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Der US-Bürgerkrieg

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Der Süden ist "anders"

Wer durch den Süden der USA reist, dem flattert sie allerorten vor der Nase herum, die Flagge der Konföderation: Im Heckfenster mächtiger Pick-Up-Trucks, über den Eingängen von Bars oder in Vorgärten. Fragt man die Besitzer, wofür diese Flagge heute noch stehe, hört man lakonische Kommentare wie: "Im Süden sehen wir die Dinge ein bisschen anders."

Das hört sich vordergründig wie robuster Lokalpatriotismus an, enthält aber oft tiefsitzende Resignation. Dieses Gefühl , irgendwann in die zweite Reihe gestellt worden zu sein und dort bis heute zu stehen, prägt vor allem die ärmeren Weißen im Süden. Dass die da oben im Leben von uns da unten viel zu viel mitzureden hätten, hat sich bei vielen zur grundlegenden Überzeugung verhärtet.

Dominanz des Nordens

Es ist die Überzeugung, die viele in den Südstaaten Generationen zuvor aus dem verlorenen Bürgerkrieg mitgenommen hatten. Natürlich ist in jedem US-Schulbuch der Konflikt um die Sklaverei als Ursache des Krieges angeführt, doch in vielen Köpfen hatte sich etwas ganz anderes festgesetzt. Kämpfte der Süden nicht vor allem gegen die wachsende Dominanz des Nordens? Gegen eine immer mächtigere Zentralregierung, die den Bundesstaaten ihre Eigenständigkeit nahm, ihnen Regeln und Gesetze aufbürdete, die nicht zum Leben im Süden passte. Das Misstrauen gegen Washington, gegen die bürokratischen "Yankees" (also "Nordstaatler") aus der Hauptstadt, sitzt im Süden seit den Zeiten des Bürgerkriegs besonders tief. Nicht umsonst hat die rechtskonservative T-Party-Bewegung hier die meisten Unterstützer. In ihrem Kampf gegen Washington schwingt genau dieses alte Leitmotiv des Südens mit.

"The lost cause"

Ein Leitmotiv, das sehr rasch nach dem Ende des Krieges dominant werden sollte. Sklaven hatten die allermeisten, die da zu Hunderttausenden auf den Schlachtfeldern geblieben waren, ihre Familien, in denen jetzt Väter und Brüder fehlten, nie besessen. Jeder dritte junge Mann in den Südstaaten war in diesem blutigen Gemetzel umgekommen. Wer wollte sich da eingestehen, dass die alle für die Beibehaltung der Sklaverei gestorben waren.

"The lost cause", also sinngemäß "das verlorene Anliegen" nennt man bis heute die Grundstimmung, die sich in Folge des verlorenen Krieges durchsetzte. Der "alte Süden" wurde verklärt als ein Land, in dem Menschen mit nobler Geisteshaltung in Würde miteinander verkehrten, in der – soweit ging die Verkitschung tatsächlich – selbst die Sklaven ihre Heimat fanden. Und dieses friedliche Leben sei vom übermächtigen, unmenschlichen Industriekapitalismus des Nordens überrollt worden. Nicht nur durch die unsterbliche Schmonzette "Vom Winde verweht" schwingt diese Stimmung, in unzähligen Filmen, Romanen, sogar pseudohistorischen Sachbüchern wurde sie eifrig ausgeschmückt. Dass fast alle Historiker das längst als falsches Geschichtsverständnis abtun, ändert am Gefühl nichts. Bis weit ins 20. Jahrhundert litt der Süden an den Folgen des Krieges, am Untergang der allein von der Sklaverei getragenen Plantagenwirtschaft. Da tat eine Ausrede, die all dem zumindest einen noblen Grund gab, gut. Sie wirkt bis heute nach.