Wirtschaft

Sberbank Europe: Aufsicht und Einlagensicherung alarmiert

Vor dem Hintergrund der massiven Finanzsanktionen gegen Russland hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) ein umfassendes Moratorium für die Europatochter der staatlichen russischen Sberbank verhängt. Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der Europa-Tochter mit Sitz in Wien wegen der Auswirkungen der Sanktionen für stark gefährdet. Laut österreichischer Einlagensicherung (ESA) betragen die gedeckten Einlagen bei der Sberbank Europe rund 1,1 Mrd. Euro.

Wolf zieht sich aus Sberbank zurück

Der Steyr-Automotive-Eigentümer und Investor Siegfried Wolf hat am Montag bekanntgegeben, sich mit Auslaufen der Funktionsperiode am 22. März als Aufsichtsratsvorsitzender der Sberbank Europe zurückzuziehen. Über seine Absicht sein Aufsichtsratsmandat zurückzulegen, habe er die Europäische Zentralbank (EZB) bereits vor Wochen informiert, teilte Wolf-Sprecher Josef Kalina auf APA-Anfrage mit.

100 Euro pro Tag

Wie die FMA in der Nacht auf Montag mitteilte, darf die Bank "keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen durchführen". Das Moratorium sei bis 1. März, 23:59 Uhr, befristet. Begründet wurde die Maßnahme mit dem drohenden Ausfall der Bank. Auch das Sberbank-Geschäft in Slowenien, Kroatien und Tschechien wurde von der Aufsicht eingeschränkt.

Die einzige Ausnahme vom Zahlungsmoratorium gibt es für Einleger, die zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs maximal 100 Euro pro Tag abheben dürfen, hieß es in einer Aussendung weiter. Zugleich wurde betont, dass Einlagen bis 100.000 Euro weiterhin durch das österreichische Einlagensicherungssystem (ESA) besichert sind. Die FMA handelt dabei im Auftrag der europäischen Abwicklungsbehörde für Banken, des Single Resolution Board (SRB) in Brüssel.

Nach derzeitigem Stand haben laut ESA rund 35.000 deutsche Kunden bei der Sberbank Europe AG gedeckte Einlagen, der Anteil der österreichischen Einleger ist "hingegen unbedeutend". Die deutsche Online-Privatkundenbank Sberbank Direct unterliegt damit auch den österreichischen Bestimmungen zur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung. Mitgliedsinstitute der ESA sind neben der Sberbank Europe unter anderem die BAWAG, Oberbank, UniCredit Bank Austria sowie Institute aus dem Hypo- und Volksbanken-Sektor.

Einlagensicherung

Ein potenzieller Einlagensicherungsfall bei der Europa-Tochter der Sberbank könnte aber alle heimischen Banken treffen. Die Sberbank Europe ist eine von insgesamt noch sechs Banken, die im sogenannten "gesonderten Rechnungskreis" geführt werden. Die ESA ist nach eigenen Angaben zwar für die operative Umsetzung des Entschädigungsverfahrens zuständig, die erforderlichen finanziellen Mittel sind aber von "allen Sicherungseinrichtungen" anteilig aufzubringen sind. "Das bedeutet, dass die finanziellen Mittel für einen allfälligen Einlagensicherungsfall Sberbank Europe AG de facto von allen österreichischen Banken (also inklusive Sparkassengruppe und Raiffeisengruppe) zur Verfügung gestellt werden", hieß es von der ESA.

Konkret sieht das FMA-Moratorium vor, dass alle Zahlungs- und Lieferverpflichtungen der Sberbank Europe AG gegenüber ihren Gläubigern ausgesetzt sind. Diese können auch keine Sicherheitsrechte gegenüber der Bank durchsetzen. Kündigungsrechte von Vertragspartnern der Sberbank Europe AG oder einer Partei eines Vertrags mit der Bank werden ausgesetzt.

Die Maßnahme sei erforderlich, weil die Europäische Zentralbank (EZB) dem SRB angezeigt habe, dass die Bank in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecke und wahrscheinlich ein Ausfall der Bank drohe, hieß es von der FMA. Die Maßnahme diene dem Ziel, die Finanzmarktstabilität in der Bankenunion zu sichern und zu stärken. Sberbank Europe AG ist eine 100-Prozent-Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz stehenden Sberbank in Moskau.

Deutlicher Kundenabfluss in kurzer Zeit

Das Unternehmen betonte in einer Stellungnahme seine Kooperation mit den Aufsichtsbehörden. "Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern", betonte Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi in einer Aussendung. Sie wies darauf hin, dass mehrere Banken der Gruppe "innerhalb sehr kurzer Zeit einen deutlichen Abfluss an Kundeneinlagen" verzeichnet hätten, weswegen teilweise die tägliche Bargeldbehebung eingeschränkt wurde.

Das Moratorium folgt auf den Beschluss von umfassenden Finanzsanktionen gegen Russland wegen seiner Aggression gegen die Ukraine. Nach einem Beschluss vom Samstag wurde Russland etwa vom Bankenkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen. Zudem wurden die Reserven der russischen Zentralbank eingefroren, die sich größtenteils im Euroraum befinden. Das Moratorium verhindert, dass Gelder von der Sberbank Europe AG in Richtung Russland abfließen.

 

Sberbank Europe AG hat eigenen Angaben zufolge 187 Filialen mit 3.800 Mitarbeitern und rund 773.000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65.000 Kunden mit einer Bilanzsummer von 2,2 Mrd. in Deutschland und Österreich. Allerdings gab das Unternehmen erst im November den Verkauf ihrer Balkan-Töchter mit einer Bilanzsumme von 7,3 Milliarden Euro angekündigt. Die Präsenz in Österreich, Deutschland und Tschechien sollte aber beibehalten werden.

Geschäfte in Slowenen und Kroatien eingeschränkt

Die Filialen der slowenischen Sberbank-Tochter bleiben vom Montag bis Mittwoch geschlossen, in beiden Ländern können die Kunden nur begrenzt ihr Geld abheben. In Slowenien ist der Betrieb der russischen Bank vorübergehend auf Kartentransaktionen beschränkt. Die Kunden können pro Tag über maximal 400 Euro verfügen, berichteten die Medien mit Bezug auf die Mitteilung der Bank. In Kroatien sind unterdessen die täglichen Transaktionen auf 7.280 Kuna (963,98 Euro) begrenzt.

Aus der Sberbank in Slowenien hieß es, dass man mit dieser Maßnahme einen übermäßigen Abfluss von Einlagen aus der Bank begrenzen möchte. "Ein plötzlicher hoher Abfluss von Einlagen würde sich noch negativer auf die laufenden Geschäfte der Bank auswirken", hieß es. Die Bank verzeichnete in kürzester Zeit ein erheblicher Abfluss von Kundengeldern. Eine ähnliche Stellungnahme gab es auch von der kroatischen Niederlassung.