Wirtschaft/Immo

Zehn Tipps für den Hausbau ohne Probleme

„Wer billig baut, baut teuer“, weiß Nikolaus Westhausser von Stadtgut Architekten. Er kennt vermeintliche Sparmaßnahmen von Bauherren und deren erhebliche Folgen nur zu gut. „Wer allerdings ein paar Dinge berücksichtigt, kann viele Probleme umgehen“, fügt Heinrich Schuller von Atos Architekten hinzu.

IMMO-KURIER zeigt zehn Baufehler und wie sie vermieden werden können.

1. Schlechte Planung ist teuer

„Wir waren schon bei Erstgesprächen mit Kunden, die keine Budgetvorstellungen hatten“, erzählt Architekt Westhausser. Dieses „blauäugige Hineingehen in ein Lebensprojekt“ sei ein Problem, das unterschätzt wird.

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Denn: Ein Quadratmeter Neubau beginnt bei mindestens 2.500 Euro. „Der Entwurf eines Architekten kostet rund 5.000 Euro“, weiß Heinrich Schuller. Er ist Initiator der Baurettungsgasse auf der Messe Bauen und Energie Wien und kennt die Probleme der Häuslbauer.

„Durch einen guten Entwurf kann auf einige Quadratmeter verzichtet und dadurch Geld gespart werden.“ Architekten sind als Ziviltechniker außerdem zu unabhängiger Beratung verpflichtet.

Baumeister Ernst Michael Jordan ist seit 32 Jahren im Baugewerbe tätig. Er weiß: Kostspielige Fehler passieren oft, bevor die Baugrube ausgehoben und der Beton angerührt ist.

  • Budget konsequent durchrechnen: Wenn Finanzkonzepte „zu schön gerechnet werden, bleibt Bauherren oft nichts anderes übrig, als einen Fertigstellungskredit aufzunehmen.“ Wichtig ist, das Haus vom Keller bis zum Postkasten zu kalkulieren. 
  • Scheidungen nach Hausbau: „Wenn das Geld knapp wird und jede gekaufte Strumpfhose budgetiert werden muss, wird das zum Sprengmittel für Beziehungen.“ Jordan rät so zu bauen, dass das Haus von einer Person finanziert werden kann. „Dadurch fällt ein wesentlicher Konfliktpunkt weg.“ Außerdem ist wichtig, dass keiner von beiden einen großen Kompromiss mit dem finalen Entwurf eingehen muss. „Wenn alles schiefläuft und dann der Holzofen zum Thema wird, den einer der beiden nie wollte und zudem nur Geld kostet, entsteht ein Konfliktherd.“
  • Wie viel kann man selbst machen? „Aus reiner Freundschaft oder Nachbarschaftshilfe, wird kein Kanal gelegt oder Keller gebaut“, weiß Jordan. Im Gegensatz zu früher sind heute viel mehr ausführende Firmen notwendig.
  • Bauherr haftet für Unfälle: „Bei Unfällen auf der Baustelle ist der Bauherr bei Eigenleistern schadens- und leistungspflichtig – auch wenn der gute Freund nur für eine Wurstsemmel arbeitet“, sagt Jordan. Ein für die Sicherheit zuständiger Fachmann (Baukoordinator) ist auf der Baustelle jedenfalls gesetzlich vorgeschrieben. 

2. Ist der Boden tragfähig?

Gute Nachbarschaft ist wichtig – und das bereits vor dem Einzug. Umliegende Bewohner wissen, welche Überraschungen im Erdreich liegen und sollten dazu befragt werden.

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Um herauszufinden, wo das Grundwasser beginnt, empfiehlt sich eine Grube zu graben. Auf Nummer sicher gehen Bauherren mit einem geologischen Gutachten, das über Dichte und Erdmaterial informiert.

Laut Westhausser kostet dieses rund 2.000 Euro. „Das Fundament kann zudem im Wasser stehen, solange der Untergrund tragfähig ist“, sagt er. Abdichtungen und wasserundurchlässiger Beton regeln den Rest.

3. „Stell’ die Bude zwei Stufen aus dem Dreck“

Fast 200 Jahre (1841) alt ist die Redewendung – an Aktualität hat sie aber nicht verloren. Bausachverständiger Thomas Hagen Edinger erklärt, dass diese Regel vor allem für Holzbauten gilt: „Zwischen Holzhaus und dem umliegenden Gelände muss eine 30 Zentimeter dicke Schicht aus feuchtigkeitsbeständigen Materialien wie Ziegel oder Beton verbaut sein.“

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Ansonsten kann das Ständerwerk vermorschen, was zu statischen Problemen des Hauses führt. Edinger: „Neben hohen Sanierungskosten entsteht auch ein sogenannter merkantiler Minderwert.“ Dieser senkt den Gesamtwert des Hauses.

Der Bausachverständige zieht den Vergleich mit einem Pkw: „Ein Unfallauto ist weniger wert, als eines ohne Schaden.“ Zudem hat Wasser einen „spitzen Kopf“ und kann in jede Ritze eindringen.

