Wirtschaft

Betriebsversammlungen bei der Bahn: Zugverspätungen nicht ausgeschlossen

Bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die 50.000 Eisenbahner ist noch nichts auf Schiene. Verhandelt wurde zuletzt am 4. Oktober ohne Ergebnis, der nächste Termin ist mit 3. November angesetzt. Das ist der Eisenbahner-Gewerkschaft vida aber zu spät. In einem Brief vom Freitag an Thomas Scheiber, den Chefverhandler des Fachverbands der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer, wird den Arbeitgebern deutlich ans Herz gelegt, kurzfristig an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

„Wir fordern Sie daher noch einmal auf, einen zeitnahen Termin zu nennen“, heißt es in dem Brief, der dem KURIER vorliegt. „Den Beschäftigten der Bahnen läuft die Zeit davon und als Sozialpartner ist es unser Auftrag, schnellstmöglich einen sinnvollen und gerechten Abschluss zu suchen.“

500 Euro brutto im Monat

Die vida fordert diesmal eine fixe Erhöhung des Kollektivvertrags um 500 Euro brutto im Monat, eine Erhöhung der Zulagen um die Durchschnittsinflation der vergangenen zwölf Monate und 250 Euro mehr im Monat für die Lehrlinge. Die Arbeitgeberseite habe bisher aber nur eine Inflationsabgeltung in Höhe von sieben Prozent geboten und soll „Verhandlungen über einen fixen Euro-Betrag verweigern“. Das stößt der Gewerkschaft sauer auf. Sie bezeichnet das Arbeitgeber-Angebot „als Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten“.

Zugleich untermauert sie ihre Forderung mit einem Beispiel: Ein 40-Stunden-Job im Nachtzug bringt aktuell 1.356 Euro netto. Das sei ein Gehalt unter der Armutsschwelle (1.371 Euro). Mit solchen Löhnen können laut Gewerkschaft die dringend benötigten Arbeitskräfte für die heimische Eisenbahnbranche nicht gewonnen werden.

Beeinträchtigungen im Zugverkehr?

Wie beim fliegenden Personal der AUA und den Metallern werden auch die Eisenbahner Betriebsversammlungen abhalten: am 25. Oktober in Wien und Tirol sowie vom 2. November bis 7. November in den anderen Bundesländern. Diese sollen „unter großem Bedacht auf unsere Fahrgäste“ abgewickelt werden. Beeinträchtigungen im Zugverkehr, insbesondere in der Zeit von 2. bis 7. November, kann die Gewerkschaft aber nicht ausschließen.

Ergebnis der Betriebsversammlungen abwarten

Indes geht Arbeitgebervertreter Thomas Scheiber davon aus, dass die Betriebsversammlungen den Eisenbahnbetrieb nicht stören werden. Doch vom Brief der Gewerkschaft vida ist er gar nicht angetan. „Wir haben den dritten November als Verhandlungstermin angeboten. Wir wollten das Ergebnis der Betriebsversammlungen abwarten“, sagt Scheiber zum KURIER. „Auf Forderungen zu beharren, vor dem Hintergrund von Ultimaten, halte ich für nicht zweckdienlich, um Lösungen zu finden.“

Wechselseitiges Verständnis

Es gebe viele Fragen zu den Rahmenbedingungen, die man klären muss, bevor man in Verhandlungen trete. „Verhandlungen bedeuten wechselseitiges Verständnis für die gegenseitigen Argumente und daraus eine Schnittmenge zu finden.“

Er wirft der Gewerkschaft vor, nur Forderungen, aber keinen Lösungsansatz vorgelegt zu haben. „Der Termin ist nicht das Entscheidende, sondern der Inhalt“, sagt der Sprecher der Schienenbahnen. „Unser Kollektivvertrag endet mit Ende November. Bis dahin haben wir noch ausreichend Zeit, um einen inhaltlichen Abschluss zu erarbeiten.“

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11,65 Prozent

Die Beschäftigtenvertreter der ÖBB-Tochter Postbus (3.800 Mitarbeiter) fordern eine KV-Erhöhung um 11,65 Prozent und einen Sockelbetrag von 300 Euro. Postbus-Betriebsratschef Robert Wurm kritisiert, dass der Betrieb nur mit hohen Überstunden-Leistungen der Mitarbeiter „am Laufen gehalten“ werden könne. Die Belegschaftsvertreter der A1 Telekom Austria (10.000 Mitarbeiter) fordern eine KV-Erhöhung von 10,6 Prozent und berufen sich dabei auf das Rekordergebnis von A1.