Wirtschaft

Megabrücke: Europäer zahlen, Chinesen dürfen bauen

Österreichische Kroatien-Urlauber kennen das: Wer mit dem Auto von Split nach Dubrovnik will, muss für 23 Kilometer die EU verlassen, um bei der Stadt Neum das kurze Küstenstück von Bosnien-Herzegowina zu passieren. Ab 2022 soll dabei keine Grenze mehr im Weg stehen. Die 2,4 Kilometer lange und 55 Meter hohe Pelješac-Brücke wird dann Nord- und Süddalmatien mit einer direkten Straße verbinden . Die Kroaten warten seit gut zwanzig Jahren darauf.

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Es ist ein Projekt, wie geschaffen für den Kohäsionsfonds der EU. Dieser Topf soll Brücken für benachteiligte Unionsgebiete bauen. Was nicht nur metaphorisch, sondern manchmal wortwörtlich gemeint ist. Gäbe es da nicht einen kleinen Schönheitsfehler. Finanzieren wird die Pelješac-Brücke nämlich die EU, profitieren werden aber Chinesen: Am Freitag erteilte der kroatische Straßenbetreiber Hrvatske Ceste(Projektunterlagen) den Zuschlag für den Bau der Brücke an ein Konsortium rund um die China Road and Bridge Corporation (CRBC).

Der Staatskonzern mit Sitz in Peking, der bereits Brücken in Serbien und Montenegro errichtet hat, stach in der Endrunde die Mitbewerber, die österreichische Strabag und ein italienisch-türkisches Konsortium, aus.

Dumpingstahl

Aus kroatischer Sicht ist die Angelegenheit klar und eine Frage der Sparsamkeit: Die Chinesen waren die Billigsten – ihr Anbot lag um rund 63 Millionen Euro unter jenem der Italiener-Türken und 73 Mio. Euro unter der Strabag.

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Außerhalb Kroatiens ist der Unmut aber groß, denn das Projekt wirdvon der EU mit exakt 357.284.407 Euro kofinanziert – das sind 85 Prozent der Projektsumme. Ein Grund, warum die Chinesen so billig anbieten, ist, dass sie Stahl aus ihren Werken in Serbien verwenden wollen. Was die Angelegenheit noch bizarrer macht: Die EU hat in den vergangenen Jahren mehrfach Anti-Dumping-Verfahren gegen die Chinesen eingeleitet, weil sie Europa mit staatlich subventioniertem Billigstahl überschwemmen.

Warum aber durften die Chinesen überhaupt mitbieten? Schließlich gibt es "kein Abkommen zwischen der EU und China, das chinesischen Akteuren eine Teilnahme an öffentlichen EU-Ausschreibungen garantieren würde", wie eine Sprecherin der EU-Kommission auf KURIER-Anfrage bestätigt. Ein von Brüssel seit etlichen Jahren geplantes Investitionsabkommen scheitert nicht zuletzt daran, dass die Chinesen für EU-Firmen keinen gleichwertigen Marktzugang öffnen wollen. Schon gar nicht für staatliche Ausschreibungen.

Kroaten wollten es so

Das Rätsels Lösung: Einige EU-Staaten hätten "bilaterale Abkommen für die Abwicklung und Finanzierung konkreter Infrastrukturprojekte abgeschlossen". Einfacher gesagt: Die Kroaten haben die Chinesen dazu eingeladen. Offenbar hat eine kroatische Baufirma, die mit CRBC schon in Montenegro zusammengearbeitet hat, erfolgreich in Zagreb für die Chinesen interveniert. Und die Zusage erwirkt, dass auch bei der Pelješac-Brücke kroatische Subfirmen zum Zug kommen werden.

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Das ist keine Selbstverständlichkeit: Bei Großprojekten in Serbien und Bosnien-Herzegowina hätten die Chinesen ganze Bautrupps aus der Volksrepublik herangekarrt, sagt ein Balkankenner. Dieser hat freilich Zweifel, ob die zugesicherte Bauzeit von nur 36 Monaten halten wird.

Womöglich ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Binnen 15 Tagen können die unterlegenen Baufirmen die Vergabe beeinspruchen. "Wir haben erst kürzlich Einsicht in die Unterlagen des Mitbewerbers erhalten und prüfen weitere Schritte", sagte Strabag-Sprecherin Diana Klein zum KURIER.