Der Urlaub im eigenen Feriendomizil
In Regionen wie Kitzbühel waren Immobilien immer schon begehrt. Doch 2020 ist ein besonderes Jahr. Während beim ersten Lockdown im Frühjahr die Nachfrage gegen Null tendierte, ging danach die Post ab. Karin Gornik, die als Immobilienmaklerin vor allem im Raum Kitzbühel tätig ist, spricht von „einem der stärksten Jahre überhaupt“. Ab Mitte Mai sei die Nachfrage nach Immobilien deutlich gestiegen.
Wobei im Raum Kitzbühel neben der Landschaft natürlich auch die Wertbeständigkeit der Investitionen eine große Rolle spielt. Als im Jahr 2008 die Wirtschaftskrise begann, seien die Immobilienpreise trotzdem nicht gesunken, erinnert sich Gornik. Das ist ein gutes Argument für Anleger.
Dabei war der Immobilienbereich schon seit Jahren der Liebling der Investoren. Wegen der niedrigen Zinsen bei den Banken wird eifrig nach alternativen Anlageformen gesucht.
Der Immobilienbereich garantiert nach wie vor sichere Wertsteigerungen. Das ist bei anderen Anlageformen nicht notwendigerweise so. Zumal die Corona-Krise ja auch die Aktienmärkte ordentlich durcheinandergewirbelt hat. In unsicheren Zeiten steigt die Nachfrage nach weitgehend risikobefreiten Investitionen. Es gibt also mehrere gute Gründe für den Boom, von dem nicht nur Westösterreich betroffen ist.
Sandra Bauernfeind ist Geschäftsführerin von EHL-Wohnen. Das Unternehmen ist vor allem in Ostösterreich aktiv. Doch auch dort gibt es „eine starke Nachfrage nach Ferien- oder Zweitwohnsitzen“. Wenn die Urlaubsreise nach Italien oder in die Karibik ausfällt, besteht immer noch die Möglichkeit, ein paar schöne Tage im Feriendomizil zu verbringen. Das gilt natürlich auch für ein nettes Wochenende in Corona-Zeiten.
Wobei es mittlerweile oft so ist, dass die Nachfrage deutlich höher ist, als das Angebot. Schließlich werden Immobilien schon seit Langem gerne gekauft. Es haben schon viele Häuser den Besitzer gewechselt. Die Objekte sind aber nicht beliebig vermehrbar. Schon gar nicht in Fremdenverkehrsregionen. Daher werden nun auch Regionen interessant, die bisher nicht so stark nachgefragt worden sind. Wobei nicht nur Österreicher gerne kaufen würden, sondern auch Ausländer wie Deutsche oder Holländer.
Dabei waren die Rahmenbedingungen für Immobiliengeschäfte ungünstig. Besichtigungen konnten nur beschränkt oder während des Lockdowns gar nicht durchgeführt werden.
„Das Angebot ist nicht da“, berichtet auch Roman Oberndorfer, Fachgruppenobmann der Wirtschaftskammer der Immobilientreuhänder in Salzburg. Dies gelte vor allem für den Sekundärmarkt, also für gebrauchte Wohnungen. „Es gibt Immobilienbesitzer, die sich sagen, wenn ich jetzt verkaufe, was soll ich dann mit dem Geld tun?“ Man könnte also durchaus mehr verkaufen – aber die Verkäufer agieren zurückhaltend.
Die gestiegene Nachfrage ist auch in den Statistiken ablesbar. So sind die Anfragen bezüglich Ferienhäuser und Zweitwohnsitze bei Remax laut Remax Geschäftsführer Bernhard Reikersdorfer um satte 22,5 Prozent gestiegen. Doch das bedeute nicht, dass auch die Verkäufe um denselben Prozentsatz gewachsen sind. Remax hat im ersten Halbjahr um lediglich 4,1 Prozent mehr Immobilien verkauft. Das Angebot ist nun mal beschränkt.
Ein Haus im Bayrischen Wald
In Deutschland steigen die Preise in den Urlaubsregionen Die Corona-Krise hat auch in Deutschland massive Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Noch nie suchten dort so viele Menschen auf Google nach käuflich zu erwerbenden Ferienobjekten als im Krisenjahr 2020. Der Google-Trend-Score für das Suchbegriffspaar „Ferienhaus Kaufen“ notierte im August auf dem größtmöglichen Wert von einhundert. „Die Nachfrage nach Ferienimmobilien erhöhte sich im Angesicht von Kontakt- und Reisebeschränkungen erheblich“, so Handelskontor-Herausgeber Raphael Lulay. „Besonders groß ist der Nachfrageanstieg in den Urlaubsregionen an der Ost- und Nordsee sowie im Bayerischen Wald“.
In Zahlen ausgedrückt
Die Nachfrage nach Ferienimmobilien steigt während der Corona-Krise beim nördlichen Nachbarn um bis zu 54 Prozent. Die Quote an Ferienimmobilien-Eigentümern steig gegenüber Vorjahr mit um 21,15 Prozent. Während im vergangenen Jahr 1,04 Millionen Deutsche ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung besaßen, sind es inzwischen bereits 1,26 Millionen. Die Erhebung des Handelskontors zeigt auch, dass die Immobilienpreise während der Pandemie weiter zulegen. Im 2. Quartal lag der „Empirica“-Preisindex für Immobilien deutschlandweit bei 174 Punkten. Im Vorjahresquartal waren es noch 147 Punkte. Der Anstieg beträgt 18,4 Prozent.
Ferienimmobilien gefragt
Die Immobilienpreise sind laut einer Analyse der deutschen Immo-Spezialisten Block-Builders auf dem Land stärker gestiegen als in der Stadt. In den ländlichen Regionen gab es ein Plus von 8,9 Prozent. In den deutschen Metropolen gab es einen Zuwachs von 6,5 Prozent. Noch vor vier Jahren gaben 63 Prozent der Deutschen, die in einer Großstadt wohnen, an, ein Eigenheim in einem Ballungszentrum mit mehr als 500.000 Einwohner kaufen zu wollen. Aktuell sind es nur mehr 57 Prozent. Auch Block-Builders-Analyst Raphael Lulay kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem Ferienimmobilien nachgefragt werden. Während der branchenübergreifende Leitindex DAX sogar 0,2 Prozent niedriger als noch vor einem Jahr notiert, kletterte der Börsenwert von Deutsche Wohnen bis zu 22,2 Prozent nach oben.
„