USA erhöhen Zölle für E-Autos aus China auf 100 Prozent
Von Martin Meyrath
Die US-Regierung von Präsident Joe Biden hat genug vom weltweiten Freihandel. Einfuhrzölle in Höhe von 100 Prozent sollen chinesischen E-Autos den Weg auf die Straßen der USA versperren und die heimische Industrie schützen. Auch auf weitere strategisch wichtige Güter werden hohe Zölle eingeführt (siehe Infokasten).
„China flutet die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten“, heißt es zur Begründung aus dem Weißen Haus. „Pekings unfaire Handelspraktiken bei Technologietransfers, geistigem Eigentum und Innovationen bedrohen amerikanische Unternehmen und Arbeiter.“
China hat bereits gefordert, dass die USA die Zölle zurücknehmen und Gegenmaßnahmen in Aussicht gestellt. Die Administration Biden, die sich heuer der Wiederwahl stellt, gibt sich davon unbeeindruckt.
Autoindustrie bremst
In Europa wird über vergleichbare Handelsschranken bisher zwar diskutiert, allerdings sind nicht nur manche Politikerinnen und Politiker, sondern auch die einflussreiche deutsche Autoindustrie skeptisch.
Maßnahmen: Die Administration Biden führt hohe Einfuhrzölle auf eine Reihe strategisch wichtigen Produkten aus China ein.
Betroffene Produktgruppen:
Autos: Erhöhung von 25 auf 100 Prozent
Solarzellen: Erhöhung von 25 auf 50 Prozent
Hafenkräne: 25 Prozent
Halbleiter: Erhöhung von 25 auf 50 Prozent
Batterien: Erhöhung von 7,5 auf 25 Prozent
18 Milliarden Dollar. Das betroffene Einfuhrvolumen beträgt umgerechnet 17 Mrd. Euro.
„Europäische Hersteller sind erfolgreich auf dem chinesischen Markt und verkaufen auch sehr viele Fahrzeuge, die in Europa produziert werden, nach China“, sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag. Zwischen der EU und China gebe es einen „wechselseitigen Austausch“, zudem würden auch europäische Konzerne in China produzieren.
Was manchen in Europa Sorgen macht: Chinesische Autobauer drängen auch verstärkt nach Europa. BYD hat zum Beispiel schon ein Werk für Busse in Ungarn und will ein weiteres für Pkw errichten.
Der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) ist dennoch gegen Importzölle. „Protektionismus-Spiralen sind nicht die richtige Antwort“, sagte dazu VDA-Präsidentin Hildegard Müller. „Das aktuelle Geschäft mit China sichert hier in Deutschland eine große Zahl von Arbeitsplätzen“, Einfuhrzölle könnten aber zu einem Handelskonflikt führen und dieses gefährden.
Wie genau Peking auf die Zölle reagiert, ist noch unklar. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua bezeichnete die Maßnahme als „symbolische Geste, mit der die Regierung Biden versucht, inmitten des immer härter werdenden Wahlkampfs um die Präsidentschaftskandidatur gegenüber China hart aufzutreten“. Den Vorwurf, dass China mit hohen Subventionen Überkapazitäten aufbaut, weist man zurück.
„Das sogenannte Problem chinesischer Überkapazität gibt es nicht, weder aus Sicht eines kompetitiven Vorteils noch im Lichte der weltweiten Nachfrage“, betonte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zuletzt im Zuge eines Europa-Besuchs. „Wenn einem Land Überkapazitäten vorgeworfen werden und es aufgefordert werden sollte, die Kapazitäten zu kürzen, wenn es mehr produziert als seine Inlandsnachfrage, womit würden die Länder dann handeln?“, sekundierte zuletzt Lin Jian, vom chinesischen Außenministerium – auch mit Verweis auf langjährige deutsche Autoexporte.
Was in China mutmaßlich auch zu Unverständnis führt: Die USA fördern Zukunftstechnologien ebenfalls massiv mit dem Inflation Reduction Act, die EU im Zuge des Green Deals und des European Chips Acts.
Mexiko wird zur Türe
Was bereits absehbar ist: Chinesische Unternehmen benutzen Mexiko als Eingang für den nordamerikanischen Markt. Denn dort hergestellte Güter fallen unter das Freihandelsabkommen United-States-Mexico-Canada Agreement (USMCA).
Chinesische Unternehmen sind inzwischen die größte Quelle ausländischer Direktinvestitionen in Mexiko. Sie bauen Produktionsanlagen unter anderem für Baumaschinen, Solaranlagen und Konsumgüter.
Chinesische Autohersteller haben in den vergangenen Jahren vermehrt nach Mexiko exportiert. Damit ihre Autos unter dem USMCA in die USA eingeführt werden können, müssten sie aber zu drei Viertel in Mexiko hergestellt worden sein. BYD und Chery Automobile Company sind bereits auf der Suche nach Werksstandorten.
Das Konzept würde im Fall europäischer Strafzölle analog auch mit dem EU-Mitglied Ungarn funktionieren.