Mahnungsstopp bei der Sozialversicherung gefordert
Von Anita Staudacher
Auf heftige Kritik stößt das überraschende Vorpreschen der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) bezüglich gestundeter Beiträge. Wie SVS-Obmann Peter Lehner im KURIER-Interview ankündigte, werden ab 25. Jänner Mahnschreiben an Selbstständige verschickt, um mit ihnen individuelle Lösungen für ausstehende Zahlungen zu finden. Dabei geht es vor allem um jene Beträge, die schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie fällig gewesen wären.
NEOS-Wirtschaftssprecher und UNOS-Vorsitzender Sepp Schellhorn fordert angesichts der prekären Lage vieler Betriebe einen sofortigen Mahnungsstopp bei der SVS ein. „Es ist unfassbar, dass gerade in einer Phase, wo nicht einmal klar ist, was nächste Woche kommt oder nicht kommt, die Sozialversicherungs-Beiträge vorzeitig eingetrieben werden sollen“, schäumt Schellhorn. Es brauche viel mehr ein „funktionierendes Gesamtkonzept“, wie Unternehmen den wegen Corona angehäuften Schuldenrucksack abbauen können.
Hohe Rücklagen
Schellhorn verweist auf die hohen Rücklagen der SVS, die er mit rund 700 Mio. Euro beziffert. Die Wirtschaftskammer (WKO) sitze sogar auf 1,7 Mrd. Euro. „Diese Rücklagen müssen jetzt endlich genutzt werden, um gesunde Unternehmen zu unterstützen und nicht in den Ruin zu treiben“. SVS-Obmann Lehner solle daher die Stundungen verlängern und Mahnungen zurückhalten.
Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft, zeigte sich „entsetzt und empört“ über die Aussagen von SVS-Obmann Lehner. „Das strotzt vor Empathielosigkeit und Arroganz gegenüber den Versicherten seiner eigenen SV-Anstalt“. Sie fordert dringend Nachbesserungen bei den Covid-Hilfen für Kleinstbetriebe. Diese am stärksten gefährdete Gruppe werde es sonst bald nicht mehr schaffen, ihr Leben zu finanzieren.
Wie dringend weitere Hilfen benötigt werden, zeigen auch aktuelle Daten aus dem Härtefallfonds des Bundes, der von der Wirtschaftskammer abgewickelt wird. Die Zahl der Anträge zur Unterstützung für Selbstständige ist zuletzt stark angestiegen. Allein von Oktober bis Dezember gab es laut WKO 314.000 Neuanträge.