Wirtschaft

Kantinen werden zu lauwarmer Herkunftskennzeichnung verpflichtet

Zugegeben, woher das Schnitzel in der Kantine kommt, wollen viele ja gar nicht so genau wissen. Hauptsache billig. Damit ist das Problem auch schon umrissen.

Jahrelang wurde  über eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung  in der Gastronomie und in Gemeinschaftsküchen debattiert. Landwirtschaftsvertreter haben dafür lobbyiert, Wirte dagegen. Jetzt liegt ein entsprechender Verordnungsentwurf zur Begutachtung vor. Man könnte ihn als österreichische Lösung lesen – ein Kompromiss. Bei dem die Gastronomie gänzlich ausgeklammert ist, genauso wie die Lebensmittelindustrie.

Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung kommt nur für Kantinen. Und selbst in den Kantinen und Großküchen – sie geben täglich rund 2,2 Millionen Speisen zwischen Boden- und Neusiedler See aus – gilt die neue Kennzeichnung nur für Fleisch, Eier und Milch. Und das auch erst ab Mitte nächsten Jahres.

Wobei mit der neuen Regelung für den Kantinen-Besucher noch lange nicht klar sein wird, wo das konkrete  Schnitzel am Teller herkommt. Es wird nämlich eine prozentuale Herkunftsbezeichnung über den Betrachtungszeitraum eines Jahres möglich sein. Konkret bedeutet das, dass ein Kantinenbetreiber zum Beispiel angeben kann, dass er „50 Prozent des Rindfleischs übers Jahr gerechnet aus Österreich, 20 Prozent aus der EU und 30 Prozent aus Nicht-EU-Ländern“ bezieht.

„50 Prozent aus der EU“

Großküchen können die Auslobung nach „EU“ oder „Nicht-EU“ oder „Herkunftsland“  bzw. „Region“ durchführen, erläutern die zuständigen Minister, also Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Agrarminister Norbert Totschnig (ÖVP). Sie bezeichnen die „prozentuale Herkunftskennzeichnung“ als „praxistauglich“.

 

Aus Sicht der Tierschutzorganisation Vier Pfoten ist der Verordnungsentwurf dagegen schlichtweg „inakzeptabel“.  Konsumenten würden erst wieder nicht wissen, woher ihr Schnitzel kommt und die Gastronomie ist einmal mehr außen vor, ärgern sich die Tierschützer über einen offenkundigen Lobbyingerfolg der Gastro-Sparte. „1,3 Millionen Speisen werden täglich in Gasthäusern und Restaurants serviert, daher ist diese Privilegierung absolut nicht einzusehen“, sagt Veronika Weissenböck von Vier Pfoten. „Die Österreicherinnen und Österreicher haben doch das Recht zu wissen, woher die Zutaten stammen, für die sie schließlich auch bezahlen.“

Gänzlich anders sieht das Gastronomie-Sprecher Mario Pulker. „Wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Wenn jemand im Ausland mehr für die Ware aus Österreich bietet, wird sie exportiert. Mit ein Grund, warum wir gar nicht immer die nötigen Mengen verfügbar haben.“ Ein Problem, mit dem auch seine Branchenkollegen in der Schweiz kämpfen würden, die längst eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung haben.