Mattersburg-Bank: Auch Wirtschaftsprüfer im Visier
Die Wirtschaftsprüfer von TPA Österreich, die von 2006 bis 2018 die Commerzialbank prüften, werden sich viele unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. „TPA hätte wesentlich kritischer prüfen müssen“, moniert Anlegervertreter und Bilanzexperte Wilhelm Rasinger. Im Abschluss der Bank zeigen sich schon bei oberflächlicher Betrachtung eklatante Auffälligkeiten.
Diese scheinen seit Jahren auf. In der zuletzt hinterlegten Bilanz 2018 sind für das Geschäftsvolumen der Bank sehr hohe Forderungen an andere Kreditinstitute über exakt 315 Millionen Euro ausgewiesen. Die Prüfer hätten sich nicht mit der von der Commerzialbank vorgelegten Saldenliste zufriedengeben dürfen, sondern hätten bei jenen Banken, wo diese Gelder angeblich eingelegt waren, vor Ort nachprüfen müssen, meint nicht nur Rasinger. Schließlich gehe es nicht „um Gelder in Asien wie bei Wirecard, sondern höchstwahrscheinlich um Österreich“. TPA könnte dem Bank-Vorstand womöglich zu sehr vertraut haben. Auch der Anleger-Anwalt Ingo Kapsch hinterfragt die Rolle der Abschlussprüfer.
Hohe Erträge
Auffallend ist auch der in einer Niedrigzinsphase überdurchschnittlich hohe Nettozinsertrag von mehr als 16 Millionen Euro. Wo doch in Mattersburg Anleger mit höheren Zinsen geködert wurden. Das dürfte auch der Grund für die 31-Millionen-Einlage von Frequentis sein. Rasinger kritisiert, dass das Technologieunternehmen „bei einer kleinen Regionalbank einen Großteil seiner Liquidität geparkt hat“.
An Krediten hatte die Bank mehr als 334 Millionen Euro draußen. Die Wertberichtigungen beliefen sich jedoch nur auf knapp 4,5 Millionen. Würde bedeuten, die Bank hätte fast nur erstklassige Kreditkunden. Dem ist nicht so, wie zu hören ist, gibt es überdurchschnittlich hohe notleidende Kredite, die gerade in Bearbeitung seien. Das „System Pucher“ ist den Behörden derzeit aber noch nicht klar.
Wirtschaftsprüfer unterliegen einem sehr engmaschigen Kontrollnetz. Sie werden laufend geprüft, und zwar doppelt und dreifach, heißt es seitens TPA. Wie man dennoch getäuscht worden sei, wisse man bisher selber nicht, sagt TPA-Pressesprecher Gerald Sinabell. Es stehe das Thema „Fälschung“ im Raum, nicht Bilanz-, aber Dokumentenfälschung. Die Behörden würden noch ermitteln, mehr Informationen habe auch TPA derzeit nicht.
Gefälschte Dokumente?
Bekomme ein Prüfer gefälschte Dokumente vorgelegt, sei es sehr schwierig, das zu erkennen. Wenn so vielen Prüfern eine jahrelange Täuschung nicht auffalle, dann müsse sie schon von langer Hand geplant gewesen sein, meint Sinabell.
Die häufigsten Fehler in Bilanzen sind laut Rudolf Jettmar, Leiter der Österreichischen Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR), Bewertungsfehler. Hier geht es um die Bewertung des Vermögens, der Verbindlichkeiten, Forderungen oder des Cashflows. „Betrügereien im mittleren Management fallen dem führenden Management oft gar nicht auf“, sagt Jettmar.
Kleine Stichproben
Bilanzmanipulationen würden oft klein beginnen und größer werden, ehe man sie bemerke. In Fällen wie bei der Commerzialbank seien wohl zu kleine Stichproben bei den Prüfungen vorgenommen worden. „Man kann nicht jeden einzelnen Kreditvertrag prüfen“, sagt Jettmar. Da müssten die Prüfer jeden Tag den Bankmitarbeitern auf die Finger schauen, das gehe nicht.