Wirtschaft/Immo

Roboter bauen Wohnungen: Gropyus denkt Bauen und Wohnen neu

Die Immobilienbranche ist sehr kleinteilig. Vom Bauherrn über den Architekten und Generalplaner bis hin zu den ausführenden Handwerkern wie Elektriker, Installateure und Maler. Das fertige Gebäude wird dann schließlich von einem Gebäudemanager in Schuss gehalten. Man stelle sich vor, das alles käme aus einer Hand. Genau diese Idee verfolgt das Start-up „Gropyus“. Der Name erinnert bewusst an den Gründer des Bauhauses, der vor 100 Jahren Kunst und Architektur leistbar machen wollte.

Sozialen Wohnbau attraktiv gestalten

Der Wiener Markus Fuhrmann, CEO von „Gropyus“, verfolgt ein ambitioniertes Ziel – und das aus sehr persönlichen Gründen: „Ich bin als typisches Gemeindebaukind am Schöpfwerk aufgewachsen.“ Mitunter ein Grund, weshalb der Mjam- und Delivery-Hero-Mitgründer mit seinem neuen Projekt sozialen Wohnbau attraktiver und smarter gestalten möchte. Eine durchgehende Wertschöpfungskette soll genau das möglich machen. Oder wie Florian Fritsch, Investor und Mitgründer es zusammenfasst: „Wir sind sechs Unternehmen in einem.“

Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Neben der Leistbarkeit sollen Nachhaltigkeit und Digitalisierung den Wohnbau komplett verändern. Die beiden Visionäre im KURIER-Gespräch:

KURIER: Sie wollen die Immobilienbranche revolutionieren, was ist das Neue an Gropyus? 

Markus Fuhrmann: Gropyus ist keine Baufirma, sondern eine Technologiefirma, die sich den Themen Nachhaltigkeit und leistbarem Wohnen verschrieben hat – und das mit neuen Möglichkeiten, die man durch Robotik und Automatisierung hat. 

Herr Fuhrmann, Sie kommen ursprünglich aus einer anderen Branche,  sind Mitgründer von  Mjam.at und Delivery Hero, was war der Anstoß, in die Immobilienbranche einzusteigen? 


Markus Fuhrmann: Wir dachten uns, Bauen muss doch besser gehen. Da war diese Mischung aus Unternehmertum und Technologieverliebtheit ein wichtiger Faktor. 


Florian Fritsch: Die Immobilienbranche ist so gar nicht digitalisiert. Die einen planen, die anderen bauen und machen. Aber es gibt niemanden der Real-Estate als ein Produkt sieht. Bei uns bleibt alles in einer Hand.

Nachhaltigkeit ist ein Mäntelchen, das sich momentan viele in der Baubranche umhängen. Wie ernst nimmt man dieses Thema bei Gropyus? 


Markus  Fuhrmann: Die Industrie spricht sehr viel über Nachhaltigkeit in Gebäuden im Betrieb. Da gibt es Zertifikate und Niedrigstenergiehäuser. Das ist der kleinere Teil. Ein viel größerer Teil liegt aber tatsächlich in der Produktion. Wir nutzen nachwachsende Rohstoffe und setzen bei der automatisierten Produktion auf volle Transparenz. Unsere Roboter können gar nicht produzieren, wenn sie nicht wissen, wo welche Schraube und welcher Nagel hingehören. Außerdem lassen sich unsere Wohnungen unkompliziert wieder auf- und abbauen und alle Bestandteile am Ende wieder trennen. 


Florian Fritsch: Wir sind eines der wenigen Unternehmen in diesem Sektor, mit einer eigenen Nachhaltigkeitsabteilung. Wir haben ein 10-köpfiges Research-Team, das permanent an der Verbesserung des Produktes arbeitet. 

Sie haben ein eigenes Betriebssystem für die Wohnungen entwickelt  –  also wieder eine App mehr auf  dem Handy? 


Markus Fuhrmann: Ja, tatsächlich bauen wir das Betriebssystem des Gebäudes selbst. Das ist bei uns eine Mischung aus Hardware-Komponenten (Lichtschalter, Sensoren etc.) und Software. Man kann sich das so vorstellen: Lichtmanagement, Strom, Jalousien, Türen – das ist Standard und leicht zu bedienen. Gleichzeitig ist unser System aber flexibel und erweiterbar. Nur ein Beispiel: Im Erdgeschoss unserer Wohnbauten gibt es Paketservice-Stationen. Die kann man per App auf Wunsch buchen und spart sich dadurch den lästigen Weg zur oft weit entfernten Abholstelle. 

In der Produktion sollen mittelfristig nur Roboter arbeiten. Wo bleibt der Mensch bei Gropyus? 


Markus Fuhrmann:  Unsere Firma ist zwei Jahre alt und wir haben bereits  über 250 Mitarbeiter. Wir  haben derzeit 70 bis 80 offene Stellen ausgeschrieben. Man braucht nicht weniger Mitarbeiter, nur vielleicht Mitarbeiter, die eine andere Erfahrung haben. Ich brauche  Mitarbeiter, die das IT-System managen, auch Produktentwickler etc. 

Produziert wird ausschließlich in Deutschland? 


Markus Fuhrmann:  Wir haben einen Standort bei Wels in Oberösterreich, dort erzeugen wir flexible Roboterzellen für die Roboterköpfe, die dann im deutschen Werk bei der  Produktion zum Einsatz kommen. 


Florian Fritsch: Unser Bestreben ist schon, ein Zweitwerk in Österreich zu eröffnen. Es würde nahe liegen, die Produktion in Wels zu erweitern. 

Die Holz- und Grundstückspreise steigen. Wie wollen Sie da leistbares Wohnen in Zukunft garantieren? 


Markus Fuhrmann:  Ja, die Preise steigen. Aber wir können bei Bau und Betriebskosten durch unser Modulsystem einsparen. Durch die Automatisierung haben wir Preisvorteile aber auch weniger Schadensfälle und Korrekturen in der Fabrik. Wir haben auf einer fünf Meter Wand eine Abweichung von 0,8 Millimeter – das ist super! 


Gibt es für Österreich schon geplante Bauprojekte? 


Markus Fuhrmann: Wir können es im Detail noch nicht sagen, haben aber Projekte in und im Umland von Wien geplant. Wir sehen uns aber auch in anderen Bundesländern um. Wir sind superflexibel,  weil wir unsere Bauteile 700 bis 800 Kilometer weit transportieren können. 


Florian Fritsch:  Wir freuen uns auch darüber, bereits große Investoren wie zum Beispiel die Vienna Insurance Group, Kiri Capital oder Manta Ray zu unseren Unterstützern zu zählen.

Sehen Sie sich als Elon Musk der Immobilienbranche? 


Markus Fuhrmann: Das ist ein schmeichelnder Vergleich, denn er hat schon viel geschafft. Er hat eine Industrie wohin gebracht, wo sie vorher noch nicht war und ich glaube, wenn wir das zustandebringen, können wir sehr stolz darauf sein. Wir übernehmen die Kontrolle über den Prozess vom Anfang bis zum Ende. Also ja, wir sind schon teslanah und ich hoffe, wir haben auch einen ähnlichen Impact auf die Immobilienbranche.   

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