Sport/Fußball

Warum der ORF trotz geringer Einschaltquoten auf Frauenfußball setzt

Fußball ist ein fixer Bestandteil der TV-Berichterstattung. TV- und Streaming-Anbieter matchen sich regelmäßig um die  Rechte von Fußball-Übertragungen und bieten Millionen. 

In Sachen Frauenfußball ist da vielerorts noch Luft nach oben. Doch der ORF entschied sich, den Fußballerinnen eine Bühne zu geben. Im Vorjahr war erstmals jede Runde ein Ligaspiel im ORF zu sehen,   heuer  werden es 20 Spiele sein. 

Martin Szerencsi, zuständig für Lizenz- und Kooperationsverträge des ORF Sport, erklärt, warum.

KURIER: Wie kam es zu dieser Entscheidung, dem Frauenfußball mehr Bühne zu geben?

Martin Szerencsi: Das war das Ergebnis der Entwicklung des Frauenfußballs in Österreich: die Erfolge der Frauen-Nationalmannschaft, die guten Leistungen der Klubs auf internationaler Ebene und die Professionalisierung der ADMIRAL Frauen Bundesliga.

Warum ist es für einen TV-Sender von Vorteil, auf Frauenfußball zu setzen?

Frauenfußball ist – auch global gesehen – eine der am stärksten wachsenden Sportarten. Die Anzahl der aktiven Spielerinnen steigt ebenso wie das Interesse des Publikums sowie – erfreulicherweise – auch die Qualität der Matches und der Frauenfußball-Veranstaltungen. Es ist aus unserer Sicht vorteilhaft, dass immer mehr Klubs aus dem professionellen Männer-Fußball auch Frauenteams gründen und mehr Spiele der Frauen in bundesligatauglichen Stadien stattfinden.

Wie hoch sind die Einschaltzahlen?

Die Nutzungszahlen für Frauenfußball steigen grundsätzlich, sind aber auch immer erfolgsabhängig. Speziell bei den Übertragungen der Frauen Bundesliga versuchen wir mit dem ÖFB und den Klubs einen fixen Sendeplatz am Sonntag um 12:45 Uhr in ORF Sport+ zu etablieren – das gelingt aufgrund von anderen Sportveranstaltungen nicht immer und tritt bisweilen auch in Konkurrenz mit Sportübertragungen in ORF1.

Und unser Ziel ist auch, dass möglichst alle Klubs in diesen Liveübertragungen abgebildet werden, immer mit Beachtung der jeweiligen redaktionellen Wertigkeit. Durchschnittlich erreichen die Liveübertragungen in ORF Sport+ zwischen 10.000 und 15.000 Zuschauerinnen.

Das ist im Vergleich zur Männer-Liga sehr gering. Warum rentiert es sich dennoch?

Weil der ORF auch damit das Interesse des Publikums befriedigen kann, und Frauenfußball nicht dazu genutzt werden muss, Investoren zufriedenzustellen – ein Vorteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Aber natürlich muss der ORF Sport auch im Bereich der Frauenfußball-Berichterstattung die budgetären Grenzen einhalten und die vorgegebenen Mittel zweckmäßig, wirtschaftlich und sparsam einsetzen.

Welches Wachstum erwarten Sie sich?

In Zahlen sind derartige Erwartungen hier nicht sinnvoll anzugeben, weil Entwicklungen im Mediengeschäft wie Digitalisierung und Rückgang der linearen TV-Nutzung zu berücksichtigen sind. Dass die Berichterstattung über Frauenfußball ausgebaut wird, dass Frauen in der Fußballberichterstattung eingesetzt werden, dass Frauenfußballspiele auch seitens FIFA und UEFA nicht in direkter Konkurrenz zu ihren andern Bewerben abgesetzt werden, wäre wichtig.

Merken Sie, dass andere Medien nachziehen?

Die Berichterstattung ist immer auch von den jeweiligen Medienverträgen abhängig – nachdem die jahrelange Partnerschaft des ÖFB mit dem ORF auch für die nähere Zukunft vertraglich festgelegt ist und auch die Spiele im österreichischen Frauenfußball (Heimspiele der Nationalteams, Bundesliga, Sportland Niederösterreich Frauen ÖFB Cup) umfasst, bleibt da wenig Spielraum für andere Medienhäuser. Ich spreche aber gerne die Einladung aus, dass ÖFB und ORF jederzeit zu Gesprächen mit Medien über Kooperationen im Bewegtbildbereich bereit sind.

Erwarten Sie sich in der Zukunft Konkurrenz um die Rechte der ADMIRAL Frauen Bundesliga?

Ja. Das ist im Sportrechtehandel normal, wenn der Content attraktiv ist und zur Strategie eines Mediendienstanbieters passt. Frauenfußball wird in den kommenden Jahren ein wichtiger Bestandteil der ORF-Sportberichterstattung bleiben, auch wenn es da mit dem Ende der gesetzlichen Verpflichtung zur Weiterführung von ORF Sport+ als linearem TV-Kanal bis Ende 2026 und so mancher politischen Diskussion um die ORF-Finanzierung einige offene Punkte zu geben scheint.