Nominiert für die weibliche Hauptrolle: Die fünf Stars der Leichtathletik
Mit der zweiten Olympia-Woche sind auch die Leichtathletik-Bewerbe gestartet. Und schon am Samstag geht es in das 100-Meter-Halbfinale der Frauen (19.50 Uhr). Der Lauf um Gold steigt wenig später um 21.20 Uhr.
Viel wird in olympischen Zeiten auch wieder über Florence Griffith-Joyner gesprochen, Berichte und Podcasts beschäftigen sich mit ihrem Leben als US-Leichtathletik-Star und ihrem mysteriösen Tod.
Ein Erbe ist von ihr in jedem Fall bis heute geblieben: Griffith-Joyner hält seit 1988 mit 10,49 bzw. 21,34 Sekunden die Weltrekorde über 100 und 200 Meter. Beide Rekorde halten bis heute - seit 36 Jahren. Bei den Olympischen Spielen von Paris könnte zumindest einer fallen. Die Legenden um ihre Person bleiben bestehen.
Wer sind die großen weiblichen Leichtathletikstars der Gegenwart? Der KURIER stellt fünf Frauen vor, die in Paris für Furore sorgen könnten:
Hochsprung
Jaroslawa Mahutschich
Seit dem Angriff auf die Ukraine nutzt Jaroslawa Mahutschich fast jede Gelegenheit, um auf die Gräuel des Krieges aufmerksam zu machen. Ihr Training musste sie ins Ausland verlegen, ihre Gedanken sind in der Heimat, doch ihrer Leistung ist all das nicht abträglich.
Sie ist Welt- und Europameisterin – und am 7. Juni brach sie beim Diamond-League-Meeting in Paris den 37 Jahre alten Weltrekord im Hochsprung der Bulgarin Stefka Kostadinowa aus dem Jahr 1987. Die Latte lag dabei auf 2,10 Metern, 30 Zentimeter höher, als sie selbst groß ist.
Nur der Olympiasieg fehlt ihr noch. Die 22-Jährige ist die Favoritin auf Gold schlechthin. Zwei Medaillen hat die Ukraine bei diesen Spielen schon geholt, Silber im Schießen und Bronze im Fechten. Auf Gold wartet die vom Krieg gebeutelte Nation noch.
Die Qualifikation am Freitag gewann Mahutschich ganz locker, am Sonntag geht es um die Medaillen. „Es ist wirklich schwer, wirklich schlimm“, sagte sie nach ihrem Weltrekord-Sprung. „Leider haben mich mehr als zwei Jahre Krieg mental stärker gemacht, als ich es vorher war.
Hürdenlauf
Sydney McLaughlin-Levrone
Beide Eltern waren Leichtathleten. Der Vater war ein amerikanischer Spitzenläufer über 400 Meter und erreichte 1984 bei den Spielen in den USA das Halbfinale. Die Mutter lief in der Highschool über 400 und 800 Meter. Der Bruder ist Hürdenläufer.
Doch Sydney McLaughlin übertraf alle. Ihr außergewöhnliches Talent wurde früh entdeckt. Sie war 16 Jahre alt und ging noch in die Highschool, als sie bei den US Olympic Trials mit neuem Jugendweltrekord über 400 Meter Hürden Dritte wurde – und sich als jüngste amerikanische Leichtathletin seit mehr als 40 Jahren für die Olympischen Spiele qualifizierte.
In Rio 2016 erreichte sie zwar „nur“ das Halbfinale, doch Experten war klar, dass hier ein neuer Stern am Horizont aufgetaucht ist.
Mittlerweile lässt sich die Medaillensammlung der erst 24-Jährigen sehen: Dreimal Gold bei der WM in Doha 2019, zweimal Gold bei Olympia in Tokio 2021.
Zuletzt stellte sie über ihre Paradestrecke, die 400 Meter Hürden, einen neuen Weltrekord auf. Mit einer Zeit, die schnell genug für das WM-Finale gewesen wäre – ohne Hürden.
Weitsprung
Malaika Mihambo
Manchmal, sagt Malaika Mihambo, ist sie zu entspannt beim Bewerb. Dann muss sie sich noch einmal pushen. Das verriet sie im Spiegel-Interview. In ihrer Heimat Deutschland – aber auch hier in Paris – ist sie ein Star.
Die 30-jährige Heidelbergerin, deren Vater aus Sansibar stammt, ist das Aushängeschild der deutschen Leichtathletik. Als zweifache Welt- und Europameisterin sowie Olympiasiegerin von Tokio mit einer persönlichen Bestmarke von 7,30 Metern geht sie in Paris an den Start.
Das Problem mit dem Zu-entspannt-Sein wird sie hier nicht haben. Wenn es zu aufregend wird, arbeitet sie mit Selbstreflexion und Meditation. Mit Atemübungen fährt sie vor dem Sprung ihren Herzschlag herunter, beruhigt ihre Gedanken und läuft an.
Und dieses Anlaufen, das ist ihr großer Trumpf. Denn wie einst US-Leichtathletik-Star Carl Lewis, der viermal den Weitsprung bei Olympia gewann, ist Mihambo auch im Sprint top. Und noch etwas helfe ihr, sagte sie dem Spiegel: Dass es ihr nämlich angeblich egal ist, ob sie gewinnt oder nicht.
Sprint
Shelly-Ann Fraser-Pryce
Sie wurde 2023 zur Weltsportlerin des Jahres gewählt und ist aktuell definitiv die schnellste Mutter der Welt. Shelly-Ann Fraser-Pryce (37) ist dreifache Olympiasiegerin und zehnfache Weltmeisterin – und seit 2017 auch Mutter eines Sohnes.
Doch schon zwei Jahre später kam die Jamaikanerin bei der WM in Doha in alter Stärke zurück und gewann zwei Goldmedaillen (100 m, 4 x 100 m). Ihr extrovertiertes Auftreten mit dem wallenden, gefärbten Haar ist ihr Markenzeichen, ihre Erfolge sind die Visitenkarte. Seit Peking 2008 holte sie in jedem Olympia-Finale über 100 Meter eine Medaille. Außerdem lief sie 2021 die 100 Meter in 10,60 Sekunden - und ist damit nach Griffith-Joyner die Zweitschnellste.
Fix ist aber, dass Shelly-Ann Fraser-Pryce nach Olympia ihre Spikes an den Nagel hängen wird. Ausschlaggebend dafür seien weder Alter noch Fitness, sagte sie dem Magazin Essence. „Mein Sohn braucht mich“, begründete die 1,52 Meter kleine Athletin ihren Schritt. Auch sei es an der Zeit, ihrem Mann Jason Pryce etwas zurückzugeben. Er habe sich jahrelang für sie aufgeopfert. Bald ist der Tag da, ab dem sie mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen wird.
Sha’Carri Richardson
Dass Sha’Carri Richardson, heuer, mit 24 Jahren, ihr Olympiadebüt gibt, hat eine lange Vorgeschichte. Die Texanerin wäre bereits vor drei Jahren der große Star der Spiele in Tokio gewesen. Doch wie so oft machte das Leben Richardson einen Strich durch die Rechnung.
Ein positiver Dopingtest hinderte sie am Antreten bei den Olympischen Spielen in Japan. Das Skurrile daran: Richardson hatte nichts unternommen, um schneller zu werden. Sie hatte Cannabis geraucht. Als Sprinterin? Warum bloß?
Sie habe kurz vor den Spielen mit dem Tod ihrer leiblichen Mutter klarzukommen versucht und deshalb einen Joint geraucht, erklärte sie. In einer schweren Kindheit, inklusive Suizidversuch und Adoption habe sie immer nur einen Zufluchtsort gefunden: die Laufbahn.
Auch jetzt noch. Nach einer kurzen Sperre kämpfte sie sich zurück. Im Vorjahr wurde sie Weltmeisterin über 100 Meter in 10,65 Sekunden. Sie ist damit hinter Carmelita Jeter (10,64) und ex aequo mit Marion Jones (10,65) die Viertschnellste.