Flughafen Wien im Halbjahr zurück in der Gewinnzone
Der Flughafen Wien schreibt wieder Gewinne. Im ersten Halbjahr 2022 verbuchte die börsennotierte Betreibergesellschaft einen Nettogewinn von 52,3 Mio. Euro, nach Verlusten von 32,5 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2021 und 18,2 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2020. Auf den Gewinn von 82,9 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2019, vor Ausbruch der Coronapandemie, fehlen noch rund 30 Mio. Euro. Beim Umsatz fehlen noch über 100 Mio. Euro auf das Vorkrisenniveau.
"Die Urlauber sind mehr als zurück, die Geschäftsreisenden fehlen noch", fasste Vorstand Julian Jäger die Ergebnisse im Gespräch mit der APA zusammen. Bei den Ferienflügen nach Südeuropa liege man bereits 10 Prozent über den Krisenniveau, bei den Verbindungen etwa nach Deutschland hingegen gebe es noch Aufholbedarf, wobei Jäger davon ausgeht, dass Flüge nach Frankfurt für Meetings der Vergangenheit angehören und durch Videokonferenzen ersetzt worden sind.
Dass Corona- und Klimakrise in den Unternehmen in puncto Fliegen zu einem Umdenken geführt haben, glaubt Vorstand Günther Ofner nicht. In einer globalisierten Wirtschaft sei es wichtig, auf den Märkten präsent zu sein. Die Firmen müssten wieder reisen, um neue Aufträge lukrieren zu können.
Nachdem sich die Passagierzahlen erholen, beginnt der Vorstand auch wieder, sich mit seinen Investitionsprojekten zu beschäftigen, das betrifft als erstes die geplante Süderweiterung des Terminal 3. Für die auf Eis gelegten Pläne für eine dritte Start- und Landebahn sei es noch zu früh, die dritte Piste werde erst gebaut, wenn es die Nachfrage gibt, so Jäger.
Eigene Stromproduktion schützt vor hohen Marktpreisen
Wie Jäger sagte, werden am 1. Jänner 2023 die Tarife an die Inflation angepasst und um 5 bis 6 Prozent erhöht. Auch der Airport spüre die höheren Kosten, "Gott sei dank" habe man aber noch rechtzeitig die große Photovoltaik-Anlage in Betrieb genommen, diese werde heuer und nächstes Jahr noch erweitert, sagte Ofner. Übers Jahr gerechnet wird der Airport mehr als die Hälfte des Strombedarfs des gesamten Flughafengeländes decken können.
Die hohen Strompreise machen Ofner dennoch sorgen, auch wenn sich der Flughafen schon vor fünf Jahren niedrige Tarife für heuer und nächstes Jahr gesichert habe. Das und die PV-Anlage "helfen uns gegen die völlig absurden Strompreise".
Die Flughafen Wien AG, zu der neben dem Airport in Wien-Schwechat auch jene auf Malta und im slowakischen Kosice gehören, geht davon aus, dass die Erholung in der Luftfahrt weitergeht. Konzernweit werden für heuer 28 Millionen Passagiere und am Standort Wien rund 22 Millionen Passagiere erwartet sowie ein Jahresumsatz von 670 Mio. Euro, und ein Jahresergebnis von zumindest 100 Mio. Euro.
In der ersten Jahreshälfte betrug der Umsatz heuer 294,7 Mio. Euro, nach 128,6 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2021. Vor allem operativ läuft es für das Unternehmen, das zu je 20 Prozent den Ländern Wien und Niederösterreich gehört, wieder runder. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) hat sich mehr als verfünffacht, von 25,2 auf 143,1 Mio. Euro.
Die Zahl der Passagiere in Wien hat sich im Ferienmonat Juli beinahe verdoppelt, von 1,47 auf 2,77 Millionen. Im ersten Halbjahr fertigte das Unternehmen in Wien 9,2 Millionen und konzernweit 11,8 Millionen Passagiere ab. Pro Passagier macht die Flughafen Wien AG bereits mehr Umsatz als vor der Pandemie, beim Gewinn pro Passagier liegt man mit 4,4 Euro noch leicht unter dem Level vom ersten Halbjahr 2019.
Übernahmeangebot
Den Vorstand beschäftigt derzeit auch das Übernahmeangebot des Flughafen-Großaktionärs Airports Group Europe S.à r.l., einer Tochter des Investment-Fonds IFM, an die Kleinaktionäre. Etwa zehn Prozent der Flughafen-Aktien sind in Streubesitz, das Angebot gilt bis 6. Oktober.
Der australische Fonds ist bereits seit mehr als sieben Jahren am der Flughafen Wien AG beteiligt und hat seine Anteile heuer auf 40 Prozent plus neun Aktien aufgestockt. IFM hält Beteiligungen an Infrastruktur wie Flughäfen, Seehäfen und Mautstraßen sowie Investments in Energie, Wasser und Telekommunikation. Dahinter steht die Pensionsvorsorgen von laut IMF mehr als 120 Millionen Menschen weltweit.
Der Vorstand rät den Aktionären von dem Angebot ab. Denn der gebotene Preis von 33 Euro je Aktie werde "angesichts der erwartbaren weiteren positiven Entwicklung des aktuell völlig entschuldeten und gut performenden Unternehmens als zu gering eingeschätzt".
Zweitens sorgt sich der Vorstand um die Notierung an der Wiener Börse, die im strategischen Interesse des Unternehmens sei. In diese Richtung äußerte sich am Donnerstag auch die Wiener Börse. Die Börsennotierung sei zum Vorteil sowohl für das Unternehmen und dessen Eigentümer - zu denen mit je 20 Prozent die Bundesländer Wien und Niederösterreich gehören - als auch für den Standort und die Kunden.