Zoff im Handel: Statt Verhandlung Betriebsversammlungen ab 2.11.
Von Michael Bachner
Nach Metallindustrie und Sozialwirtschaft hat die Gewerkschaft auch im Handel die Latte zu Beginn der KV-Verhandlungen recht hoch gelegt und ist damit vorerst abgeblitzt.
GPA-Chefverhandlerin Helga Fichtinger fordert ein Gehaltsplus für die fast 424.000 Angestellten im Handel von 11 Prozent. Zusätzlich pocht sie aber auf „dauerhafte Freizeittage“, sprich mehr Urlaub ab fünf Jahren Dienstzugehörigkeit „für die Erholung und die Lebensqualität“. Und andere Dinge wie höheres Jubiläums- und Kilometergeld.
Basis der Gespräche, die am Dienstag gestartet und nach wenigen Stunden wieder abgebrochen wurden, ist die Inflation der zurückliegenden zwölf Monate in Höhe von 9,2 Prozent. Die Arbeitgeber legten kein Angebot auf den Tisch und erwarten von der Gewerkschaft nun „mehr Realitätsnähe“ bezüglich der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Sparten-Obmann Rainer Trefelik sprach schon im Vorfeld von multiplen Krisen und meinte: „More of the same, weil es 40 Jahre so gelaufen ist, das wird nicht gehen.“ Man brauche heuer „Kreativität“.
Wie viel Kreativität dem Handel gut tut, darüber scheiden sich freilich die Geister.
Die Gewerkschaft besteht auf einem Abschluss über der rollierenden Inflation. Über alles weitere könne man reden – jedoch immer nur zusätzlich. Die Arbeitgeberseite will unbedingt weniger als die geforderten 11 Prozent zahlen, sich dabei mit Einmalzahlungen behelfen und vor allem die Antiteuerungspakete der Regierung mit einrechnen, die 3,2 Prozent der Inflation ausmachen würden.
Die Gewerkschaft zeigte sich am Dienstag „empört“ darüber, dass die Arbeitgeber kein Gegenangebot auf den Tisch legten und auf den nächsten Verhandlungstermin verwiesen. Bis dahin soll es deshalb zwischen 2. und 8. November Betriebsversammlungen in ganz Österreich geben.
Was die Arbeitgeber schon jetzt dezidiert ablehnen, ist eine generelle Arbeitszeitverkürzung. Trefelik sagt: „Noch weniger arbeiten zu deutlich mehr Geld, das geht sich einfach nicht mehr aus.“
Das gab es im Vorjahr
Im Vorjahr lag die als Verhandlungsbasis für den Handels-Kollektivvertrag herangezogene rollierende Inflation bei 6,9 Prozent. Nach fünf Verhandlungsrunden und einer Streikdrohung einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf ein Gehaltsplus von sieben Prozent und mindestens 145 Euro ab 1. Jänner 2023. Damit belief sich die durchschnittliche Erhöhung der KV-Gehälter laut Gewerkschaft auf 7,3 Prozent. Bei den Mindestgehältern betrug die Erhöhung bis zu 8,7 Prozent. Das Vollzeit-Einstiegsgehalt für Handelsangestellte liegt seitdem bei monatlich 1.945 Euro brutto (1.535 Euro netto).
Knapp zwei Drittel der Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Knapp 60 Prozent der Frauen im Handel arbeitet Teilzeit, bei Männern liegt die Teilzeitquote nur bei rund 13 Prozent.