20 Jahre EU-Osterweiterung: "Eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte"
Von Marlene Liebhart
Für die ost- und zentraleuropäischen EU-Staaten waren die letzten zwei Jahrzehnte eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Das ergab eine Studie von Raiffeisen Research anlässlich des 20. Jubiläums der EU-Osterweiterung.
In Österreichs Nachbarländern Tschechien, Ungarn, Slowenien und Slowakei etwa sei die Wirtschaftsleistung seit 2004 kontinuierlich gestiegen. Gemeinsam mit Polen erwirtschaften die vier Staaten heute rund 8,7 Prozent des Bruttoinlandproduktes der Union. Ihre Wirtschaftsleistung übersteigt heutzutage etwa die der Niederlande deutlich.
Aufholprozess in der Region
„Es ist wirtschaftlich einiges vorangegangen“, sagt Gunther Deuber, Leiter der Raiffeisen Research, zu den Ergebnissen. Grundlage des Aufholprozesses in der Region sei die Integration in den EU-Binnenmarkt und die damit einhergehende hohe Handelsoffenheit.
Und diese Entwicklung wird sich auch 2024 fortsetzen: Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (Wiiw) prognostiziert Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei heuer ein Wachstum von durchschnittlich 2,4 Prozent, während die Eurozone heuer beinahe stagniert. „Angesichts steigender Reallöhne, vor allem aufgrund einer stark rückläufigen Inflation, ist der private Konsum die Hauptstütze des Wachstums“, sagt Wiiw-Ökonomin Olga Pindyuk.
Seit der Osterweiterung seien auch die wirtschaftlichen Verflechtungen der ost- und zentraleuropäischen Staaten untereinander gestiegen. Zentral für die Region sei der Außenhandel: Seit der EU-Osterweiterung habe der Außenhandel in Polen etwa um 743 Prozent zugelegt, selbst in Ungarn lag das Plus bei 391 Prozent, so die Ergebnisse von Raiffeisen Research.
Investitionen in „lokale Champions“
Eine starke Zunahme gab es auch bei den ausländischen Direktinvestitionen in der Region, die Zahl an ausländischen Investitionen aus der Region in andere Länder sei aber relativ gering. Das sei in den westlichen EU-Ländern meist ausgeglichener. In den zentral- und osteuropäischen Staaten habe das zu einem wirtschaftspolitischen Umdenken geführt: Viele Länder wollen verstärkt eigene „lokale Champions“ fördern.
Auch beim BIP pro Kopf sieht Raiffeisen Research eine nachhaltige Wohlstandssteigerung in den CEE-Ländern. Nur im Bankensektor verlaufe die Annährung an die restliche EU holpriger. Während die Bankkredite in Tschechien und der Slowakei im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone in den vergangenen 20 Jahren permanent zugelegt hätten, seien die Kredite in Ungarn, Slowenien und Polen kaum gestiegen.
Auch Österreich hat profitiert
Auch Österreich hätte laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) stark von der Osterweiterung der Union profitiert. Das liege einerseits an der geografischen Lage, andererseits hätten heimische Unternehmen das Potenzial der Region rechtzeitig erkannt und sich dementsprechend strategisch gut positionieren können, so das Wifo.
Das Forschungsinstitut empfiehlt den österreichischen Politikern deshalb, eine mögliche Erweiterung der Union um die Länder des Westbalkans zu unterstützen. Die Beitrittskandidaten dieser Region sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien.