Schon Teil-Lockdown hinterließ merkliche Spuren in Konjunktur
Schon der Teil-Lockdown in der ersten November-Hälfte hat die Konjunkturentwicklung in Österreich merklich beeinträchtigt. Vorige Woche lag die wirtschaftliche Aktivität im Land um rund zehn Prozent unter der entsprechenden Vorjahreswoche. Bis inklusive letzte Oktober-Woche ging das Wifo fürs Gesamtjahr 2020 noch von sieben Prozent BIP-Rückgang aus, der könnte sich nun auf rund minus acht Prozent verschärfen, werden die ab Dienstag in Kraft getretenen Maßnahmen miteinbezogen.
Obergrenze
Unterstellt ist bei der Annahme von 8 Prozent Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP), dass die Einschränkungen, die am 3.11. in Kraft getreten sind (Lockdown light), bis 6. Dezember gelten und es dann bis Jahresende eine Lockerung gibt, heißt es in einem "Research Brief" des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) von Donnerstag. Doch diese Modellprognose berücksichtigt die Verschärfungen der Maßnahmen, die diese Woche (17.11.) in Kraft getreten sind und für die nächsten drei Wochen gelten sollen, noch nicht.
Es ist daher laut Wifo-Ökonom Josef Baumgartner zu erwarten, dass diese 8 Prozent die Obergrenze darstellen, da die schärfen Maßnahmen auch die wirtschaftliche Aktivität stärker einbremsen werden. Wie stark der Rückgang jedoch ausfallen wird, lasse sich derzeit noch nicht einschätzen. "Die im Risikoszenario in der mittelfristigen Wifo-Prognose dargestellten minus 9,3 Prozent für 2020 werden es aber nicht werden, denn in diesem Szenario wurde ein strenger Lockdown für zehn Wochen bis 10. Jänner 2021 unterstellt", so Baumgartner.
Ähnliche Maßnahmen
Für das vierte Quartal geht das Wifo in der "Lockdown-light"-Variante von knapp 4,2 Prozent BIP-Rückgang gegenüber dem Vorquartal und von 8,7 Prozent Minus gegenüber dem Vorjahresquartal aus. Damit dürfte der Konjunktureinbruch infolge der behördlichen Schließungsmaßnahmen freilich "geringer ausfallen als im Frühjahr", und dürfte "zumindest ein Drittel" des Effekts vom Frühjahr ausmachen. Das ergebe sich in erster Linie aus der kürzeren Dauer und der geringen Tiefe der angenommenen Maßnahmen. Berücksichtigt man die jetzt noch strikteren Lockdown-Maßnahmen, wird der BIP-Rückgang im vierten Quartal stärker ausfallen.
Betroffen vom neuerlichen Wirtschaftseinbruch im vierten Quartal als Folge des zweiten Lockdowns werden laut Wifo sowohl die Inlandsnachfrage (privater Konsum) als auch die Auslandsnachfrage (insbesondere der Reiseverkehr) sein, da die meisten Handelspartner Österreichs ähnlich restriktive Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ergriffen hätten. Auf der BIP-Entstehungsseite wirke sich der zweite Lockdown vor allem auf Beherbergung und Gastronomie aus, aber auch auf Handel, Verkehr und sonstige Dienstleistungen, dagegen kaum auf Industrie und Bauwirtschaft.
Abschwächung der Erholung
Im Oktober hatte sich der wöchentlich ermittelte Wifo-Wirtschaftsindex im Monatsdurchschnitt erstmals seit Mai gegenüber dem Vormonat leicht verschlechtert. Wenngleich das Ausmaß des Rückgangs gering war, sei dies "ein Hinweis auf eine zunehmende Abschwächung der konjunkturellen Erholung noch vor dem zweiten Lockdown gewesen", erklärte Baumgartner am Donnerstag. Auch jetzt zeige sich, dass am aktuellen Rand die Teilindikatoren für die Kreditkartenumsätze und den Arbeitsmarkt sowie die Mobilitätsdaten rückläufig seien. Gegenteilige Signale gebe es von den Indikatoren aus der Sachgütererzeugung.
In den letzten beiden Oktoberwochen lag die saisonbereinigte Wirtschaftsaktivität - gemessen am Wifo-Wirtschaftsindex (WWWI) - um 3,5 bzw. 2,9 Prozent unter der Aktivität der entsprechenden Vorjahreswochen und verschlechterte sich Anfang November (KW 45) auf 5 3/4 Prozent. Eine erste vorläufige Schätzung für vorige Woche (KW 46) ergibt auf Basis der zum 16. November vorliegenden Daten den genannten Rückgang der Wirtschaftsaktivität von rund 10 Prozent im Jahresabstand.
Auf und Ab
Nach einer Erholung über den Sommer bis September begann die Arbeitslosigkeit in Österreich ab Mitte Oktober wieder anzusteigen. Ende Oktober lag sie um 11.489 Personen oder um 3,3 Prozent über dem Wert von Ende September, inklusive Personen in Schulung sogar um 14.897 bzw. 3,6 Prozent darüber.
In der ersten November-Hälfte wuchs die Arbeitslosigkeit noch kräftiger, nämlich gegenüber Ende Oktober um 18.069 Menschen oder um 5,0 Prozent, samt Personen in Schulung um 19.715 bzw. um 4,7 Prozent. Der Rückgang der beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldeten offenen Stellen fiel Ende Oktober erneut etwas geringer aus (-15,1 Prozent, nach -18,6 Prozent im September).