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Keinen Bock auf Liebe: Hilfe, ich habe ein Dating-Burnout!

"Here we go again", murmle ich, während ich meine Sneakers anziehe. Ein letzter Blick in den Spiegel, meine Tasche ist gepackt, der Treffpunkt ausgemacht. Es ist mein zweites Date in einer Woche – der Klassiker: "Was trinken gehen".

"Mal sehen, wer wen diesmal abserviert", texte ich meinem besten Freund, der aufgeregter ist als ich, weil ich auf ein Date gehe. Wobei "Date" auch eine Fehlbezeichnung ist. Nachdem ich über eineinhalb Jahre lang auf Dating-Apps unterwegs war, habe ich aufgehört, meine Treffen mit potenziellen Partnern als solche zu bezeichnen. Ich denke, dass ich mir damit selbst den "Druck" herausnehmen wollte, doch hat es mir wirklich was gebracht? 

Unkontrolliertes Swipen war mein Overkill

Kurze Zeit später sitze ich mitsamt Aperol Spritz mit meinem Match J. in einer Bar und merke schon nach einer Stunde: "Des vibet ned". Ich beende das Treffen wieder – es war nett, wie viele andere Verabredungen zuvor, doch das war's auch schon. 

Daten war in letzter Zeit mehr ein Hobby für mich statt ein aufregendes Ereignis und es ist alarmierend, so etwas zu behaupten. Auf Verabredungen zu gehen, sollte eigentlich Spaß machen, man sollte aufgeregt und nervös sein, bevor man eine neue Person trifft und sie kennenlernt. Und obwohl ich meine Freunde und Freundinnen mit meinen Storys immer sehr unterhalte, habe ich von dieser Euphorie in letzter Zeit einfach nichts mehr gespürt. 

Ich habe jedes Mal versucht, mich bei den Treffen absolut auf mein Match zu konzentrieren, ihm eine Chance zu geben und mich darauf einzulassen. Doch häufig war es oftmals ein Fehlgriff, der von beiden Seiten so wahrgenommen wurde. Durch die Übersättigung des Dating-Marktes ist es unglaublich schwierig, interessant zu bleiben. Dass man plötzlich als Match gelöscht wird oder nach nur einem Date nie wieder etwas vom Gegenüber hört, ist leider Usus. 

Daten auf dem Fließband war die Devise, denn wer nicht sofort überzeugt, wird abserviert.

Ein Match auf den Apps zu bekommen, war für mich schon schwer genug – denn das unkontrollierte Swipen hat bei mir Überhand gewonnen. Ein Match musste für mich das "Gewisse etwas" haben, das mir sofort ins Auge springt. Was unfair ist. Denn ein paar Sekunden sind einfach nicht genug, um jemanden zu überzeugen oder genug von sich selbst preiszugeben. 

Ich denke, dass ich oft potenzielle Partner nach links gewischt (also abgelehnt) habe, die es vermutlich absolut wert gewesen wären, sie kennenzulernen. Doch durch die Nutzung von mehrere Dating-Apps und der dadurch einkehrenden "Betriebsblindheit" habe ich manchmal wild herumgewischt, ohne mir die Profile der Singles wirklich anzusehen. 

Dabei sollte eines klar sein: Nutzer und Nutzerinnen auf Dating-Apps sind so viel mehr als nur ein paar Fotos und Floskeln in ihren Online-Profilen.

Leide ich unter Dating-Burnout? 

Swipen wurde zur Routine, Texten zu einer Bürde und viele Dates führten von einer Ernüchterung zur nächsten. Also fasste ich mir endlich ein Herz und löschte sämtliche Apps von meinem Handy. Anfangs dachte ich mir, dass mir die Anwendungen fehlen werden, doch bereits nach einem Tag merkte ich, dass es mir einen gewissen Ballast genommen hatte. Ich habe nicht mehr das Bedürfnis, herumzuswipen, inhaltslose Floskeln zu texten oder Verabredungen auszumachen. 

Doch obwohl ich nun frei von Dating-Apps bin, fühle ich mich unglaublich müde. Habe ich etwa einen Dating-Burnout? 

Das Phänomen ist weiter verbreitet als gedacht, die Dating-App Bumble hat sogar die Option, dass man sein Profil kurzzeitig "pausiert", wenn man von einem Dating-Burnout betroffen ist. Die Frustration, keine:n potenzielle:n Parnter:in zu finden, kann auf Dauer sehr demotivierend und enttäuschend sein.

