Bekannte deutsche Schuhhandelskette wird zum Sanierungsfall
Dieses Unternehmen wurde ursprünglich im Jahr 1875 aus der Taufe gehoben und das erste Geschäft hatte gerade einmal 14 Quadratmeter Fläche. Nach 147 Jahren hat sich der deutsche Schuhhändler Görtz finanziell überhoben und ist jetzt zum Sanierungsfall geworden. Die Muttergesellschaft Ludwig Görtz GmbH habe ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Für zwei Töchter wurde zudem ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Der Geschäftsbetrieb in den Filialen, der Zentrale in Hamburg und den beiden Zentrallagern läuft der Mitteilung zufolge uneingeschränkt weiter. "Alle Stores haben geöffnet", hieß es.
Die Löhne und Gehälter der rund 1.800 Beschäftigten für September, Oktober und November seien durch die Bundesagentur für Arbeit gesichert. "Ab Dezember 2022 wird Görtz die Löhne und Gehälter wieder aus eigenen Mitteln zahlen." Begründet wird die aktuelle Entwicklung mit dem Ukraine-Krieg, der hohen Inflation und steigenden Energiepreisen, die zu "enormer Kaufzurückhaltung in den Filialen und im Onlinegeschäft" geführt hätten.
Im Einzelnen sind die Muttergesellschaft sowie die Tochterunternehmen Görtz Retail GmbH und Görtz Logistik GmbH betroffen. Das Unternehmen betreibt rund 160 Filialen in 100 Städten in Deutschland und Österreich. Görtz führt mehr als 200 ausgewählte Top-Marken wie Liebeskind und Paul Green, Converse und Dr. Martens, Birkenstock, Adidas Originals und Vagabond.
Als vorläufigen Sachwalter setzte das für Insolvenzfälle zuständige Amtsgericht Hamburg den Hamburger Anwalt und Sanierungsexperten Sven-Holger Undritz von der der Restrukturierungs- und Insolvenzrechtskanzlei White & Case ein. Ein Gerichtssprecher bestätigte die Eröffnung der drei vorläufigen Verfahren.
Management bleibt
Bei dem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine Spezialform zur Sanierung des Unternehmens in Eigenverwaltung, bei dem das bisherige Management die Geschicke des Unternehmens in der Hand behält. Die Geschäftsführung um den Chef Frank Revermann und den Finanzchef Tobias Volgmann (CFO) bleibt im Amt, der Sachwalter führt die Aufsicht.
Mit den gerichtlichen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung wolle sich die Görtz-Gruppe "konsequent restrukturieren und zukunftssicher aufstellen", heißt es in der Mitteilung weiter. Die Geschäftsführung wolle in den kommenden drei Monaten einen Sanierungsplan erarbeiten. "Wenn die Gläubiger diesem Plan zustimmen und das Gericht ihn bestätigt, wird der Erhalt und die nachhaltige Fortführung von Görtz gesichert." Görtz sei "eine starke und bekannte Marke, die weiterhin viel Potenzial in sich trägt".
Görtz in Zahlen
Indes wird bei der Ludwig Görtz GmbH (Einzelabschluss) im Jahr 2020 der Jahresfehlbetrag laut Creditreform mit 35,528 Millionen Euro beziffert und der Bilanzverlust mit 35,561 Millionen Euro. Das Fremdkapital wird mit 59,458 Millionen Euro ausgewiesen, davon entfallen 30,559 Millionen Euro auf Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten. Das bereinigte Eigenkapital beträgt minus 6,792 Millionen Euro. Das Anlagevermögen wird mit 10,036 Millionen Euro beziffert und das Umlaufvermögen mit 42,629 Millionen Euro.
Der Görtz-Konzern setzte im Jahr 2020 mit 2470 Mitarbeitern laut Creditreform 198,868 Millionen Euro um, im Jahr davor waren es noch 254.835 Millionen Euro. Er weist ein Fremdkapital in Höhe von 81,930 Millionen Euro aus. Das Betriebsergebnis betrug minus 36,844 Millionen Euro, der Jahresfehlbetrag laut Creditreform 36,336 Millionen Euro und die Verbindlichkeiten bei Banken mit 30,532 Millionen Euro. Das Eigenkapital wird mit 6,130 Millionen Euro ausgewiesen. Das Umlaufvermögen wird mit 80,334 Millionen Euro angeführt und die Sachanlagen mit 7,726 Millionen Euro.
Laut Creditreform hat Ludwig Görtz GmbH im Wege der Ausgliederung Teile ihres Vermögens als Gesamtheit auf die Goertz shoes GmbH, Hamburg, die Görtz GmbH, Hamburg und Görtz 17 GmbH, Hamburg, übertragen.