Immer mehr leere Schaufenster in den Innenstädten
Von Patrick Dax
Die Shopflächen in österreichischen Innenstädten sind auch im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen. Das Minus konnte aber auf 0,65 Prozent oder 9.000 Quadratmeter eingebremst werden, wie aus dem am Dienstag vom Beratungsunternehmen Standort+Markt und dem österreichischen Handelsverband präsentierten "City Retail Gesundheitscheck" hervorgeht.
Besonders stark betroffen war der Modehandel. Dort machen sich veränderte Konsumgewohnheiten und die Abwanderung der Kunden in den Online-Handel deutlich bemerkbar. In den vergangenen 10 Jahren gingen fast 100.000 Quadratmeter oder 18 Prozent Shopflächen verloren.
Leerstand leicht verringert
Der Leerstand in Österreichs Städten ging im Vorjahr aber sogar leicht zurück - von 6,8 Prozent auf 6,7 Prozent. Das liege aber vor allem daran, dass viele Geschäftslokale in einer Umbauphase stecken und bald anders genutzt würden, sagte Handelsverbandobmann Rainer Will bei der Präsentation der Studie.
Tatsächlich verändert sich bei vielen Geschäften nach dem Umbau die Nutzung. Sie werden zu, Lagerstätten, sozialen Einrichtungen oder Arztpraxen. Wäre das nicht der Fall, läge laut der Studie auch der Leerstandsanteil weit höher, nämlich bei fast 13 Prozent.
Roman Schwarzenecker, Gesellschafter bei Standort+Markt, sieht deshalb für die nahe Zukunft in Österreichs Städten entweder eine steigende Leerstandsquote oder eine weitere Reduktion der Verkaufsfläche. Schwarzenecker: "Frei nach dem Motto Zahnarzt statt Mode."
Im Zehnjahresvergleich weisen nur noch 8 Einkaufsstraßen eine positive Entwicklung bei den Shopflächen auf. Die größten Zugewinne verzeichneten
- Die Landstraßer Hauptstraße in Wien (+6,5 Prozent),
- Dornbirn (+5,9 Prozent) und die
- Die Wiener City (+2,7 Prozent).
Letztere kommt mit einer Shopfläche von 209.800 Quadratmeter auch der Wiener Mariahilfer Straße immer näher, die in den vergangenen beiden Jahren 6 Prozent an Verkaufsfläche einbüßte, aber mit 210.500 Quadratmetern immer noch die größte Verkaufsflächer bei den heimischen Einkaufsstraßen aufweist.
Die größten Shophflächenverluste der vergangenen 10 Jahre gab es in
- St.Pölten (-28,1 Prozent),
- Wiener Neustadt (-20,9 Prozent) und
- Steyr (-17,3 Prozent).
Brodeln unter der Decke
Oberflächlich betrachtet sei "alles paletti", unter der Decke brodle es aber, sagte Standort+Markt-Geschäftsführer Hannes Lindner. Vielen Händlern stehe das Wasser bis zum Hals. Die Teuerung, der Arbeitskräftemangel und die hohen Kreditzinsen seien Betäubungsmittel für den Handel.
Eine Händlerbefragung des Handelsverbands zeigt ein ähnliches Bild. Demnach erwarten 35 Prozent der heimischen Händler für das laufende Jahr einen Verlust, lediglich 26 Prozent rechnen mit einem Gewinn, immerhin 29 Prozent erwarten ein ausgeglichenes Ergebnis.
Investitionen könnten sich 41 Prozent der Händler heuer nicht leisten, sagte Handelsverbandsobmann Will. Lediglich 36 Prozent wollen investieren. 10 Prozent der Betriebe haben Filialschließungen geplant, 11 Prozent wollen ihre Geschäftstätigkeit heuer überhaupt beenden.
Die betriebswirtschaftliche Bewirtschaftung von Shopflächen werde immer weniger rentabel, sagte Will. Er forderte Lohnnebenkostensenkungen und Bürokratieabbau und auch eine Eindämmung der Paketflut aus asiatischen Drittstaaten. Vollzugsdefizite beim Zoll müssten ausgeräumt werden.
Flächen schrumpfen weiter
Lindner rechnet damit, dass die Verkaufsflächen auch im nächsten Jahr weiter schrumpfen werden. Chancen sieht er für Händler, die ihr Angebot um durchaus auch branchenfremde Elemente erweitern, die sie unverwechselbar machen. Auch eine stärkere Spezialisierung und die Erhöhung der Sichtbarkeit im Internet könnten helfen.
Frequenzen in den Städten dürften künftig aber immer weniger durch den Handel generiert werden, sagte Lindner. Gruppenpraxen von Ärzten, Schulen oder Büros könnten ebenso für Frequenzen sorgen: "Shops allein werden die Cities nicht retten."