durch positive Motivation gefördert werden. Die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) belohnt Kunden, die mit dem Arzt definierte Gesundheitsziele erreichen (etwa mit dem Rauchen aufhören, Sport machen, weniger Alkohol trinken) mit einer Reduktion des Ärzte-Honorar-Selbstbehalts von 20 auf 10 Prozent. Eine US-Krankenkasse zeichnet per Fitness-Tracker die Fitnessdaten der Versicherten auf und zahlt bis zu 20 Dollar im Monat an jene, die ihr Fitnessprogramm erfolgreich absolvieren.
  9. Angebote ändern. "Sozial ausgewogener als solche Anreizsysteme ist es, die Verhältnisse zu verändern", sagt Lehner. So entspreche das Angebot von bereits 300 der 1000 heimischen Schulbuffets der Leitlinie des Ministeriums: Beschränkung von zucker- und fetthaltigen Produkten, Snacks mit max. 30 Gramm Portionsgröße, acht von zehn Getränke mit beschränktem Zuckergehalt, keine Energy Drinks.
  10. Präventions-, Abnehmprojekte. An vier Wiener Schulen führt Widhalm das Präventionsprojekt EDDY durch. "Durch Schulung in gesunder Ernährung und Anleitung zu vermehrter körperlicher Aktivität konnten wir das Ernährungswissen, das -verhalten sowie die körperliche Fitness der Kinder signifikant verbessern." Auch mehr außerschulische, langfristige Abnehmprogramme seien notwendig.
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Es ist noch nicht so lange her, da aß ich ein Mal pro Woche Fast Food. Doch seit zwei Jahren achte ich auf meine Ernährung. Ich kaufe nichts Ungesundes mehr und bemühe mich, spät am Abend nicht zu viel zu essen. Täglich gibt’s Obst und Gemüse. Außerdem mache ich sehr viel Sport. Nicht, weil es andere von mir verlangen oder ich mich dazu gezwungen fühle, sondern weil es mir dadurch besser geht. Ich fühle mich fit und bin meist gut gelaunt.

Auch in meiner Schule ist gesunde Ernährung sehr wichtig, es gibt immer wieder Projekte und unser Buffet bietet viel Gesundes an – wie Obst, Vollkornbrote oder Salate. Doch meiner Meinung nach wird noch immer viel zu wenig auf bewusste Ernährung geachtet. Für viele ist Fertigessen oder Fast Food praktisch und unaufwendig. Doch oft ist einem nicht bewusst, wie schlecht diese Lebensmittel für den Körper sind. Ich fände es wichtig, gäbe es dazu mehr Informationen. Darüber hinaus sollte mehr für den gesunden Lebensstil getan werden – ein besseres Angebot für sportliche Aktivitäten oder mehr Werbung für gesunde Ernährung. Und das für alle Altersstufen – Kindergartenkinder ebenso wie für Schüler bis hin zu Erwachsenen.

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