Ein (Dating-)Burnout äußert sich laut "Metro" nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Man fühlt sich gereizt, gestresst und ausgelaugt. Das kann auch durch die übermäßige Nutzung von Apps herbeigeführt werden. 

Laut der Arbeits- und Mental-Health-Expertin Paula Allen könnten folgende Anzeichen darauf hindeuten, dass Sie in ein "Dating-Burnout" schlittern: 

  • Sie fühlen sich ständig müde, egal wie viel Sie schlafen
  • Sie denken und sprechen zynisch über Ihr Liebesleben (und über sich selbst)
  • Sie sind ungeduldig (beispielsweise in Bezug auf deine Matches, Dates oder Erwartungen)
  • Sie vergessen häufig Dinge
  • Sie haben eine negative Einstellung 
  • Selbst kleine Entscheidungen überfordern Sie
  • Sie können sich nicht richtig entspannen

Wer sich laut der Expertin so bei seinen Verabredungen fühlt, sollte über sein Dating-Verhalten nachdenken. "Erwartungen sind die Wurzel aller Frustrationen. Wenn Sie also flexibel an Verabredungen herangehen können, werden Sie erfolgreicher sein", erklärte Allen, die gegenüber "Metro" betonte, dass man seine Grenzen kennen sollte. "Sie müssen die Partnersuche nicht zu einem Job machen. Wenn Sie wissen, dass es Ihnen Spaß macht, die App für kürzere Zeiträume zu nutzen, dann nehmen Sie sich 15 Minuten pro Tag und hören Sie danach wieder auf."

Dating-Pause ... und nun? 

Nachdem einige Anzeichen des Dating-Burnouts auf mich zutreffen, bin ich mir sicher, dass ich mit der Löschung der Liebes-Apps den richtigen Schritt getan habe. Denn es ist nicht nur mir selbst, sondern auch meinen Matches gegenüber unfair, wenn ich nicht ganz bei der Sache bin. Ich gröhle "Me, Myself and I" zum 32. Mal bei einem Glas Rosé in meiner Küche und frage mich: "Was mache ich jetzt?"

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Dating nimmt mehr Zeit in Anspruch, als man glaubt und ohne stetiges Swipen oder Bereitmachen für Verabredungen hat man doch tatsächlich die Möglichkeit, einige andere Dinge zu tun. Life-Coach Carmen Parks rät gegenüber "Bustle", dass man die "gewonnene" Zeit für neue Aktivitäten nutzen kann.

Die Expertin rät: 

  • Lernen Sie jeden Tag etwas Neues
  • Führen Sie sich selbst auf ein (Dinner-)Date aus
  • Meditieren Sie
  • Etablieren Sie eine neue Morgenroutine 
  • Verreisen Sie allein oder mit einem Freund oder einer Freundin

Für immer Single? 

Im Endeffekt muss ich mir eingestehen, dass es nichts Verwerfliches ist, Single und "inaktiv" zu sein. Ich muss mich nicht zu Dates schleppen, nur weil ich allein bin (wohlgemerkt: allein bedeutet nicht automatisch "einsam"!). Und es ist auch vollkommen okay, wenn ich im Moment keine Lust darauf habe. Ich werde mich jetzt einfach auf mich selbst konzentrieren, mich selbst zu Verabredungen ausführen und die coolste Gentlewoman sein, die es gibt. 

Ich will besonders Online-Dating nicht in den Dreck ziehen, weil es viele Möglichkeiten schafft, Menschen außerhalb der gewohnten sozialen "Bubble" kennenzulernen. Und einige Verabredungen, die ich hatte, möchte ich einfach nicht missen. Dennoch ist das Gefühl des "Austauschbarseins" nicht gerade angenehm und so wundert es mich nicht, dass man nach einiger Zeit einfach "abstumpft". 

Ich bin mir sicher, dass wir alle eine:n Seelenverwandte;n da draußen haben und früher oder später werden wir ihn/sie auch finden. Man sollte dabei vor allem eines nicht vergessen: Eine Liebesbeziehung ist definitiv eine Bereicherung, aber keine Notwendigkeit!

Wer weiß, vielleicht werde ich in Zukunft wirklich im Real Life jemanden kennenlernen. Möglicherweise sollte ich auch einfach mal den süßen IT-Typen in meinem Büro ansprechen ... ganz ohne Bildschirm vor meiner Nase.