4. Risse in der Fassade

Die Farbe im Wohnzimmer blättert ab. Kurz darauf entstehen Wasserflecken. Laut Edinger sind das Hinweise auf fehlerhafte Abdichtungen zwischen Fassade und Fenster, Balkon oder Dach.

„Fassadenrisse sind ein großes Thema, insbesondere wenn mit Ziegel, Verputz und Vollwärmeschutz gearbeitet wurde.“

Optimalen Schutz gegen Wind und Wetter bietet eine vorgesetzte Fassade. Edinger: „Sie ist mit bis zu 200 Euro pro Quadratmeter auch die teuerste Variante.“

Zum Vergleich: Vollwärmeschutz und Verputz kosten pro Quadratmeter bis zu 100 Euro. Bei Ziegelhäusern ist der Fassadenschaden spätestens nach zwei Jahren sichtbar.

5. Einen Winter lang ausheizen

In Ziegelhäusern ist Neubaufeuchte ein häufiges Problem. Edinger: „Mit Wasser angerührte Baustoffe wie Estrichbeton oder Verputz müssen trocknen. Das braucht Zeit, die die Ausführungszeiten der Firmen oft nicht zulassen.“

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Trotzdem gilt die Faustregel: Den Rohbau einen Winter lang ausheizen. „Ansonsten führt die Luftfeuchtigkeit in den ersten Monaten nach Einzug zu Schimmelbildung.“

Die Sanierung ist aufwendig: Putzschichten müssen abgetragen, das Material desinfiziert werden. Das gründliche Vorgehen ist wichtig, denn bereits „ein halber Quadratmeter Schimmel kann gesundheitsgefährdend sein.“

6. Die Baufirma geht pleite

Ein Horrorszenario für jeden Bauherren: Bezahlte Firmen melden Konkurs an. Westhausser: „Das ist uns auch schon passiert. Wichtig ist, kühlen Kopf zu bewahren und die Firmen zu motivieren, so viel wie möglich abzuschließen.“

So konnte der Schaden für sein Büro und die Bauherrenschaft relativ gering gehalten werden, „trotzdem haben wir draufgezahlt.“

7. Vertrauen ist gut, Kontrolle besser

„Wenn Auftraggeber sich blauäugig auf Firmen verlassen, wird häufig auf der Baustelle gepfuscht“, sagt Architekt Heinrich Schuller. Um Leistungen auf der Baustelle wirklich kontrollieren zu können, empfiehlt der Experte konkrete Verträge mit Kostenplänen und Terminen abzuschließen.

8. Morsche Holzträger am Dach

Architekt Westhausser erinnert sich an einen Dachausbau, bei dem die Dippelbäume (Holzträger zwischen oberstem Geschoß und Dachausbau) morsch waren.

Er erklärt: „In Gründerzeithäusern sind diese Holzträger über 100 Jahre alt. Dringt durch ein Leck im Dach Wasser ein, beginnt das Holz zu schimmeln.“

Daher ist bei Sanierungen, Um- und Ausbauten wichtig, den Bestand zu untersuchen. Werden Schäden zu spät bemerkt, wird der Bauverlauf gestört.

Die Folge: Zeitverlust und erhöhte Kosten. Sind die Schäden hingegen im Vorhinein bekannt, kann anders kalkuliert werden.

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9. Regensicher bedeutet nicht wasserdicht

Steildächer sind zwar regensicher, aber nicht zwingend schlagregensicher und damit auch nicht wasserdicht. Edinger: „Schlag-Regen wird durch Wind bergauf getrieben. Somit gelangt Wasser unter das Dach und ins Hausinnere.“

Schutz bieten Unterdächer und Unterspannbahnen, die bei einem Dachausbau bereits Vorschrift sind. Edinger: „Zweitere leiten das Regenwasser allerdings nicht vollständig ab und sind auch nicht so lange haltbar, wie ein Unterdach, das pro Quadratmeter bis zu 50 Euro mehr kostet.“

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10. Flachdach verzeiht keine Fehler

Wenn Regenwasser über die Dachterrassentür ins Wohnzimmer rinnt, wurde gepfuscht. Edinger: „Frei auslaufende Notüberläufe als Wasserspeier sind zwar Vorschrift, werden aber oft zu gering dimensioniert.“

Außerdem sind Dachpappe und Folienabdichtungen vor UV-Strahlung zu schützen, denn sie fördert Rissbildung. Daher empfehlen Experten, Flachdächer mit Kies zu bestreuen, sofern keine Dachterrasse mit diversen Belegen (Platten oder Holzrost) angelegt ist.

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„Das klingt alles sehr dramatisch“, fasst Bausachverständiger Thomas Hagen Edinger zusammen, „wer klug plant und während der Errichtung den Hausverstand walten lässt, kann glücklich in sein Haus einziehen.“

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