Fahnenflüchtig: Wenn Skifahrer die Seite wechseln
Von Christoph Geiler
Von Luxemburg bis Grenada, von Bulgarien bis Slowenien – Skifahrer, wie Lucas Braathen, die die Ländergrenzen des Machbaren verschieben und die Seiten wechseln, sind nicht ungewöhnlich.
Marc Girardelli
Der gebürtige Vorarlberger ist der berühmteste „Fahnenflüchtling“ des Skisports. Mit zwölf Jahren wechselte Girardelli vom österreichischen zum luxemburgischen Skiverband, weil sein Vater der Ansicht war, das Talent würde beim ÖSV zu wenig gefördert werden. Als Luxemburger gewann Marc Girardelli fünf Mal den Gesamtweltcup, wurde vierfacher Weltmeister. Der heute 60-Jährige zählt zu dem erlauchten Kreis jener Läufer, die Weltcupsiege in allen Disziplinen feiern konnten.
Ludwig Leitner
Der gebürtige Vorarlberger erlebte 1958 in Bad Gastein eine Heim-WM, bei den Olympischen Spielen 1960 vertrat er dann bereits die Farben Deutschlands. Leitner wurde 1964 in Innsbruck Olympiasieger in der Kombination und trat nach dem Karriereende im Film "Im Geheimdienst ihrer Majestät" als James Bond-Double auf.
Claudia Riegler
Die Salzburgerin schaffte es seinerzeit nicht in das österreichische Ski-Nationalteam und strebte deshalb einen Nationenwechsel an. Riegler startete fortan unter der Flagge Neuseelands, dem Geburtsland ihrer Mutter. 1996/’97 wurde sie Zweite im Slalom-Weltcup, Riegler feierte in ihrer Karriere vier Weltcupsiege.
Romed Baumann
Alt-Präsident Peter Schröcksnadel konnte wunderbar schimpfen über den Allrounder, den sie beim ÖSV bereits abgeschrieben hatten. Nach der Hochzeit mit der deutschen Läuferin Veronika Eller nahm der gebürtige Tiroler 2019 die deutsche Staatsbürgerschaft an und erlebte als "Ski-Piefke", wie er in der Szene gerne genannt wird, einen Frühling: Bei der WM 2021 in Cortina raste der 38-Jährige, der immer noch aktiv ist, im Super-G zur Silbermedaille.
Kilian Albrecht
Im Rennanzug des ÖSV schaffte es der Magister aus dem Ländle zwei Mal im Slalom auf das Podium und wurde 2002 Vierter bei Olympia. Im starken österreichischen Slalom-Team war irgendwann kein Platz mehr für Albrecht, ab der Saison 2006/’07 ging der heutige Manager von Mikaela Shiffrin für Bulgarien an den Start.
Elfi Eder
Die Pinzgauerin gewann in der Saison 1995/’96 den Slalomweltcup und holte Medaillen bei Winterspielen und Weltmeisterschaften. Im Sommer 1997 zerkrachte Elfi Eder sich mit dem ÖSV, weil ihr Vertrauenstrainer Gottfried Trinkl entlassen wurde. Die Salzburgerin startete nach einjähriger Sperre für den karibischen Inselstaat Grenada, der zuvor erst einen Skiverband gründen musste. Als Skinsulanerin konnte Eder nicht mehr an ihre früheren Erfolge anschließen.
Fritz Dopfer
Der Tiroler Technikspezialist mit einer österreichischen Mutter und einem deutschen Vater startete ursprünglich für den ÖSV. Im Alter von 20 Jahren wechselte Dopfer zum deutschen Skiverband. Für Deutschland gewann er zwei WM-Medaillen, 2020 beendete Dopfer die Karriere.
Pepi Strobl
Der Mann aus dem Außerfern schrieb 1994 Ski-Geschichte. In seinem zweiten Weltcuprennen gewann Strobl mit Startnummer 61 die Abfahrt, in Val-d’Isère. In den letzten Jahren seiner Karriere fuhr er für Slowenien
Markus Eberle
Der Slalomspezialist aus dem Kleinwalsertal gab 1991 sein Weltcup-Debüt für Österreich, ab 1993 war er für Deutschland im Einsatz. In der Saison 1996/’97 wurde Eberle Zwölfter im Slalom-Weltcup.
Christian Borgnaes
Seine ersten Weltcuppunkte sammelte der Riesentorlauf-Spezialist aus St.Anton am Arlberg noch für Rot-weiß-rot. Die Flagge, unter der er heute im Weltcup fährt, hat die gleichen Farben: Borgnaes, der Sohn eines dänischen Skilehrers, fährt seit drei Jahren für Dänemark, in dieser Saison gelang dem 27-Jährigen mit Rang 14 in Adelboden sein bestes Weltcupergebnis.
Bernhard Knauss
Der ältere Bruder von Hans Knauss schaffte beim Österreichischen Skiverband nie den Durchbruch und wanderte daher nach Nordamerika aus. Knauss gewann drei Mal die Gesamtwertung in der U.S.-Pro-Ski-Tour, ehe er als Slowene einen weiteren Anlauf im Weltcup wagte.