Vor dem Endspiel der Conference League: Finalort mit Geschichte(n)
Von Wolfgang Winheim
Das erste Finale in der neuen Conference League mit Gernot Trauner als Feyenoords Abwehrchef wird in Tirana in einem von Italienern gebauten schicken Kleinstadion am Mittwoch zum Heimspiel für Roma werden. Fast jeder albanische Fußball-Fan identifiziert sich mit dem italienischen Calcio.
Schon 1970 hatte für Österreicher ein albanisches Fußball-Abenteuer Premierencharakter. Als eine AUA-Maschine mit Innsbrucks Team an Bord zum ersten Mal überhaupt Tirana anflog. Und als nach einem unerwartet mühsamen 3:2-Heimsieg in der ersten Europacup-Runde gegen Partizani Tirana das 2:1 für Wacker erst nach der Rückkehr bekannt wurde. Kein Reporter hatte vom isolierten Land aus Kontakt zur Heimredaktion bekommen.
Im einzigen Hotel Tiranas hatte man uns aufgeregt von der Rezeption weg in einen dunklen Raum gedrängt und kurz eingesperrt. Einer chinesischen Delegation sollte der Anblick westlicher Menschen erspart werden.
Dem albanischen Führer Enver Hoxha war selbst das sowjetische Regime nicht kommunistisch genug gewesen. Er hatte sich an Mao orientiert.
Ende der 70-Jahre durfte nur Österreich sportliche Entwicklungshilfe leisten. Indem Tirana zwei Linientreue beim ÖFB-Trainerkurs hospitieren ließ. Mittlerweile haben Albaner Kicker-Nachhilfe nicht mehr notwendig: Die Partizani-Akademie genießt über die Grenzen hinaus guten Ruf. Giacomo Vrioni, 23, indes wuchs bereits in Italien auf. Dem Juventus-Leihspieler, der für die WSG Tirol noch zwei Mal gegen Rapid stürmen wird, fehlt nur ein Tor, um in der Schützenliste mit dem Salzburger 35-Millionen-Mann Karim Adeyemi (künftig Dortmund) gleichzuziehen.
Naheliegend, dass Vrioni seine 18 Bummerln wieder für Italien interessant machen. Und dass sich der albanische Zahnarztsohn von der Tiroler Nordkette und kleinen Geschenken nicht ewig beeindrucken lassen wird. Vor 52 Jahren waren Albaniens beste Spieler noch in Dankbarkeit erstarrt, als ihnen Wackers Zeugwart gebrauchte Stoppelschuhe überließ.