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Zuhause wohlfühlen: Die besten Tipps der Wohnpsychologin

KURIER: Kann man an der Wohnsituation eines Menschen denn ableiten, wie er ist?

Barbara Perfahl: In gewisser Weise ja, da wir uns Räume aneignen – wir machen aus beliebigen unsere persönlichen Räume. Insofern spiegeln sie natürlich auch unsere Persönlichkeit, vor allem aber unsere Bedürfnisse wieder. Die Frage ist nur: Machen wir das gut? Die Wenigsten kennen ihre Wohnbedürfnisse. Deshalb bildet die Wohnung oft eher das ab, von dem wir glauben, es zu brauchen. Oder was wir darstellen wollen.

Wie erkennen wir unsere Wohnbedürfnisse?

Eine Wohnung erfüllt verschiedene Bedürfnisse: Sicherheit, Privatsphäre, Geselligkeit sowie das Umfeld zu gestalten. Man muss sich eigentlich nur selbst fragen: Was ist mir wichtig? Bin ich gerne allein? Oder bin ich gerne unter Leuten? Anhand solcher Fragen kommt man selbst zu einer Antwort. Zum Thema Sicherheit etwa lautet die Standardfrage: Wenn sie sich vorstellen, abends beim Zubettgehen ihre Wohnungstüre nicht nur nicht abzuschließen, sondern nur anzulehnen – können Sie da gut schlafen? Das können nur sehr wenige. Das Sicherheitsbedürfnis ist meist stark ausgeprägt.

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Mit welchen Anliegen kommen Menschen zu ihnen?
Bei vielen liegt eine diffuse Unzufriedenheit vor. Sie beschäftigen sich oft schon lange mit der Einrichtung und werden dennoch nicht glücklich damit. Die Veränderung des Blickwinkels kann da helfen. Nämlich nicht der Blick von dem, der die schöne Einrichtung macht oder einem Designer, sondern eben die eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Die Unzufriedenheit meiner Kunden kommt nicht daher, dass ihre Wohnung nicht schön ist, sondern meist haben sich die Bedürfnisse oder die Umstände geändert. Durch Beziehungen etwa. 

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Was kann man in Beziehungen oder Familien tun, wenn die Bedürfnisse auseinandergehen?

Darüber reden. Das klingt banal, wird aber oft versäumt. Nämlich nicht erst dann, wenn es konkret darum geht, ein Sofa auszusuchen. Sondern möglichst schon bevor man zusammenzieht. Sich damit auseinandersetzen, was der Partner zum Wohnen braucht. Aber auch man selbst. Stellen Sie sich die Frage: Wenn die gute Fee käme und würde das ideale Haus zaubern, wie würde das ausschauen? In dem Moment, wo ich weiß, was der andere braucht, dass er vielleicht ein deutlich stärkeres Rückzugsbedürfnis hat als ich, dann lassen sich auch viel leichter Kompromisse finden und Lösungen, die für beide gut sind.

Worin liegt das größte Konfliktpotenzial?

Ein Klassiker ist die Wohndeko. Der eine dekoriert und irgendwann ist die ganze Wohnung voll. Wenn der Partner da genervt reagiert, liegt das oft nicht daran, dass ihm die Deko nicht gefällt, sondern dass sie womöglich als territoriale Markierung wahrgenommen wird. Territoriales Verhalten ist biologisch in uns angelegt und wir brauchen einen Raum, wo wir die Kontrolle haben.

Warum fällt es so schwer, zu erkennen, was unsere Bedürfnisse sind?

Jeder hat eine Vorstellung von gutem Wohnen. Aber wir sind auch dauerhaftem Input von Außen ausgeliefert: Wunderschöne Bilder von Traum-Einrichtungen prasseln auf uns ein, über Social Media oder Werbungen, Zeitschriften. Das bringt viele weg von sich selbst. Gleichzeitig gibt es diese Alltäglichkeitssperre. Wohnen ist so grundsätzlich, dass es oft nicht hinterfragt wird.

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Wohntipp: Reizreduktion 

Unser Gehirn ist Meister der Gewöhnung, ausprobieren hilft 

„Der Mensch bevorzugt in der Regel ein mittleres Reizniveau, also Umgebungen, in denen es nicht zu viele und nicht zu wenige Reize gibt. Dort erlebt er weder optische Langeweile noch optische Überforderung. Wir fühlen uns am wohlsten, wenn nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig in ihnen vorhanden ist.“ erklärt Perfahl. Zu viele Reize können  in Form von Mustern, Farben oder Formen auftreten, aber auch ein Zuviel an Inhalt überfordert uns.  „Das Problem dabei: Unser Gehirn ist ein Meister der Gewöhnung. Das gilt auch für optische Reizüberflutung. Sobald wir uns einige Zeit mit vielen Reizen umgeben haben, bemerken wir den Reizüberfluss einfach nicht mehr.“

So geht es: Den Raum von Dingen befreien (unabhängig davon, ob man sie behalten möchte oder nicht). Wie wirkt der Raum, wenn man 50 Prozent der Deko entfernt hat? Eine weitere Technik zur Reizreduktion ist bewusst freie Flächen zu schaffen. Je nachdem, welche Funktion ein Raum beherbergt, können und sollen dort mehr oder weniger Reize sein. So sollte das Schlafzimmer eher reizarm sein, ein Kinderzimmer soll eher mehr Reize enthalten auch Wohnzimmer oder Küche vertragen eine anregendere Gestaltung.    

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Wohntipp: Zusammenhang

Ordnungen und Strukturen entlasten das Gehirn 

Gerade im Bereich der Dekoration wird oft zu viel gemacht. Auch dadurch entsteht dann ein Reizüberfluss. „Optische Zusammenhänge und Strukturen erleichtern uns die Orientierung und die Reizaufnahme. Es fällt uns leichter, schnell unsere Umgebung wahrzunehmen und einzuordnen, wenn Dinge nicht unsortiert und durcheinander, sondern in Gruppen, nach einem System, in Strukturen auftauchen.“ 

Für das Einrichten bedeutet das:  Räume, in denen Dinge  in Gruppen, Zusammenhängen oder einer Ordnung auftauchen, empfinden wir als schöner. Die einfachste Art, dies zu erreichen ist  durch Gruppierung von Gegenständen. Das kann auch eine bestimmte Ordnung oder Symmetrie sein. Zum Beispiel: Bilder in Gruppen aufhängen oder nach einem Prinzip (dieselbe Höhe der Oberkante). Auch Zonen schaffen Zusammenhänge: Auf Oberflächen kann man  Dinge auf Tabletts oder andere Unterlagen stellen. Durch Teppiche lässt sich auch der Raum selbst in Zonen einteilen. Diese wirken wie Inseln auf dem Boden – also klar umrissene und definierte Flächen innerhalb des Zimmers.

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