Das war das Sport-Jahr 2014
Das Sportjahr 2014 war erst etwas mehr als ein Monat alt, als es schon das erste absolute Highlight zu bieten hatte - die 22. Olympischen Winterspiele in der russischen Küstenstadt Sotschi am Schwarzen Meer. T-Shirt statt Pelzhaube, Sonnencreme statt Schuhwärmer, Palmen statt Eiszapfen, Frühlingsgefühle statt Winterdepression, Heuschnupfen statt Grippe - das ungewöhnlich milde Klima bei diesen Winterspielen in den Subtropen war die wichtigste Zutat für den positiven Gesamteindruck von Sotschi 2014.
"Hitzebilder" aus Sotschi
Die Sorge vor Chaos-Spielen war völlig unbegründet: Mit russischer Gründlichkeit wurde Olympia perfekt organisiert. Die größte Panne in Sotschi war noch das frühe Aus des russischen Eishockey-Teams im Viertelfinale – nicht zu verwechseln mit der Panne des österreichischen Eishockey-Teams.
Ein Jahr nach der Heim-WM in Schladming war Österreich bei Olympia in Sotschi wieder die erfolgreichste Alpinski-Nation. Mit insgesamt neun Medaillen (3 Gold, 4 Silber, 2 Bronze) lag man klar vor den USA, die in Schladming noch tonangebend gewesen waren. Damals waren die Amerikaner vor allem dank Ted Ligety mit 5 Medaillen (4/0/1) vor Österreich mit 8 (2/2/4) an der Spitze gelegen.
Tops der Olympischen Winterspiele
Kollektive Katerstimmung
Die Feier für die fünf Medaillen vom Super-Samstag, dem vorletzten Olympia-Tag, war noch im Gang, als das ÖOC kurz vor Mitternacht vom positiven Dopingtest von Langläufer Johannes Dürr erfahren hat.
Als der Langläufer mit dem Test konfrontiert wurde, verzichtete er auf das Öffnen der B-Probe und gab den Betrug zu. "Das ist das Schlimmste, was ich in meinem Leben gemacht habe. Ich kann mich nur entschuldigen", stammelte der Niederösterreicher ins ORF-Mikrofon.
Flops der Olympischen Winterspiele
Neben sportlichen Höchstleistungen, wahr gewordenen und zerplatzten Träumen, großem Jubel und tiefer Enttäuschung sind es freilich auch sie, die Großereignisse zu dem Spektakel werden lassen, das sie sind: die Fans. Deshalb zum Abschluss:
Die schönsten Olympia-Grüße aus Sotschi
Sieg im Damen-Riesentorlauf, Sieg im Herren-Slalom, Sieg in der Damen-Riesentorlauf-Saisonwertung, Sieg in der Herren-Slalom-Saisonwertung, Sieg im Damen-Gesamtweltcup, Sieg im Herren-Gesamtweltcup, bestes Damen-Team, bestes Herren-Team, Platz 1 im Nationencup! Beim Saisonfinale der Alpinen im schweizerischen Lenzerheide präsentierten sich die Österreicher als die großen Abräumer. Vor allem dank Anna Fenninger und Marcel Hirscher. Die beiden 89er-Jahrgangskollegen kennen einander schon, seit sie Kinderrennen dominiert haben. Mittlerweile servieren die ehemaligen Gasteiner Hotelfachschüler dem ÖSV die Triumphe auf dem Silbertablett.
Als viertes Duo nach den St. Antoner Skilegenden Gertrud Gabl/Karl Schranz sowie Renate Götschl/Hermann Maier sowie Michaela Dorfmeister/Stephan Eberharter holten die beiden den Gesamtweltcup in derselben Saison nach Österreich. Dass Fenninger und Hirscher den Finalort Lenzerheide mit den zwei großen Kristallkugeln verlassen würden, stand schon vor den letzten beiden Rennen fest. Umso beeindruckender, dass sie als Tüpferl auf dem i auch die Kraft besaßen, um sich mit Siegen die zwei kleinen Kristallkugeln für die Disziplinenwertung zu sichern. Hirscher meinte danach euphorisch: „Der Jubel über die kleine Kugel war riesig. Viel größer als am Samstag über die große.“
Zwei Champions aus einer Schulklasse
Lange hatten die Fans von Marlies Schild auf eine Entscheidung der "Slalomkönigin" warten müssen. Im September gab die 33-Jährige schließlich bekannt, ihre aktive Karriere im Ski-Weltcup beenden zu wollen. "Ich habe meinen Traum, den ich als kleines Mädchen hatte, gelebt. Ich denke, es ist an der Zeit, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen", sagte die Skirennläuferin aus Salzburg.
