Prachtvoll und heiß begehrt: Das Wiener Türkenschanz-Cottage
Von Ulla Grünbacher
Die Villen im Türkenschanz Cottage in Wien Währing und Döbling waren schon immer ein gefragtes rares Gut. Denn wer es geschafft hatte, in den elitären Club des Cottages einzutreten, gibt sein Eigentum nicht wieder her. Die große Nachfrage nach Wohnen im Grünen hat das Interesse am Cottage einmal mehr angekurbelt. Hier beim Türkenschanzpark befindet sich aktuell die gefragteste Gegend für Villen.
Hype um das prachtvolle Grätzel
Das Grätzel hat in den vergangenen Monaten einen Hype über die österreichischen Grenzen hinweg erfahren und sich als das teuerste Pflaster Wiens etabliert. Denn das Flair einer historischen Villa mit Geschichte ist nicht mit einem Neubau vergleichbar. Kenner des Cottage berichten, dass das Viertel von internationalem Publikum bei der Auswahl ihres Wohnsitzes mittlerweile mit den Toplagen in München, Paris und London verglichen wird. Heute leben rund 6.500 Bewohner im Cottage, das Gebiet umfasst nur 85 Hektar Nettobauland mit insgesamt ca. 640 Liegenschaften.
Dass es hier über Jahrzehnte hinweg so beschaulich geblieben ist, dafür hat der Wiener Cottage Verein gesorgt. Er wurde 1872 gegründet und feiert heuer sein 150-jähriges Jubiläum. Die Idee hinter dem Verein war, die Errichtung einer Gartenstadt im Grünen nach englischem Vorbild als Alternative zu den Wiener Zinskasernen. Heute geht es um die Erhaltung der Lebens- und Wohnqualität im Wiener Cottage-Viertel und der wertvollen historischen Bausubstanz.
Einer, der dieses Grätzel gut kennt, weil er in den vergangenen Monaten hier mehrere Villen vermittelt hat, ist der Immobilienmakler Peter Hack. Wir treffen uns in der Blaasgasse 10 vor einer Villa, die gerade verkauft wurde. „Die Zinsvilla war in drei Wohnungen geteilt, nun wurde sie um 6,7 Millionen Euro verkauft“, sagt Hack, während wir die Räume betreten. Das Gebäude ist im Rohzustand, der neue Besitzer will die Räumlichkeiten nach eigenem Stil gestalten. Damit ist er nicht allein, viele Käufer verpassen dem Besitz einen neuen Anstrich. Ein Käufer hat sogar das Indoorpool zuschütten lassen, weil dort ein Fitnessraum entstehen sollte, erzählt Hack.
Tiefgaragen sind im Trend
Wir sind mittlerweile weitergegangen und in der Hasenauerstraße angelangt, in der sich zwischen alten Prunkvillen (Bild oben) auch neue Projekte einfügen. „Die typischen Cottage-Grundstücke sind zwischen 750 und 1.000 Quadratmeter groß, manchmal auch größer“, sagt Hack. Die begehrtesten Liegenschaften seien jene, bei denen die Hausfassade zumindest drei Meter breit ist, denn dann geht sich eine Tiefgarage aus. „Cottagebesitzer sind Autofahrer“, erzählt Hack. Obwohl direkt vor dem Haus Parkplätze frei sind, sei das den Käufern wichtig.
Wir biegen in die Sternwartestraße ein, die, wie viele Straßen im Cottage mit großen Bäumen gesäumt ist. „Der Vorteil des Cottage ist, dass auch die angrenzenden Grundstücke bepflanzt sind, das verlängert die Aussicht ins Grüne“, sagt Hack und nennt zu zahlreichen Villen, die wir passieren, deren Preis. Renovierungsbedürftige Häuser wechseln hier um rund 10.000 Euro pro m2 den Besitzer. Es gehe dabei aber immer um das Gesamtprodukt aus Garten, Nachbarschaft, Ausrichtung und Größe.
„Für top ausgestattete Villen werden bis zu 22.000 Euro pro m2 bezahlt“, so der Experte. Über die Weimarer Straße und die Felix-Mottl-Straße geht es zurück zum Ausgangspunkt. Einzelne Etagen von Villen werden auch vermietet, erzählt Hack. So ist das Penthouse einer hochwertig ausgestatteten Villa mit zwei Garagenplätzen um rund 30 Euro pro m2 Bruttomiete zu haben. Was zeigt: Auch Villenbesitzer wollen oder müssen manchmal teilen.
Die Hüter des Wiener Cottage
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Der Wiener Cottage Verein kaufte ab 1860 Gründe auf und verkaufte sie an Mitglieder. Diese verpflichteten sich gegenseitig, die Aussicht nicht zu verbauen. Heute gilt: „Wo Neues unumgänglich ist, soll das Neue im Sinne der Erhaltung des Gesamtcharakters und unter Rücksichtnahme auf die bestehende Bausubstanz errichtet werden, ohne jedoch in architektonische bzw. gestalterische Nachempfindungen zu verfallen“, sagt Architekt Thomas Feiger, Präsident des Vereins. Bei Bauvorhaben versucht der Verein beratend oder korrigierend einzugreifen. 1872 bis 1920 wurden Servitute beim Liegenschaftserwerb ins Grundbuch eingetragen, zugunsten umliegender Grundstücke, später zugunsten des Vereins oder der Gemeinde. Sie sind Vorläufer der Wiener Bauordnung. Das „Cottage-Servitut“ wird bei einem Liegenschaftsverkauf mitübertragen, heute erfolgt keine Eintragung mehr, so Thomas Feiger. Bestehende Servitute gelten nach wie vor.