Baltische Staaten stoppen Gas aus Russland, aber durch die Ukraine fließt es weiter
Von Daniela Kittner
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben den Import von Erdgas aus Russland eingestellt. „Seit dem 1. April fließt kein russisches Erdgas mehr nach Lettland, Estland und Litauen“, sagte Uldis Bariss, Chef des lettischen Erdgasspeicher-Betreibers Conexus Baltic Grid, am Samstag dem lettischen Rundfunk. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda rief die restlichen EU-Staaten auf Twitter auf, dem Beispiel zu folgen: „Wenn wir es können, kann es der Rest Europas auch!“
Der gesamte litauische Gasbedarf wird nun über das Flüssiggas-Terminal in der Ostsee-Hafenstadt Klaipeda gedeckt. Die Staaten betonen, sie hätten rechtzeitig investiert, um weniger von russland abhängig zu sein. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war das Baltikum Teil der Sowjetunion und an das dortige Energienetz angeschlossen.
Schwimmende Anlage seit 2015 in Betrieb
Litauen hat 2105 in der Ostsee eine schwimmende Anlage zum Lagern von Flüssiggas in Betrieb genommen, um sich unabhängiger von russischen Gasimporten zu machen. Dort sollen nun jeden Monat drei große Lieferungen verflüssigten Erdgases eintreffen.
Der Gastransit in russische Exklave Kaliningrad über den Baltenstaat soll dem Energieministerium zufolge ungeachtet des Importstopps weiterlaufen. Litauen grenzt an Kaliningrad sowie an Russlands Verbündeten Belarus.
Das litauische Parlament hatte die Regierung in Vilnius in März angesichts des Ukraine-Kriegs dazu aufgefordert, den Import und Verbrauch von russischen Energieressourcen so schnell wie möglich zu stoppen. Nach Parlamentsangaben bezieht allein Litauen jährlich Öl, Gas und Strom im Wert von mehr als drei Milliarden Euro von Russland.
Deutschland steigt nur schrittweise aus
40 Prozent des in Europa verbrauchten Gases kommt aus Russland. Besonders auf Deutschland steigt der Druck, die Gasimporte aus Russland sofort zu stoppen. Doch die deutsche Ampelregierung lehnt das ab: Ein sofortiger Ausstieg würde Deutschland destabilisieren, große Teile der Industrie würden stillstehen. Das Land will aber noch heuer aus russischer Kohle und russischem Öl aussteigen und den Gasbezug schrittweise reduzieren.
Russland pumpt weiter Gas durch die Ukraine
Der russische Staatskonzern Gazprom setzt nach eigenen Angaben seine Gaslieferungen durch die Ukraine in Richtung Westen in großem Umfang fort. Ungeachtet des Kriegs sollen an diesem Sonntag 108,4 Millionen Kubikmeter durch das Leitungssystem des Nachbarlands gepumpt werden, wie das Unternehmen laut der Nachrichtenagentur Interfax mitteilte.
Dies entspricht nach russischen Angaben der bestellten Menge. Am Samstag waren es Gazprom zufolge 108,1 Millionen Kubikmeter. Die vertraglich mögliche maximale Auslastung liegt bei 109 Millionen.
Putin-Dekret bisher ohne Auswirkung
Damit gingen auch am Wochenende die russischen Lieferungen nach der Umstellung der Zahlungen auf Rubel weiter. Präsident Wladimir Putin hatte angewiesen, Gas an westliche Staaten nur noch gegen Rubel zu verkaufen, was diese strikt ablehnen. Daraufhin erließ Putin ein Dekret, das westliche Kunden seit Freitag verpflichtet, ein Rubelkonto bei der Gazprombank zu eröffnen und die Zahlungen darüber abzuwickeln. Die Ukraine bezieht aus dem Transit des russischen Gases für den eigenen Staatshaushalt wichtige Einnahmen in Milliardenhöhe.