20 Jahre Skirennsport, 13 davon im Weltcup, waren für die Lebensgefährtin von Benjamin Raich genug. Reiflich überlegt sei ihr Schritt gewesen, zudem hätte der Wunsch nach der Gründung einer Familie eine entscheidende Rolle gespielt. "Die Prioritäten haben sich verschoben und im richtigen Alter wäre ich ja. Ich habe mir für die Entscheidung gründlich Zeit genommen und nachgedacht", so die 33-Jährige.
Marlies Schild weinte, als sie ihren Rücktritt bekannt gab. Selbst bei Hermann Maier bröckelte im Augenblick des Abgangs die Fassade des Herminators, und die Tränen kullerten ihm über die Wangen. Als Thomas Morgenstern an der Reihe war, die Karriere zu beenden, blieben die Taschentücher trocken.
Erleichterung
Da war einer augenscheinlich erleichtert, dass er noch rechtzeitig den Absprung geschafft hat. Dass er seine beiden schweren Stürze in der letzten Saison ohne Folgen überstanden hat und sogar noch mit einer olympischen Silbermedaille (Teambewerb) abdanken konnte, war auch für den 27-Jährigen keineswegs selbstverständlich. "Mir ist bewusst, dass ich mehrere Schutzengel hatte."
Dieses Glück wollte und konnte er nicht mehr strapazieren. Die letzten Trainingswochen waren für Morgenstern eine mentale Extrembelastung, jeder Sprung wurde zur Qual. "Wenn du oben auf dem Balken sitzt und dir nur durch den Kopf schießt ,hoffentlich geht die Bindung nicht auf‘, dann kann etwas nicht stimmen."
Neben Thomas Morgenstern sagte auch Alexander Pointner dem österreichischen Adlerhorst adé. In seinen zehn Jahren als ÖSV-Cheftrainer der Skispringer wurde er zum erfolgreichsten Coach überhaupt, unter seiner Ägide wurden u.a. drei Olympia-Goldmedaillen, zehn Goldene bei Nordischen Weltmeisterschaften und vier Weltmeister-Titel im Skifliegen errungen. Weiters wurden vier Gesamt-Weltcupsiege, sechs Vierschanzen-Tournee-Triumphe en suite und neun Nationencup-Titel eingefahren.
Am Ende nahmen sie alle ein Vollbad im Tränenmeer. Routinier Bastian Schweinsteiger heulte Rotz und Wasser; Manuel Neuer, der Tormann, der sonst jeden Ball und jede knifflige Situation so cool beherrscht, hatte plötzlich seine Emotionen nicht mehr im Griff; und Joachim Löw, der während des Turniers noch umstrittene und viel kritisierte Bundestrainer, fiel Lukas Podolski um den Hals – und dabei hatte auch er Freudentränen in den Augen.
Die Deutschen haben endlich ihren lang ersehnten vierten Stern nach 1954, 1974 und 1990. Ein spätes Tor von Joker Mario Götze in der Verlängerung sicherte der deutschen Fußballnationalmannschaft im Finale gegen Argentinien den vierten WM-Titel der Geschichte. Ein Titel mit historischem Wert: Zum ersten Mal konnte sich eine Mannschaft aus Europa auf einem der amerikanischen Kontinente zum Fußballweltmeister küren.
Es war alles in allem ein verdienter Titelgewinn, denn mit neuen Idealen und neuem Personal hat der ehemalige Trainer des FC Tirol und der Wiener Austria, Joachim Löw, den Deutschen den Rumpelfußball ausgetrieben und eine moderne Spielweise beigebracht. Und dabei soll es nicht bleiben. Die Einschätzung von Löw hört sich jedenfalls für die Konkurrenz bedrohlich an: "Uns wird dieser Titel einen Schub geben. Und wir haben noch Spieler, die größtenteils sehr jung sind".
