Wirtschaft

Herausforderung für 74.000 Beschäftigte: Elektroindustrie in der Krise

Das vergangene Jahr war für die Elektro- und Elektronikindustrie sehr herausfordernd. Aufgrund der Trends in den vergangenen Jahren sei das schon absehbar gewesen, heißt es bei einer Pressekonferenz des Fachverbands FEEI. Nun befindet man sich in einer schwierigen Lage, mit zurückgehenden Aufträgen, sinkenden Umsätzen, geringen Investitionen und schwierigen Rahmenbedingungen, wie hohen Energie- und Lohnkosten, sowie überfordernder Bürokratie.

"Die Problematik ist durchaus 'challenging'"

"Ich möchte nichts ins Raunzen abgleiten, aber die Problematik, in der sich unsere Unternehmen bewegen, ist durchaus 'challenging'", sagt FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun. Die Elektro- und Elektronikindustrie beschäftigt in Österreich 74.000 Menschen und zählt zu den größten Branchen des Landes. Die allgemein trübe Wirtschaftslage wirke sich stark aus, weil Elektronik in so gut wie allen Wirtschaftsbereichen stecke.

"Wenn die Baubranche etwa schwächelt, dann werden weniger Transformatoren oder Elektroinstallationen benötigt. Das sind Auswirkungen, die aus allen Branchen hereinschneien", sagt Hesoun. Nicht nur Entwicklungen in der Industrie, auch der private Konsum wirke sich aus, und der "explodiert gerade auch nicht".

1.500 Arbeitsplätze heuer abgebaut

2023 hat die Elektro- und Elektronikindustrie noch eine Produktionssteigerung von 5 Prozent verzeichnet, allerdings bereits einen Rückgang bei Auftragseingängen um 4,8 Prozent. Die Zahl der Angestellten konnte gehalten werden. Heuer allerdings gibt es ein Minus in der Produktion von 6,5 Prozent, mit Stand Mai gab es um 11 Prozent weniger Aufträge. 1.500 Arbeitsplätze mussten abgebaut werden. "Es gibt kein einziges positives Zeichen, das auf eine Trendumkehr schließen lässt", sagt FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch.

Schwierig, verlorene Aufträge zurückzuholen

Für die nächsten Jahre sei keine Verbesserung zu erwarten. Verlorene Aufträge zurückzuholen, sei für Unternehmen immer mit Margenrückgängen verbunden, sagt Hesoun. "Wir habens zwar bisher immer noch geschafft, aber für österreichische Betriebe ist das eine sehr ambitionierte Aufgabenstellung." Für Investitionen in Forschung und Entwicklung bleibe wenig Geld, was die Wettbewerbsfähigkeit senke. Österreich habe zwar ein gutes Fördersystem, aber manchen Unternehmen müsste man noch mehr unter die Arme greifen.

Hohe Energiepreise

Es gebe einige Faktoren, die die triste Lage noch verschärfen. Österreich habe hohe Standortkosten, u.a. wegen der gestiegenen Energiepreise. Die heimische Wirtschaft sei überdurchschnittlich vom Gaspreis abhängig. Das müsse nicht so sein, sagt Hesoun: "Da gibts Regulative, über die man nachdenken sollte." Damit gemeint sein könnte etwa das Merit-Order-Prinzip auf dem Strommarkt, das Preise oft an relativ teure Gaskraftwerke anpasst.

Hohe Inflation

Ein weiterer herausfordernder Faktor sei die Anpassung von Kollektivvertragslöhnen an die Inflation, die in Österreich höher als im Rest Europas ausgefallen ist. "Das hat uns in eine Position gebracht, die uns im europäischen Wettbewerb massiv belastet. Unsere Kosten sind höher als jene in Deutschland, Italien oder den Niederlanden, wo unsere direkte Konkurrenz daheim ist." Bekrittelt wird auch die heimische Bürokratie: "Betriebe sind überlastet mit dem Dokumentieren. Es ist mühsam und kostenintensiv."

Fachkräftemangel

Ein Dauerbrenner bei Problemen für die heimische Wirtschaft betrifft die Elektro- und Elektronikindustrie ebenfalls: Der Fachkräftemangel. "Wir gehen davon aus, dass uns bis 2030 rund 22.000 Fachkräfte fehlen werden", sagt Mitsch. Es sei daher wichtig, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen, aber auch Bedingungen für motivierte Personen zu verbessern, v.a. für Frauen. Gefordert werden etwa mehr Kinderbetreuungsplätze.

Mittelfristig schaut es besser aus

Positiv gelaufen sei eine Kampagne für Lehrlinge. Hier konnte man 6 Prozent mehr Nachwuchskräfte gewinnen. Doch wie passt das für die Kampagne gewählte Motto "Join the Future" mit der trüben Aussicht auf die nächsten Jahre zusammen? "Mittelfristig gehen wir schon davon aus, dass es besser wird", sagt Mitsch. "Aber es wird noch dauern, und drei Jahre Flaute sind für viele Betriebe schon existenzgefährdend."