Wirtschaft

Heimische Banken horten Unsummen an Bargeld

Österreichs Banken horten Bargeld in bisher unbekanntem Ausmaß. Die Summe an gebunkertem Bargeld hat in Österreich einen neuen Höchststand erreicht.

Lagen die Bargeldbestände der heimischen Geldinstitute Anfang der 2010er-Jahre stets auf einem Niveau zwischen 2 und 3 Mrd. Euro, sei der Wert seit 2014 bis Jahresende 2019 langsam, aber kontinuierlich gestiegen - und hat sich fast verdreifacht. Per Ende Dezember 2019 saßen Österreichs Banken auf rund 8 Mrd. Euro an Bargeld, heißt es in einem Bericht der Presse mit Bezug auf Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).

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Negativzinsen

Der Grund für den Trend: Seit Juni 2014 müssen Banken dafür zahlen, wenn sie über Nacht überschüssige Liquidität bei der Europäischen Zentralbank anlegen. Damals wurde der Einlagezins von null auf minus 0,1 Prozent gesenkt. Im März 2016 beschloss die EZB, nicht nur den Leitzins auf null, sondern auch den Einlagezins auf minus 0,4 Prozent zu senken - mit dem Ziel der Wachstumsankurbelung, Banken sollten einen Anreiz haben, mehr Kredite an Unternehmen und Privatkunden zu vergeben. Die Kreditvergabe legte zu, zugleich begannen Banken auch immer mehr Geld zu horten.

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Für die Banken seien die mit der Bargeldhaltung verbundenen Kosten offenbar niedriger als die Verluste, die ihnen wegen der negativen Verzinsung entstehen, analysierte die EZB voriges Jahr. Laut früheren Bundesbank-Berechnungen zahlen sich Aufbewahrung, Versicherung und Transport von Bargeld für einige Banken bereits ab einem Zinssatz von minus 0,25 Prozent aus. Im September 2019 verschärfte die EZB den "Strafzins" auf minus 0,5 Prozent, erstmals aber mit Freibeträgen. 2018 kosteten die Negativzinsen Österreichs Banken laut Schätzungen rund 160 Mio. Euro.

Seit Jahren würden Banken die Option prüfen, Geld in bar zu lagern, heißt es dazu in der Wirtschaftskammer. "Negativzinsen machen erfinderisch", wird Franz Rudorfer, Bankenvertreter der Wirtschaftskammer Österreich, zitiert. Irgendwann zahle es sich eben aus, die Kosten für Sicherheit, Brandschutz, Logistik etc. zu tragen. "Sparer und Banken müssen jeden Tag darüber nachdenken, wie sie dieser eisernen Faust, den Negativzinsen, entkommen können. Das wird sich in den nächsten fünf Jahren nicht ändern."

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Rückhalt haben die Banken von OeNB-Gouverneur Robert Holzmann: "Bargeld besitzt eine Reihe von Vorzügen. Ein hoher Bargeldbestand stärkt tendenziell das Vertrauen in eine Bank", so Holzmann in der Presse. "Banken sind bereit, die nötigen Kosten zu tragen, um maximale Sicherheitsstandards für die Verwahrung von Bargeld zu gewährleisten. Dass in einem Niedrigzinsumfeld mit negativen Einlagezinsen diese Kassabestände eher steigen als sinken, liegt in der Natur der Sache."

Österreich gilt mit der Entwicklung nicht als Ausreißer, die Summen der Kassenbestände liegen hierzulande in Relation aber über vergleichbaren Zahlen in Deutschland. Auch in anderen Ländern der Eurozone seien die Kassenbestände der Finanzinstitute laut EZB-Daten deutlich gestiegen: Seit Jahresbeginn 2016 bis Mitte 2019 um 57 Prozent auf 81,5 Mrd. Euro. Allein auf Deutschland seien davon rund 37 Mrd. Euro entfallen. Mit großem Abstand folgen Banken aus Italien, Frankreich und Spanien.