Fünf Vorzugsschüler in Löws Weltmeister-Elf
Superlative
Bedrohlich war die Stimmung in Brasilien im Vorfeld der WM. 8,5 Milliarden Euro investierte das Gastgeberland in die Ausrichtung des WM-Turniers, was dem Volk gar nicht schmeckte. Trotz der Unruhen im Vorfeld und den lange nicht fertigen Stadien wird das Turnier in positiver Erinnerung bleiben - wegen vieler Tore und spannender Spiele. Insgesamt 171 Tore fielen. So viele wie zuletzt bei der WM 1998. Das ergibt einen Schnitt von 2,67 pro Spiel.
54.592 Zuschauer verfolgten die Spiele im Schnitt in den Stadien. Das ist der zweithöchste Wert der Geschichte nach der WM 1994 in den USA (68.991 Fans). Damals wurden aber nur 52 Spiele ausgetragen, zudem waren die Stadien viel größer.
35,6 Millionen Kurznachrichten wurden bei Twitter während des denkwürdigen Halbfinales zwischen Brasilien und Deutschland versandt. 34,65 Millionen TV-Zuschauer hatte ARD beim Finale. In Österreich sahen 2,37 Millionen das Spiel in ORF und ARD.
Die besten WM-Zitate
Mit viel Biss
In Erinnerung werden uns neben dem 1:7-Debakel Brasiliens im Semifinale, dem bösen Foul des Kolumbianers Juan Zuniga an Superstar Neymar, für den damit die WM vorbei war, die Auftritte des James Rodríguez bleiben. Nach dem Viertelfinal-Aus weinte der 23-Jährige zwar bitterlich, aber seine sechs Volltreffer im Laufe des Turniers sowie der nach der WM zustande gekommene Transfer zu Real Madrid dürften Trost genug sein.
Einen großen Minuspunkt sammelte Luis Suárez. Stets hungrig nach Erfolg, holte sich der bissigste Stürmer der Welt mit seinen Vorderzähnen ein Schulterscherzerl von Italiens Chiellini. Der FIFA schmeckte das gar nicht, Suárez bekam eine viermonatige Strafe aufgebrummt. Das hinderte Barcelona nicht daran, ihn vom FC Liverpool zu verpflichten.
Die denkwürdigsten Szenen der WM
Österreichs Nationalteam ist den Österreichern wieder ans Herz gewachsen. Und wie: ausverkaufte Häuser gegen Schweden, Russland und Brasilien und über 40.000 Fans gegen Montenegro. Begeisterung mit magnetischer Wirkung.
Erst im achten und letzten Spiel des Jahres 2014 gab es die erste Niederlage. Eine knappe, verursacht durch ein irreguläres brasilianisches Tor. Und man glaubt es Marcel Koller sogar, obwohl er so viel Emotion mitschwingen lässt wie die Bahnhofsdurchsage einer Fahrplanänderung: "Die Statistik schaut positiv aus und macht viel Mut." Tatsache ist, dass sich Österreichs Teamspieler gut verkauft haben. In einer großen internationalen Auslage, zumindest in Ausschnitten war das Spiel gegen Brasilien in 160 Ländern der Welt zu sehen. Bis zu 1,229 Millionen hatten am Samstag davor das Russland-Spiel im ORF gesehen, bis zu 1,254 waren es bei der Brasilien-Partie.
Ansturm
224.500 Zuschauer sind 2014 zu den sechs Heimspielen gekommen, das macht einen Schnitt von 37.416 – der höchste Wert seit 1968. Damals gab es allerdings nur drei Heimspiele, eines davon gegen die BRD (70.000).
Unter Koller hatte man das Ticket für die WM 2014 nicht lösen können. Die nächsten neun Länderspiele verloren die Österreicher aber nicht (Brasilien war das zehnte), weshalb man in Gruppe G die Tabelle anführt. Österreichs Team hat 2015 aber noch die "Chance", auf Rang vier zurückzufallen.
Am 30. Dezember 2013 wurde Dominic Thiem in der Tennis-Weltrangliste auf Rang 139 gereiht. Fast ein Jahr später, nach seiner ersten vollen Saison auf der Tour, liegt der Niederösterreicher exakt 100 Plätze weiter vorne.
„Der tollste Moment war die Stimmung in Kitzbühel im Stadion nach dem Matchball im Semifinale gegen Juan Monaco. So was vergisst man sein ganzes Leben nicht. Der schönste Sieg war gegen Stan Wawrinka in Madrid. Da hab' ich zum ersten Mal gesehen, dass auch die Besten nur Tennis spielen.“
Die fünf größten Außenseitersiege 2014 (mit Thiem)