Thema/1914

Das geschah vor 100 Jahren

28. Juni bis 28. Juli 1914 – ein Monat, in dem die Weichen für die Urkatastrophe des Jahrhunderts gestellt wurden. Der KURIER erinnert in seiner 31-teiligen Serien daran, was auf den Tag genau vor 100 Jahren geschah. Heute: der 28. Juni 1914, der Tag des Attentats.

Sommerhitze und Dekolletés

29,5 Grad Celsius Höchsttemperatur, kaum ein Wölkchen trübt den Himmel. "Die Sommerhitze bestimmt alle weiblichen Wesen dazu, die dünnsten Toiletten anzulegen und sich in dekolletierten Blusen von spinnwebenfeinem Gewebe vor der brennenden Sonne zu verstecken", schreibt Das interessante Blatt und veröffentlicht die angesagtesten Damenmode-Trends 1914.

Österreich erlebt einen strahlend schönen Tag. Wäre da nicht das Attentat im fernen Sarajewo: "Der Erzherzog und die Herzogin starben nach ungefähr einer Stunde, obwohl sofort Ärzte und unter ihnen auch der Leibarzt des Erherzogs, Dr. Viktor Eisenmenger, aus dem Gefolge zur Stelle waren", wussten Zeitungen zu berichten. "Schon der erste Augenschein ergab, daß jede Hoffnung auf Erhaltung des Lebens ausgeschlossen war."

"Im Haupttelegraphenamt war schon um 11 Uhr vormittags die Ungücksnachricht eingelangt. Auf telegraphischem Wege wurden die Beamten einberufen. Zahllose Staatsdepeschen wurden abgesendet, bis spät Nachts herrschte Permanenzdienst", steht im Wiener Montags-Journal über das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie.

Die Schlagzeilen des 28. Juni

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Nichts erspart

Wer sich heute virtuell in die Österreichische Nationalbibliothek begibt eintippt, kann in der Extra-Ausgabe der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung nachlesen, dass der Kaiser in Bad Ischl durch den Grafen Paar von der Ermordung des Thronfolgerpaares erfuhr und tief erschüttert war: "Mir bleibt aber auch gar nichts erspart", soll er gesagt und den Befehl gegeben haben, die Vorbereitungen für seine Abreise zu treffen.

Den Kindern des Thronfolgers verschwieg man das Attentat. Nur ein Telegramm mit den beiden Worten "Schreckliches Unglück" langte ein.

Das, was "der Draht gemeldet hatte", klang so ungeheuerlich, dass die Menschen die ersten Privatmeldungen gar nicht glauben wollten. "Bald aber brachte das Korrespondenz-Bureau die amtliche Bestätigung und nun konnte der Salzburger Chronik sofort eine Sonderausgabe in 3000 Exemplaren herausgeben, die reißenden Absatz fand. Wo Festlichkeiten stattfanden, wurden sie sogleich abgebrochen, ... in allen Straßen und Plätzen standen erregte Gruppen von Menschen, welche den ruchlosen Mord und seine Folgen besprachen", vermeldete die Salzburger Chronik, während das Grazer Tagblatt nach London blickte, wo "sämtliche Schiffe die Flaggen Halbmast hißten".

Simmering punktet gegen Rapid

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Und sonst? Simmering lieferte Rapid "ein erbittertes Gefecht". Endstand 2:1. Das Leichtathletik Meeting auf dem Pratersportplatz brachte keine Bestleistungen. Auf dem Rosenhügel nächst dem städtischen Wasserreservoir wurden der 37-jährige Hilfsarbeiter Rudolf Seidl und der 47-jährige Hilfsarbeiter Karl Czerny überfallen und mit Messern attackiert. Das Café Sacher eröffnete neu. Und auf dem Badener Rennplatz vernichtete ein Brand die Pferdeställe.

Auf den Anzeigenseiten der Zeitungen wurden Mittel gegen Falten und graue Haare angepriesen, die Kondom-Werbung kam als "Hygien. Artikel für Herren" daher und die Kurpackung "Grandir Gellons" versprach kleinen Frauen, bei Gebrauch dieses Mittels in 90 Tagen um sieben Zentimeter zu wachsen.

Aufschlussreich ist auch das, was unter dem Titel "Wirtschaftssorgen und Sühne" im Wiener Montags-Journal stand: "Unser Minister des Aeußern verstehen von Handel und Wandel etwa so viel wie die Nachtwächter von der Astronomie... Geld ist in den Banken massenhaft vorhanden, aber für Geschäfte ist keines da, weil die Courage fehlt ... Hätten wir einen großzügigeren Finanzminister, dann könnte vieles rascher gehen."

Wie gesagt: Wie schreiben den 28. Juni 1914.

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