Wirtschaft

Wirecard-Prozess: Zwei weitere Ex-Vorstände angeklagt

Im Fall rund um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard sind nun zwei weitere Vorstände ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten.

Die Ermittler haben Anklage gegen den ehemaligen Finanzvorstand Alexander von Knoop und die im Vorstand für Produktentwicklung zuständige Susanne Steidl erhoben, wie die Staatsanwaltschaft München I am Dienstag mitteilte. Es geht um den Vorwurf der Untreue in mehreren Fällen und bei von Knoop auch um Beihilfe zur Untreue.

Von Knoop und Steidl sollen im Wirecard-Vorstand Kredite und andere Zahlungen an obskure Geschäftspartner "ins Blaue hinein" ohne genauere Prüfung abgenickt haben, obgleich diese teilweise mit den Zinsen im Rückstand waren und die Rückzahlung der Darlehen fraglich war. Bei Wirecard waren unter der Führung von Österreichern wie Vorstandschef Markus Braun und dem flüchtigen Finanzchef Jan Marsalek Milliarden verschwunden und es kam zur Pleite.

Schaden von mehreren hundert Millionen Euro

"Durch all diese Untreuehandlungen entstand der Wirecard AG ein Schaden von mehreren hundert Millionen Euro", heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Ob sich die beiden vor Gericht verantworten müssen, entscheidet die zwölfte Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München

Wirecard war im Juni 2020 in die Insolvenz gerutscht, nachdem sich angebliche Guthaben über 1,9 Milliarden Euro auf den Philippinen als nicht existent entpuppten. Die Pleite ist einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Ex-Vorstandschef Braun, der damalige stellvertretende Finanzchef Stephan von Erffa und der Wirecard-Statthalter in Asien, Oliver Bellenhaus, stehen derzeit wegen Betrugs und Bilanzfälschung in München vor Gericht. Nach Ansicht von Staatsanwaltschaft und Insolvenzverwalter waren die fehlenden Milliarden frei erfunden. Bellenhaus hat die Vorwürfe weitgehend eingeräumt, Braun und von Erffa bestreiten sie.

Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Betrug und Untreue

Ex-Vorstand Marsalek, der als Verantwortlicher für das Asien-Geschäft im Mittelpunkt der Machenschaften stand, hatte sich nach der Pleite abgesetzt und wird in Russland vermutet. Ende 2023 hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen von Knoops Vorgänger Burkhard Ley erhoben. Sie wirft ihm unter anderem Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Betrug und Untreue vor. Ley bestreitet eine Mitschuld. Bei von Knoop und Steidl geht es nur um Untreue.

Die Anwaltskanzlei, die Steidl vertritt, wollte sich nicht zu der Anklageerhebung äußern. Als Zeugin im Prozess gegen Braun hatte sie Marsalek belastet. Er habe mit der Verschiebung der Gelder auf den angeblichen Treuhandkonten von Singapur auf die Philippinen von Knoop gegen sich aufgebracht. Sie selbst habe in das Drittpartnergeschäft in Asien keinen Einblick gehabt. 

Von Knoop war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Er ist im Prozess bisher nicht als Zeuge aufgetreten. Vor einem Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestags hatte er ausgesagt, er habe von kriminellen Machenschaften nichts gewusst. Marsalek sei dafür im Vorstand allein zuständig gewesen.