Ritter-Sport darf neue Schokolade nicht Schokolade nennen
Von Simone Hoepke
Ritter Sport hat ein ungewöhnliches Problem: Der deutsche Schokoladenmacher darf seine neue Kreation nicht Schokolade nennen.
Dafür gibt es gleich zwei Gründe: „Die EU-Schokoladen-Verordnung und die EU-Zuckerartenverordnung“, erklärt Wolfgang Stöhr, Ritter-Sport-Geschäftsführer in Österreich, im KURIER-Gespräch. Laut den lebensmittelrechtlichen Regelungen besteht eine Tafel Schokolade nämlich nicht nur aus Kakaomasse, Kakaopulver und Kakaobutter, sondern auch aus bestimmten Arten von Zucker, an die eigene Kriterien angelegt sind. Doch Zucker fehlt in der Sorte „Cacao y nada“ gänzlich.
Echo bis New York
Die Süße kommt ausschließlich aus der Fructose des natürlichen Kakao-Safts und damit ist der Zuckeranteil im Endprodukt laut Verordnung zu gering. Eine Posse, aber aus Unternehmenssicht letztlich wohl kein Ärgernis. Im Gegenteil. Zumindest aus Vermarktungssicht. Schließlich hat sogar die New York Times über die Skurrilität berichtet und damit dem Unternehmen aus Waldenbuch in Baden Württemberg zu unverhofftem Medienecho verholfen.
Detail am Rande: Verkauft wird die neue Geschmackskreation trotzdem, erläutert Stöhr. Halt ohne auf der Tafel als „Schokolade“ bezeichnet oder irgendwo als solches beworben zu werden. In Österreich wird man die Schokolade vielerorts vergeblich suchen. Es gibt sie vorerst nur beim Meinl am Graben in der Wiener Innenstadt.
Apropos Österreich: Das Familien-Unternehmen produziert nun erstmals auch außerhalb seines Heimatlandes – und zwar im Burgenland. Ritter hat im Zuge eines Asset Deals die Schokoladenfabrik von Mars Austria in Breitenbrunn übernommen, inklusive der Produktionsanlagen und der (ehemaligen (Mars)-Marke Amicelli.
Österreich
„Der Standort Österreich ist zwar nicht billig, aber verlässlich und es gibt eine gute Verbindung zum Mutterstandort in Waldenbuch“, sagt Stöhr, der im Werk 70 Mitarbeiter beschäftigt, viele davon von Mars übernommen. „Das Gesamtpaket in Breitenbrunn hat gestimmt, inklusive dem Erwerb der Markenrechte.“ Jetzt werden Teile der Produktion ins Burgenland verfrachtet, wo bisher nur eine Rollwaffel-Anlage (für die Herstellung Fanfare, Amicelli, Milky Crispy Rolls) in Betrieb gewesen ist. „Jetzt zieht hier auch eine richtige Schoko-Produktion ein. Heuer wollen wir in Breitenbrunn 2.500 Tonnen Amicelli, 3.500 Tonnen Ritter Rum und 5.500 Tonnen der 100-Gramm-Tafeln produzieren.“
Markt wächst weiter
Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen können die Schoko-Macher in Corona-Zeiten nicht über schleppende Geschäfte klagen. Der Markt wächst, in Österreich um mehr als sechs Prozent im Jahr 2020, geht aus den Nielsen Zahlen (Lebensmitteleinzelhandel inklusive Hofer und Lidl) hervor. Und die Fronten sind klar abgesteckt: Marktführer bleibt Milka mit einem Anteil von 39,3 Prozent, gefolgt von Lindt (11,2 Prozent) und Ritter Sport (7,5 Prozent). Mit großen Verschiebungen ist nicht zu rechnen, sie spielen sich eher im Promille-Bereich ab.
Vegane Sorten im Plus
Wer sich fragt, warum immer mehr vegane Sorten ins Regal geschlichtet werden, bekommt vom Experten Stöhr die Erklärung geliefert: „Hier gibt es Wachstumsraten von zuletzt 30 Prozent.“ Ebenfalls ein Aufsteiger im Ranking beliebter Sorten sind übrigens die hochwertigen Tafeln mit dunkler Schokolade mit wenig Zucker-Anteil.
Oder gar keinem Zucker, so wie bei „Cacao y Nada“, die ja rein rechtlich gesehen gar keine Schokolade ist.