Wirtschaft

Emporia-Chefin fordert Digitalisierungs-Offensive für Senioren

Die deutsche Bundesregierung wollte alles richtig machen und ihre Corona-Warn-App am Smartphone flächendeckend ausrollen. Nur so ergebe sie Sinn, hieß es. Kleiner Haken: 13 Millionen Deutsche über 65 Jahre, ausgerechnet die größte Risikogruppe für Covid-19, besitzen gar kein Smartphone. Die Pensionistenverbände schlugen daraufhin Alarm und forderten vom Bund eine Digitalisierungsoffensive samt Smartphone-Förderung.

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In Österreich erreicht die vom Roten Kreuz beworbene „Stopp-Corona-App“ allein mangels Endgerät 1,2 Millionen Menschen der Covid-Risikogruppe 65 plus nicht. „Ist die App nur für Junge? Auf die Älteren ohne Smartphone wurde offenbar vergessen“, wundert sich Eveline Pupeter, Chefin des Linzer Handyherstellers Emporia. Von der Idee, die Stopp-Corona-App über Schlüsselanhänger an Ältere zu verteilen, hält sie nichts. „Die piepsen dann bei jedem Kontakt in der U-Bahn. Schrecklich.“

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Seit Jahren weist Pupeter darauf hin, ältere Menschen bei der Digitalisierung nicht einfach abzuhängen und ihnen den Zugang zum Smartphone zu ermöglichen. „Durch die Corona-Krise ist die Problematik in den Köpfen der Menschen angekommen und die Defizite werden jetzt sichtbarer“, meint sie. Viele Ältere würden vereinsamen, wenn sie nicht mehr mobil wären oder durch eine Pandemie das Haus nicht verlassen könnten. Alltägliche Dinge wie Bankgeschäfte oder Einkaufen seien bald ohne Smartphone unmöglich.

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Digitale Spaltung

Die Emporia-Chefin fürchtet, dass ohne Gegensteuern des Staates die digitale Kluft zwischen den Generationen noch größer wird. So seien während des Corona-Lockdowns zwar sehr rasch Notebooks und Tablets an Schüler verteilt worden, die Bewohner in Seniorenheimen gingen aber leer aus. „In einigen Seniorenheimen gibt es gerade einmal ein Tablet, wo sich dann alle anstellen müssen, um mit ihren Lieben zu kommunizieren“, schildert Pupeter. Sie wünscht sich daher von der Regierung eine „Digitalisierungs-Offensive für Senioren“. Freilich nicht ohne Eigennutz, denn die Linzer haben sich auf einfach bedienbare Tastenhandys und Smartphones spezialisiert.

Förderaktionen

Auf regionaler Ebene ist der heimische Anbieter selbst aktiv geworden. Derzeit gebe es Gespräche mit der Stadt Linz, 10.000 Smartphones zum Selbstkostenpreis an Senioren zu verteilen und Schulungen anzubieten, berichtet Pupeter. Über die Pensionistenverbände werden weiters eigene Smartphone-Botschafter ausgebildet, die in den Gemeinden als Ansprechpartner fungieren. „Viele Ältere scheuen den Umstieg vom Tastenhandy aufs Smartphone, weil es ihnen peinlich ist, Kinder oder Enkel zu fragen.“ Der Schulungsbedarf sei groß.

Emporia Telecom wurde 1991 in Linz gegründet und entwickelte zunächst Festnetztelefone, später Tastenhandys und Smartphones. Die Endgeräte werden in Linz von 105 Mitarbeitern entwickelt und designt und  in China gefertigt. Im Vorjahr wurden 600.000 Geräte verkauft. 

Alleineigentümerin Eveline Pupeter (58) stieg 2003 bei Emporia ein. Zuvor war die studierte Betriebswirtin und  
Wirtschaftspädagogin  als  Managerin beim Oberösterreichischen Landesverlag tätig.

Emporia Telecom ist eine von nur noch wenigen Alternativen zu den drei großen Herstellern Samsung, Apple und Huawei und kommt in Österreich auf einen Handy-Marktanteil von 7,5 Prozent. Entwickelt und designt werden die Endgeräte in Linz, gefertigt in Shenzhen in China. Eine Fertigung in Europa würde Pupeter zwar begrüßen, sie sei aber „Wunschdenken“.

Erhältlich sind die Endgeräte in 30 Ländern, Kernmärkte sind Österreich, Schweiz und Deutschland. In Deutschland nahm Netzbetreiber O2 Emporia ins Sortiment auf, auch bei der Deutschen Telekom sind sie gelistet. Zäher verläuft der Markteintritt in Großbritannien.

100 Millionen Euro Umsatz angepeilt

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/20 (per Ende Juni) setzte das Unternehmen mit 105 Mitarbeitern 33 Mio. Euro um. Ergebniszahlen werden keine genannt. Wegen des Corona-Lockdowns wurden zunächst weniger Handys verkauft, danach habe die Nachfrage aber stark angezogen. Bis 2023 will Pupeter die 100-Millionen-Umsatzgrenze knacken. Die Zahl der verkauften Endgeräte soll sich von 600.000 auf 1,2 Mio. verdoppeln, davon die Hälfte Smartphones.