Millionenpleite der Modekette Gerry Weber - rund 6500 Mitarbeiter
Von Kid Möchel
Diese Millionenpleite hatte eine lange Vorlaufzeit, jetzt ist es fix: Die deutsche Modekette Gerry Weber International AG mit rund 587 Mitarbeitern hat Insolvenz mit Eigenverwaltung angemeldet. Der Konzern samt seinen Tochterfirmen hat insgesamt 1230 Filialen mit 6500 Mitarbeitern in Europa, davon 224 Mitarbeiter in 35 Filialen in Österreich. Rund 230 Filialen sollen geschlossen werden.
Ziel sei es, das Unternehmen zu sanieren, teilte Gerry Weber am Freitag mit. Betroffen sei ausschließlich die Muttergesellschaft Gerry Weber International. Für die Tochtergesellschaften wie Hallhuber seien keine Anträge am Amtsgericht Bielefeld gestellt worden. Doch die Auswirkungen der Insolvenz werden die Töchter im Ausland nicht ganz unberührt lassen. Der Wareneinkauf erfolgt für die einzelnen Filialen in Österreich über den Mutterkonzern, über die sogenannten Areamanager, sprich den Regionalmanagern, und die Filalleiter. Die Anhängigkeit vom Mutterkonzern ist nicht zu leugnen. Bekannt ist das Textilunternehmen auch als Sponsor von internationalen ATB-Tennistournieren mit Spieler wie Roger Federer.
In Österreich beschäftigt Gerry Weber in einer eigenen Landesgesellschaft rund 224 Mitarbeiter und setzte (2016/17) mit 35 Filialen rund 27 Millionen Euro um. Fünf Millionen Euro weniger als im Jahr davor. Der Jahresüberschuss betrug fast 467.000 Euro. Mehr zu Österreich siehe unten.
Zurück zum Mutterkonzern mit Sitz in Halle in Westfalen. Der Geschäftsbetrieb soll nach Unternehmensangaben in vollem Umfang weitergeführt werden. Die Finanzierung des Modeanbieters sei laut Nachrichtenagentur dpa nach derzeitigem Stand bis ins Jahr 2020 gesichert, hieß es. Ausgelöst worden sei der Antrag durch das Scheitern der Gespräche mit den Finanzierungspartnern über die weitere Finanzierung des Konzerns.
192 Millionen Euro Verlust in einem Jahr
Gerry Weber mit den Kernmarken Gerry Weber, Hallhuber, Samoon und Taifun kämpft seit längerem mit Umsatzrückgängen und roten Zahlen. Bereits in den vergangenen Monaten hatten sich die schlechten Nachrichten aus dem westfälischen Unternehmen gehäuft. Zuletzt hatte das Unternehmen Mitte Januar seine Gewinnprognose nach unten korrigieren müssen. Dadurch stieg der erwartete Vorsteuerverlust für das Geschäftsjahr 2017/18 auf über 192 Millionen Euro.
Grund waren unter anderem Probleme bei der bisher als Hoffnungsträger geltenden Tochter Hallhuber. Der Modehändler kämpft dabei an vielen Fronten - unter anderem mit einem schwachen Digitalgeschäft, einer schlechten Positionierung der Marken sowie starker Konkurrenz durch andere Unternehmen wie H&M und der Inditex-Tochter Zara. Zugleich hatte sich das Unternehmen mit der Eröffnung zahlreicher Filialen übernommen.
Schulden und Vermögen
Laut Creditreform hat die Gerry Weber International AG im Geschäftsjahr 2016/17 (Stichtag: 31. Oktober) rund 309 Millionen Euor Schuölden angehäuft, davon rund 229 Millionen Euro bei Banken und fast 52 Millionen Euro bei Lieferanten.
Mit 31. Oktober 2018 musste der Damenmode-Konzern zum Geschäftsjahr 2017/18 eingestehen, dass der Umsatz von 880 Millionen auf 790 Millionen Euro gesunken ist und unterm Strich ein "ein deutlicher Verlust" eingefahren wurde. "Der Fehlbetrag im Betriebsergebnis EBIT wird vor allem durch Rückstellungen für Personalmaßnahmen und Filialschließungen sowie von außerplanmäßigen Abschreibungen und Wertberichtigungen geprägt sein", teilte das Unternehmen damals mit. |
Am 18. Oktober 2018 gab der Konzern per Ad-hoc-Meldung bekannt: |
Das von der GERRY WEBER International AG in Auftrag gegebene und nunmehr im Entwurf vorliegende Gutachten gemäß S6-Standard (IDW S6) zur Überprüfung der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens und zur Unterstützung des derzeit laufenden umfassenden Transformationsprozesses kommt zu einer guten Prognose. Demnach ist das grundlegende Kerngeschäftsmodell der GERRY WEBER Gruppe trag- und zukunftsfähig. Die von GERRY WEBER vorgeschlagenen sowie von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner Stolz bestätigten umfangreichen Maßnahmen zur Restrukturierung knüpfen an das bereits in der Umsetzung befindliche Performance Programm an und werden zum Teil erheblich darüber hinaus gehen. Gegenwärtig befindet sich die GERRY WEBER Gruppe in konstruktiven Gesprächen mit ihren Finanzierungspartnern, um die Finanzierung des Konzerns zu sichern. Notwendige operative und strukturelle Maßnahmen zur Restrukturierung wurden bereits eingeleitet. |
Das Österreich-Geschäft
Die Konkurrenz im Niedrigpreissegment setzte der Damenmodekette auch in Österreich ordentlich zu. Im Geschäftsjahr 2016/17 musste Gerry Weber in Österreich einen Umsatzrückgang in Höhe von 16 Prozent hinnehmen und sechs Filialen schließen, die nicht profitabel geführt werden konnten. In diesem Jahr wurde an die deutsche Mutter kein Gewinn ausgeschüttet. Die Filialen sind gemietet und der Mietaufwand betrug 2017/18 rund 3,4 Millionen Euro. Zu Gerry Weber Österreich gehört auch die Gerry Weber Italia SRL mit einem Mode-Outlet am Brenner in Italien.
Im Oktober 2009 hat Gerry Weber die österreichische Kette Don Gil geschluckt und die deutsche Mutter hat damals 2,75 Millionen Euro zugeschossen. Der Kaufpreis wurde über die Verrechnung von der Mutter finanziert, zugleich gabe die Mutter eine Haftung für die Österreich-Tochter ab.
Zu Neueröffnungen kam es im Vorjahr nicht, man versuchte die bestehenden Filialen in Sachen Umsatz und Ertrag zu stabilisieren. Die finanziellen Mittel stellt der Mutterkonzern zur Verfügung. Das heißt, dass auch die Österreich-Tochter von der Großpleite in Deutschland nicht ganz unberührt beliebt.