Verhandlungen bei Metallern unterbrochen, "massive Streiks" drohen
Von Martin Meyrath
Auch Runde fünf im Schlagabtausch der Metaller brachte kein Ergebnis. Nach sechs Stunden wurden am Donnerstagabend die Kollektivvertragsverhandlungen, deren Abschluss traditionell für andere Branchen richtungsweisend ist, unterbrochen. Man sei „erste Schritte vorangekommen“, sagte Arbeitgeber-Verhandler Christian Knill, laut den Arbeitnehmer-Verhandlern Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) ist man aber noch "weit entfernt von einem Abschluss". Am Montag soll das Tauziehen weitergehen.
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Kommt es auch dann zu keiner Einigung, drohen die Arbeitnehmervertreter mit "massiven Streiks" ab Dienstag - erstmals seit 2011 werden heuer unbefristete Arbeitsniederlegungen vorbereitet. Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA verorten eine „hohe Kampfbereitschaft in den Betrieben“ und forderten unverändert eine Anhebung der Löhne und Gehälter um 11,6 Prozent.
Knill hingegen bezeichnete die Warnstreiks der vergangenen Tage als „unverantwortlich“ und „sinnlos“. Die Arbeitgeber haben zwei Angebote gelegt: Eine Erhöhung um 2,5 Prozent, zusätzlich eines monatlichen Fixbetrags von 100 Euro sowie eine Einmalzahlung. Oder eine Erhöhung von 10 Prozent, aufgeteilt über zwei Jahre, zusätzlich Einmalzahlungen.
Kein Benya-Abschluss
Dass die Fronten heuer so verhärtet sind wie lange nicht, liegt an der Mischung aus hoher Inflation und gedämpften Konjunkturaussichten, die einen Abschluss nach der „Benya-Formel“ (benannt nach Anton Benya, ÖGB-Präsident von 1963 bis 1987) laut Arbeitgeberseite verunmöglicht. Abgegolten werden müsste demnach eine rollierende Teuerungsrate von 9,6 Prozent zuzüglich eines Anteils am Anstieg der Produktivität.
Die Inflation wird im Vergleich zum Vorjahresmonat gemessen. Im September lag sie bei 6 Prozent. Für die KV-Verhandlungen wird allerdings die rollierende Inflation, ein Durchschnittswert der letzten 12 Monate, herangezogen. Dieser lag im September bei 9,6 Prozent
120.000 Beschäftigte gibt es in der metalltechnischen Industrie. Damit ist die Sparte deutlich kleiner als etwa der Handel. Trotzdem sind die Lohnabschlüsse für andere Bereiche wegweisend
Entsprechend höhere Lohnkosten bei schwacher Konjunktur würden die Betriebe aber in Probleme bringen, argumentieren die Arbeitgeber. Von der viel-zitierten Lohn-Preis-Spirale ist zwar laut Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) bisher nichts zu sehen, insbesondere die exportorientierte Industrie fürchtet allerdings um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit. Denn die Inflation liegt in Österreich deutlich über dem EU-Durchschnitt.
Andererseits ist der private Konsum eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Reallöhne, schwächt das die Nachfrage, der für 2024 erwartete Aufschwung würde schwächer ausfallen.
Eine Möglichkeit, bei der beide Seiten das Gesicht wahren könnten, sieht Wifo-Ökonom Benjamin Bittschi bei einer Anhebung um etwa sechs Prozent zusätzlich einer Arbeitszeitverkürzung. Eine Reduktion der Normalarbeitszeit von 38,5 auf 37 Stunden würde der Differenz zur Inflation in etwa entsprechen. Wenn die Konjunktur wieder anspringt, könnte die Verkürzung gegen entsprechende Abgeltung zurückgenommen werden.
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Die mitunter scharfen Worte der Verhandler sind laut Bittschi kein Hinweis dafür, wie bald es einen Konsens geben könne. Auch im Vorjahr sei man vor der Einigung zumindest medial noch weit auseinandergelegen – und auch 2011 gab es eine Einigung, der unbefristete Streik fand nicht statt.