Zum neuen ÖFB-Präsidenten: Lasst es uns so machen wie immer
Von Marc Janko
Zynisch betrachtet, verstehen es die Männer im Präsidium des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) bestens, die Kugel rollen zu lassen. Die Kugel ist in diesem Fall das Präsidentenamt, das sich die Landesbosse gekonnt zuspielen. Einen dementsprechend schalen Beigeschmack hat die Nominierung des Kärntner Landesverbandspräsidenten Klaus Mitterdorfer zum obersten Fußball-Funktionär.
Ein echter Wandel, den der größte Sportverband Österreichs nach der kurzen, aber turbulenten Ära von Gerhard Milletich dringend gebraucht hätte, sieht freilich anders aus. Mit der neuerlich internen Lösung sind die Chancen gering, dass tatsächlich die nötige Ruhe beim ÖFB einkehrt, um die großen Herausforderungen und zahlreichen Baustellen ernsthaft anzugehen. Das oberste Motiv schien (wieder einmal) gewesen zu sein, zu verhindern – und zwar einen externen Kandidaten bzw. eine externe Kandidatin.
Nun soll ein neuer Präsident natürlich immer an seinen Taten gemessen werden, weshalb man Klaus Mitterdorfer, der erst im Juni offiziell gewählt werden wird, zunächst Zeit geben muss. Doch auch Worte haben in dieser Funktion enormes Gewicht. Und in diesem Fall stimmen mich die ersten Aussagen des 57-Jährigen aus mehreren Gründen nachdenklich.
Es hätte im Zuge des Auswahlprozesses niemanden gegeben, dem das Präsidium das Amt zugetraut hätte, sagte Mitterdorfer zu seinen Beweggründen. Das muss wie Hohn klingen für jene erfolgreichen Unternehmer aus der Privatwirtschaft, die im Vorfeld ebenfalls ins Spiel gebracht wurden – etwa ein Vorstandsmitglied einer namhaften Versicherung.
Noch irritierender war für mich aber eine andere Aussage des designierten ÖFB-Präsidenten. Bis zu seiner Wahl will Mitterdorfer ein Konzept für die Zukunft des ÖFB vorlegen. Sollte das in einem Wirtschaftsbetrieb, der jährlich über rund 60 Millionen Euro verfügt, nicht schon im Zuge der Nominierung vorliegen? Ein Kampf der besten und mutigsten Ideen?
Tatsächlich gibt es aber auch positive Punkte. Etwa, dass der ÖFB-Präsident in spe selbst eine Vergangenheit als Fußballer und Trainer auf Landesliga-Niveau vorweisen kann. Damit ist er näher an der Basis dran, als seine Vorgänger.
Marc Janko ist Fußball-Experte bei Sky – der 39-Jährige spielte 70-mal für das Nationalteam und erzielte 28 Tore.
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Die wichtigste Eigenschaft für den obersten Fußball-Boss des Landes ist das aus meiner Sicht dennoch nicht. Viel entscheidender für einen ÖFB-Präsidenten sind Vernetzung und Kontakte in die Wirtschaft. Ohne Klaus Mitterdorfer zu kennen, lese ich diese Eigenschaften nicht aus der Vita des stellvertretenden Amtsdirektors der Kärntner Ärztekammer heraus.
Viel Erfolg sei ihm dennoch zu wünschen für diese wichtige Aufgabe im österreichischen Sport. Wenngleich einen das Gefühl beschleicht, dass sich beim ÖFB so rasch nichts ändern wird.