Wie sich die Sanktionen gegen Russland auswirken
Die Staats- und Regierungschefs haben sich auf ein Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Unter anderem sollen High-Tech-Güter wie Mikrochips und Flugzeugersatzteile nicht mehr geliefert werden dürfen (siehe unten). Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bezeichnete es am Freitag als das "härteste Sanktionspaket in der Geschichte".
Bisher nicht beschlossen wurde der Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungssystem Swift. Dieser würde den Handel "sehr erschweren" und wäre für beide Seiten nachteilig, schätzt Michael Löwy, Experte für Internationale Beziehungen bei der Industriellenvereinigung (IV). Allerdings zeige das Beispiel des Iran, dass es auch dann Möglichkeiten gebe, Ausnahmen für den Handel mit Energieträgern zu schaffen.
Am Freitag wurde außerdem bekannt, dass die EU die Vermögenswerte von Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow einfrieren will. Das sei in "der Geschichte ein einmaliger Schritt", kommentierte Außenminister Alexander Schallenberg.
- Der Zugang der wichtigsten russischen Banken zu den europäischen Kapitalmärkten wird blockiert. Große Banken werden von den EU-Finanzmärkten ausgeschlossen.
- Die Refinanzierung von russischen Staatsunternehmen in der EU wird verhindert. Ihre Aktien sollen nicht mehr in der EU gehandelt werden.
- Güter für die Energiewirtschaft werden nicht mehr nach Russland geliefert. Das wird verhindern, dass Russland seine Raffinerien auf den neuesten Stand der Technik bringt.
- Flugzeuge und Flugzeugteile sollen nicht mehr nach Russland verkauft werden. Für die Wartung ihrer Maschinen zum Beispiel brauchen die Russen unbedingt Ersatzteile von Airbus und Boeing.
- Chips und Halbleiter sollen nicht mehr nach Russland gehen.
Davon, dass die Maßnahmen Putin zum Umdenken bewegen ist laut Löwy "nicht auszugehen". Denn die Drohkulisse von wirtschaftlichen Sanktionen habe Russland schließlich auch nicht vom Einmarsch abgehalten. Auch die Sanktionen nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 habe Russland in Kauf genommen.
Russland hat seine Handelsbeziehungen nach 2014 diversifiziert und verstärkt auf China ausgerichtet, komplett substituieren könne es den Handel mit Europa aber nicht. Die EU sei noch immer der wichtigste Absatzmarkt für russisches Gas, sagte Löwy zum KURIER.
Die EU könne auch "viele weitere" Oligarchen ins Visier nehmen, wird ein EU-Beamter zitiert. Die EU setzt auch alle Abgeordneten des russischen Parlaments auf die Sanktionsliste, die für die Anerkennung der Separatistengebiete gestimmt hatten. Sie dürfen nicht mehr in die EU einreisen, ihre Vermögenswerte in der EU werden eingefroren. Solche personenbezogenen Sanktionen gegen Verantwortungsträger könnten noch am ehesten geeignet sein, das politische Handeln zu beeinflussen, schätzt Löwy – weil sie für die Betroffenen schnell spürbar werden. Fehlende Ersatzteile für Flugzeuge oder Energieinfrastruktur würden sich hingegen erst längerfristig auswirken.
Auswirkungen auf Österreichs Wirtschaft
Für die österreichische Industrie haben die Maßnahmen „sehr wohl negative Auswirkungen“. Bereits die 2014 geschlossenen Sanktionen kosten Österreichs Wirtschaft jährlich etwa 400 Millionen Euro. Wie groß der Schaden mit dem aktuellen Paket sein wird, ist noch nicht abzusehen. Soweit bekannt, sollten die Auswirkungen auf die österreichische Volkswirtschaft aber nicht dramatisch sein, denn Russland sei die 16.-Wichtigste Exportnation für Österreich, sagte Löwy. Drastische Auswirkungen hätte freilich ein Embargo gegen Gas, aber davon ist bisher keine Rede.
Bisher unklar ist, welche Gegensanktionen von Russland zu erwarten sind. Das Worst-Case-Szenario wäre natürlich ein Exportstopp für Rohstoffe und Energie. Allerdings würde sich Russland damit um auch um hohe Einnahmen bringen. Auch hätte Europa dann einen Grund mehr, seine Energie-Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.