Wirtschaft

Lockdown: Wirtschaft fordert Hilfe

Nach dem heute Vormittag angekündigten bundesweiten Corona-Lockdown ruft die Wirtschaft nach finanziellen Hilfen. Finanzminister Gernot Blümel und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP) kündigten am späteren Vormittag die Fortsetzung und Verlängerung bereits bekannter Hilfsmaßnahmen an. Corona-Kurzarbeit gilt ohnehin noch bis Jahresende, vertraute Hilfsmaßnahmen vom Ausfallsbonus und Verlustersatz bis zum Härtefallfonds werden bis März 2022 verlängert.

"Historische Katastrophe"

Der Lockdown trifft die heimischen Händler wieder im anlaufenden Weihnachtsgeschäft. "Es ist eine historische Katastrophe", so WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik. Besonders schlimm sei, dass es "vermeidbar gewesen wäre".

Ab 22. November dürfen nur Geschäfte des täglichen Bedarfs für drei Wochen komplett offen halten, bei den anderen Händlern ist nur "Click & Collect" sowie Abholung nach Vorbestellung möglich. Zu den Geschäften des täglichen Bedarfs zählen unter anderem Supermärkte, Drogerien und Apotheken, Postämter und Telekom-Shops.

"Rasch wirkende Wirtschaftshilfen alternativlos"

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf sprachen heute von einer "Vollbremsung vor Weihnachten" und forderten: "Rasch wirkende Wirtschaftshilfen sind jetzt alternativlos. Diese haben sich bereits bewährt und müssen erneut zum Einsatz gebracht werden."

Zur angekündigten Impfpflicht ab Februar 2022 meinte die Wirtschaftskammer-Spitze: "Die Wirtschaft begrüßt jede Maßnahme, die wirksam zur Erhöhung der Impfquote beiträgt. In erster Linie gilt es daher für umfassende Aufklärung quer durch die Bevölkerung und durchdachte Anreize für die Impfung zu sorgen." Schulschließungen wiederum dürften Eltern nicht vor Betreuungsprobleme stellen.

"Trifft Weihnachtsgeschäft zum zweiten Mal"

Bei den anderen Händlern herrsche "große Frustration und Enttäuschung", so der WKÖ-Handelsobmann. "Es trifft uns zum zweiten Mal beim Weihnachtsgeschäft." Es gebe außerdem wieder das Problem der Sortimentsabgrenzung, dass nun Lebensmittelhändler und Drogeriemärkte vermehrt Spielwaren verkaufen würden und Spielwarengeschäfte im Lockdown geschlossen seien.

Wirtschaftskammer und Handelsverband drängen auf umfassende Corona-Wirtschaftshilfen für die Händler. "Ein harter Lockdown im Weihnachtsgeschäft bedeutet, dass wesentliche Teile des stationären österreichischen Handels existenziell gefährdet sind und selbstredend dessen Arbeitsplätze", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung. In der Branche werde es Umsatzverluste von rund 2,7 Mrd. Euro geben, erwartet Will. Der Handelsverband drängt deswegen auf eine Ausweitung des Ausfallsbonus und neue Liquiditätshilfen zur Stabilisierung des Handels.

 

Tourismus: Hart, aber "unausweichlich"

Trotz der schwierigen Situation für den Tourismus durch den Lockdown gibt es auch ein gewisses Verständnis dafür. "Der generelle Lockdown trifft Tourismus und Freizeitwirtschaft genau zum Start von Wintersaison ungebremst und in voller Härte. Er ist aber angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems sowie zur Rettung der Wintersaison wohl unausweichlich", sagt Robert Seeber, Tourismus-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer (WKÖ).

Seeber drängt auf "rasche und unbürokratische Wirtschaftshilfen", um den Betrieben und deren Mitarbeitern in dieser kritischen Phase eine Perspektive zu geben. Die Impfpflicht sei ein Ansatz, um endlich dauerhaft aus dem "Stop-and-Go-Betrieb" auszubrechen.

"Klare Befristung sorgt für Planbarkeit"

Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer, sieht nun zumindest eine Perspektive: "So schmerzlich der neuerliche Lockdown ist: er soll mit 12. Dezember ein fixes Ablaufdatum für Geimpfte und Genesene haben. Diese klare Befristung ist sowohl für Betriebe als auch MitarbeiterInnen und Gäste ein wichtiges Signal und ermöglicht Planbarkeit."

Auch sie drängt auf neue Hilfen. Die Wintersaison hänge nun neuerlich "an einem seidenen Faden", sagt Kraus-Winkler. Die Beschäftigten drohten angesichts der großen Unsicherheit nun endgültig aus der Branche abzuwandern. "Unsere Betriebe brauchen eine einfache, unbürokratische und 100-prozentige Kurzarbeitsbeihilfe ab dem ersten Tag, eine Verlängerung der direkten Zuschussmodelle, eine Verlängerung der Laufzeiten der Überbrückungskredite sowie Maßnahmen zur langfristige Bereinigung der Neuverschuldung", fordert Kraus-Winkler in einer Aussendung.

Reisebüros: "kaum zu verkraftenden Schlag"

Unverständlich sei es, dass kein größerer Fortschritt beim Impfen erzielt wurde. Mit den "immensen Schwierigkeiten in der PCR-Testinfrastruktur" führe dies dazu, dass die Betriebe nun wieder in einen Lockdown geschickt werden, obwohl sie laut der Branchenvertreterin seit der Wiederöffnung im Frühjahr sämtliche Maßnahmen mitgetragen und umgesetzt haben. "Man hinkt, wie schon im vergangenen Jahr, der rasanten Entwicklung bei Inzidenzen und Spitalsbelegungen hinterher. Unverständnis, Frustration und auch Wut beschreiben wohl am besten die Emotionen, die aktuell in der Branche vorherrschen."

Die Reisebüros sehen in Maßnahmen einen "wirtschaftlich kaum zu verkraftenden Schlag", sagt Gregor Kadanka, WKÖ-Obmann der Reisbüros. Schon im Sommer hätten sich die Erwartungen leider nicht erfüllt. Für den Winter habe man vorsichtig mit 2-G geplant, selbst dies treffe nun nicht mehr zu. "Mitten in der normalerweise buchungsstarken Zeit sind unsere Betriebe mit einer Stornowelle konfrontiert. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit deshalb leider wieder am Limit. Die österreichischen Reisebüros und ihre Mitarbeiter brauchen nun dringend Unterstützungsmaßnahmen, sonst geht ihnen sprichwörtlich die Luft aus", fordert Kadanka.

 

Wien-Tourismus: "frustrierende Situation"

"Der vermeidbare, aber jetzt unausweichliche Lockdown bringt Wien, Österreichs zweitwichtigstes Tourismusbundesland, in der Phase schrittweiser Erholung erneut in eine frustrierende Situation." Erholungstendenzen in der Branche seien nun "zunichtegemacht", sagtTourismusdirektor Norbert Kettner. Er verwies darauf, dass der Tourismus in Wien vor Corona bei den tourismusbezogenen Ausgaben bzw. bei der Bruttowertschöpfung im Bundesländervergleich an zweiter Stelle hinter Tirol rangierte.

Anders in Wintersportregionen sei der Städtetourismus in Wien im Winter vor allem vom Vorweihnachtsgeschäft abhängig. "Die Buchungslage vor Weihnachten war vielversprechend, die Erholungstendenzen waren klar erkennbar." In den Monaten August und September erreichte Wien laut Kettner bereits wieder die Hälfte des Nächtigungsniveaus von 2019 - im Oktober schon 60 Prozent.

Gastro: Kritik an "Versäumnissen der letzten Monate"

Mit viel Frustration reagiert der Gastronomie-Obmann in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, auf den nun verhängten Lockdown. "Leider ist nun das eingetreten, was viele Experten bereits seit langem prophezeit haben. Wir alle müssen nun den Preis für die Versäumnisse der letzten Monate zahlen", so Pulker am Freitag. Die Gastronomie werde durch diese neuerliche "Vollbremsung kurz vor Weihnachten" wieder einmal in ganz besonderer Weise getroffen.

Man wisse aber, dass die nun verkündeten Maßnahmen "alternativlos" seien. "Die Branche trägt diese wohl oder übel mit, wenngleich bei vielen Wirten Enttäuschung, Frust, aber auch Wut vorherrschen", schildert Pulker. Um endlich einmal aus dieser Krise zu kommen, müsse die Impfquote rasch gehoben werden, "damit wir endlich dorthin kommen, wo viele europäische Länder bereits jetzt sind", fordert Pulker am Freitag.

Impfpflicht wird begrüßt

"Ich begrüße ausdrücklich, dass sich die Bundesregierung nun doch zu einer allgemeinen Impfpflicht durchgerungen hat und erinnere daran, dass ich dies bereits im Sommer als notwendige Maßnahme vorgeschlagen habe. Wir können die Pandemie nur überwinden, wenn alle an einem Strang ziehen. Die Impfung ist der einzige Weg aus der Pandemie", schließt der Gastronomie-Obmann.