EU-Lieferkettengesetz soll Konzerne haftbar machen
Von Martin Meyrath
Auf EU-Ebene wird derzeit über ein Lieferkettengesetz beraten. Die Konsultation endet am kommenden Montag, 8. Februar, ein Entwurf soll im Frühling vorliegen. Ziel des Gesetzes ist die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten sowie Umweltstandards entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das würde zum Beispiel den Einsatz von Kinderarbeit bei Zulieferern betreffen. Mehrere NGOs und Experten befürchten allerdings, dass die Initiative einen zahnlosen Papiertiger hervorbringen könnte.
Wie Rita Kesselring von der Universität Basel erklärt, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten zur Implementierung von Standards: freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaftstreibenden, Gesetze in den Produktionsländern und Gesetze in den Ländern der Konzernsitze.
Die Erfahrung zeige, dass die ersten beiden oft nicht ausreichen. Kesselring plädiert deswegen dafür, Konzerne am Ort ihres Geschäftssitzes gerichtlich haftbar zu machen. Denkbar ist auch eine Ausdehnung nach dem Marktprinzip, um zu verhindern, dass das Problem durch die formelle Verlegung des Hauptsitzes umgangen wird. Das würde bedeuten, dass die Haftung überall dort gilt, wo Waren oder Dienstleistungen angeboten werden.
Damit die Geschädigten ihre Ansprüche geltend machen können, wären internationale Netzwerke, beispielsweise von Gewerkschaften, nötig.
UN-Leitprinzipien
Einen geeigneten normativen Rahmen sieht Markus Krajewski von der Universität Erlangen in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese sind zwar bereits seit 2011 anerkannt, aber nicht rechtlich verbindlich. Sie haben also den Charakter von Empfehlungen.
Einer Regelung im Rahmen von Freihandelsabkommen stehen die Experten skeptisch gegenüber, weil es dadurch zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könnte, insbesondere wenn es sich um bilaterale Verträge handelt.