Megabrücke: Europäer zahlen, Chinesen dürfen bauen

Die Brücke ermöglicht eine direkte Verbindung nach Dubrovnik
Kroaten erteilen Zuschlag an chinesischen Staatskonzern, Strabag geht leer aus – EU finanziert 85 Prozent.

Österreichische Kroatien-Urlauber kennen das: Wer mit dem Auto von Split nach Dubrovnik will, muss für 23 Kilometer die EU verlassen, um bei der Stadt Neum das kurze Küstenstück von Bosnien-Herzegowina zu passieren. Ab 2022 soll dabei keine Grenze mehr im Weg stehen. Die 2,4 Kilometer lange und 55 Meter hohe Pelješac-Brücke wird dann Nord- und Süddalmatien mit einer direkten Straße verbinden . Die Kroaten warten seit gut zwanzig Jahren darauf.

Megabrücke: Europäer zahlen, Chinesen dürfen bauen
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Es ist ein Projekt, wie geschaffen für den Kohäsionsfonds der EU. Dieser Topf soll Brücken für benachteiligte Unionsgebiete bauen. Was nicht nur metaphorisch, sondern manchmal wortwörtlich gemeint ist. Gäbe es da nicht einen kleinen Schönheitsfehler. Finanzieren wird die Pelješac-Brücke nämlich die EU, profitieren werden aber Chinesen: Am Freitag erteilte der kroatische Straßenbetreiber Hrvatske Ceste(Projektunterlagen) den Zuschlag für den Bau der Brücke an ein Konsortium rund um die China Road and Bridge Corporation (CRBC).

Der Staatskonzern mit Sitz in Peking, der bereits Brücken in Serbien und Montenegro errichtet hat, stach in der Endrunde die Mitbewerber, die österreichische Strabag und ein italienisch-türkisches Konsortium, aus.

Dumpingstahl

Aus kroatischer Sicht ist die Angelegenheit klar und eine Frage der Sparsamkeit: Die Chinesen waren die Billigsten – ihr Anbot lag um rund 63 Millionen Euro unter jenem der Italiener-Türken und 73 Mio. Euro unter der Strabag.

Megabrücke: Europäer zahlen, Chinesen dürfen bauen
Picture taken on September 25, 2017, shows a part of a support structure at the construction site of "Peljesac" bridge, near village of Komarna, on Croatian Adriatic coast. Local traffic as well as tourists traveling between Northern and Southern Croatia have to cross the border twice in a single trip due to the fact that Southern part of Croatian coast, with Dubrovnik as major city, is completely separated from the rest of the country by 24 kms of Bosnia and Herzegovina's territory with town of Neum as the only Bosnian town on the Adriatic sea. Croatia announced the beginning of construction of a 2,5 kms bridge, connecting it's Northern part of the coast with the South, via Peljesac peninsula thus completely avoiding crossing into Bosnian territory and the traffic jams at the border which result in several hours waiting time during the peak of summer tourist season. The double border crossing causes difficulties for tourists as well as the population of Peljesac peninsula, mostly involved in agriculture (high quality grapes and winery, olive oil production, fishery and shellfish production). / AFP PHOTO / ELVIS BARUKCIC

Außerhalb Kroatiens ist der Unmut aber groß, denn das Projekt wirdvon der EU mit exakt 357.284.407 Euro kofinanziert – das sind 85 Prozent der Projektsumme. Ein Grund, warum die Chinesen so billig anbieten, ist, dass sie Stahl aus ihren Werken in Serbien verwenden wollen. Was die Angelegenheit noch bizarrer macht: Die EU hat in den vergangenen Jahren mehrfach Anti-Dumping-Verfahren gegen die Chinesen eingeleitet, weil sie Europa mit staatlich subventioniertem Billigstahl überschwemmen.

Warum aber durften die Chinesen überhaupt mitbieten? Schließlich gibt es "kein Abkommen zwischen der EU und China, das chinesischen Akteuren eine Teilnahme an öffentlichen EU-Ausschreibungen garantieren würde", wie eine Sprecherin der EU-Kommission auf KURIER-Anfrage bestätigt. Ein von Brüssel seit etlichen Jahren geplantes Investitionsabkommen scheitert nicht zuletzt daran, dass die Chinesen für EU-Firmen keinen gleichwertigen Marktzugang öffnen wollen. Schon gar nicht für staatliche Ausschreibungen.

Kroaten wollten es so

Das Rätsels Lösung: Einige EU-Staaten hätten "bilaterale Abkommen für die Abwicklung und Finanzierung konkreter Infrastrukturprojekte abgeschlossen". Einfacher gesagt: Die Kroaten haben die Chinesen dazu eingeladen. Offenbar hat eine kroatische Baufirma, die mit CRBC schon in Montenegro zusammengearbeitet hat, erfolgreich in Zagreb für die Chinesen interveniert. Und die Zusage erwirkt, dass auch bei der Pelješac-Brücke kroatische Subfirmen zum Zug kommen werden.

Megabrücke: Europäer zahlen, Chinesen dürfen bauen
European Union Commissioner for Regional Policy Corina Cretu (2R) and Croatian Minister for Regional Development and European Funding Gabrijela Zalac (2L) are applauded by officials at The European Union Commission Headquarters in Brussels on June 7, 2017, during the signing of an agreement adopting a project of Peljesac Bridge between Dubrovnik and Neretva County in Croatia. / AFP PHOTO / THIERRY CHARLIER

Das ist keine Selbstverständlichkeit: Bei Großprojekten in Serbien und Bosnien-Herzegowina hätten die Chinesen ganze Bautrupps aus der Volksrepublik herangekarrt, sagt ein Balkankenner. Dieser hat freilich Zweifel, ob die zugesicherte Bauzeit von nur 36 Monaten halten wird.

Womöglich ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Binnen 15 Tagen können die unterlegenen Baufirmen die Vergabe beeinspruchen. "Wir haben erst kürzlich Einsicht in die Unterlagen des Mitbewerbers erhalten und prüfen weitere Schritte", sagte Strabag-Sprecherin Diana Klein zum KURIER.

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