Nach emotionalem EM-Aufstieg: Dänemark im kollektiven Jubelrausch
Von Peter Gutmayer
„Ich hätte mir nie erträumen können, ein Teil von etwas so Großem zu sein“, schüttelte Mikkel Damsgaard ungläubig den Kopf. Dänemark ist mit der 4:1-Gala gegen Russland doch noch der Sprung auf Platz zwei und damit ins Achtelfinale gelungen. Noch nie zuvor hat es eine Mannschaft bei einer EM nach zwei Niederlagen zum Auftakt doch noch in die K.o.-Phase geschafft. Jetzt haben dieses Kunststück ausgerechnet die Dänen vollbracht – an genau jenem Ort, an dem zehn Tage zuvor Christian Eriksen einen Herzstillstand erlitten hatte und wiederbelebt werden musste.
Man hat das Gefühl, das Drama um Eriksen hat die ganze Nation zusammengeschweißt. Die Bilder vom Zusammenbruch. Der Zusammenhalt seiner Mitspieler in diesem dramatischen Moment. Die Anteilnahme von Millionen Fans. Und die Erleichterung darüber, dass der Profi von Inter Mailand mittlerweile das Krankenhaus verlassen konnte. All das hat eine enorme Energie erzeugt, die auch Trainer Kasper Hjulmand spürte: „Der Mut, der Zusammenhalt, die Freundschaft dieser Spieler: Davor ziehe ich meinen Hut. Diese Fußballer haben sich in die Herzen der Dänen gespielt. Sie haben den Mädchen und Jungs zu Hause einige Idole gegeben.“
Volksfeststimmung
Auch Gegner Russland blieb diese Energie nicht verborgen. „Das ist das erste Mal, dass ich so eine Unterstützung erlebt habe. Einer ihrer Spieler hat nur einen Pass gemacht und das ganze Stadion war auf den Beinen“, staunte Tormann Matvei Safonow. