Nahostkonflikt führt zu steilem Anstieg des Gaspreises
Von Martin Meyrath
Die aktuelle Eskalation im Nahostkonflikt wirkt sich auch am Gasmarkt aus. Der für Europa wegweisende Börsenpreis (TTF) ist am Montag um 15 Prozent gestiegen. Am Dienstag setzte sich der Trend fort, der Kurs kratzte an der Marke von 50 Euro je Megawattstunde.
Hintergrund ist, dass Israel die Förderung im Tamar-Gasfeld vorübergehend untersagt hat. Ein Teil der dortigen Produktion erreicht für gewöhnlich den europäischen Markt.
In Europa sind die Gasspeicher für den Winter zwar gut gefüllt (EU-weit zu 97 Prozent), da die EU aber nur 30 Prozent ihres Jahresbedarfs einspeichern kann, ist sie trotzdem auf laufende Importe angewiesen. Sollte sich der Anstieg im Großhandel verfestigen, ist das also eine schlechte Nachricht für Europa.
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Noch vor zwei Jahren galt Gas Vielen als wichtige Brücke zur Energiewende, denn es verbrennt sauberer als andere fossile Energieträger. Der Wind hat sich jedoch gedreht, konstatiert die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrer Mittelfristprognose: Das "goldene Jahrzehnt" des Energieträgers war demnach von 2011 bis 2021.
Der weltweite Verbrauch ist in dieser Zeit um ein Viertel angestiegen. Das entspricht 40 Prozent des Zuwachses des weltweiten Primärenergieverbrauchs, ein größerer Anteil als bei allen anderen Treibstoffen. Ausschlaggebend dafür: Gas war vergleichsweise verfügbar, billiger und umweltfreundlicher als andere fossile Energieträger.
Die Kehrtwende kam mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Höhere Preise, teils weniger Nachfrage und ein Imageschaden, auch was die Zuverlässigkeit betrifft. In Europa kommt es seitdem durch einen beschleunigten Ökostrom-Ausbau, zu einer schnelleren Abkehr von Gas.
Mehr Verbrauch in China
Der weltweite Verbrauch nahm 2022 um 1,5 Prozent ab, das entspricht etwa dem Rückgang in Folge der Finanzkrise 2008 oder auch der Corona-Pandemie. Im laufenden Jahr wird er voraussichtlich stabil bleiben und insgesamt langsamer ansteigen, bis 2026 um etwa 1,6 Prozent pro Jahr. Die Nachfrage steigt vor allem in Afrika, dem Nahen Osten, und Teilen Asiens, während sie in Europa und Nordamerika sinken dürfte. Etwa die Hälfte des Verbrauchsanstiegs dürfte alleine auf China entfallen.
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Nach ihrer Blütezeit zwischen 2011 und 2021 sind die weltweiten Gasmärkte in eine neue und unsicherere Periode eingetreten, die wahrscheinlich durch langsameres Wachstum und höhere Volatilität gekennzeichnet sein wird.
IEA-Direktor für Energiemärkte und Sicherheit
Der niedrigere Verbrauch in Europa (im laufenden Jahr um 9 Prozent) liegt laut IEA vor allem daran, dass nach dem teilweisen Wegfall von russischem Erdgas auf alternative Energiequellen umgestellt wurde. Allerdings dürfte auch das vergleichsweise milde Wetter im Winter beigetragen haben. In den kommenden Jahren soll der Erneuerbaren-Ausbau zu einem deutlichen Rückgang der Gasverstromung führen.
Investitionen in Flüssiggas
Viele Akteure investieren bereits seit Jahren in den Ausbau ihrer LNG-Infrastruktur, mehrere große Projekte werden aber erst nach 2025 fertiggestellt. Bis 2026 soll die verfügbare LNG-Menge um 25 Prozent steigen, die Hälfte davon kommt alleine aus den USA, wo die Produktion insbesondere von Fracking-Gas deutlich zunimmt. Der US-Anteil am Weltmarkt würde damit von 20 auf 30 Prozent ansteigen. Mit weniger Pipeline- und mehr Flüssiggas wird der Gas-Markt globalisierter.
Das bedeutet auch, dass die Preise zunehmend global gebildet werden bzw. sich angleichen. In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres waren die Preise in Europa und Asien um 60 bis 70 Prozent unter dem Rekordniveau des Vorjahres. Sie sind aber höher als vor der Energiekrise und werden es laut Prognose der IEA mittelfristig auch bleiben.