Wirtschaft

Schweizer Finanzministerin: Dolmetscherin als Krisenmanagerin

Erst seit Jahresbeginn ist sie im Amt und schon muss sie die Bank retten, bei der sie selbst Kundin ist: Ihren neuen Job hat sich Karin Keller-Sutter wohl einfacher vorgestellt. Die 59-jährige Finanzministerin der Schweiz musste in Marathonverhandlungen am vergangenen Wochenende nichts weniger als eine neuerliche globale Finanzkrise abwenden.

Ihre Rolle beim beispiellosen Notverkauf an die UBS samt milliardenschweren Absicherungen durch den Staat sorgt seither für rege Debatten bei den Eidgenossen. Wurde sie von den gerissenen Bankern über den Tisch gezogen? Einige – ausschließlich männliche – Kommentatoren sprachen der Ministerin gar ihre Kompetenz in Sachen Bankenrettung ab.

Dolmetscherin und Mittelschullehrerin

Mit der Finanzwelt hatte sie bisher tatsächlich wenig zu tun. Die in St. Gallen geborene, liberale Politikerin (FDP) ist ausgebildete Dolmetscherin und Mittelschullehrerin. Von 1989 bis 2000 arbeitete sie als selbstständige Übersetzerin und Lehrbeauftragte einer Berufsschule. Erste Polit-Luft schnupperte sie zunächst als Gemeinderätin. In ihrem Heimatkanton St. Gallen stand sie später dem Justiz- und Sicherheitsdepartement vor. Von 2019 bis Ende 2022 war sie Justizministerin der Schweiz und erwarb sich den Ruf einer „Eisernen Lady“.

Sparfüchsin

Bei der Hofübergabe im Eidgenössischen Finanzdepartements kurz vor Weihnachten übergab ihr dessen langjähriger Chef, der populäre SVP-Politiker Ueli Maurer, symbolisch ein Sparschwein. Natürlich in den Nationalfarben der Schweiz. Auch sie werde eine „Sparfüchsin“ sein, bedankte sich die neue Ministerin. Sie habe keine Angst, sich deshalb unbeliebt zu machen. Den eisernen Sparwillen betonte sie auch nach der Bankenrettung. Plan B, eine Verstaatlichung der Credit Suisse, wäre noch viel teurer gekommen. Viele Beobachter sehen das ähnlich.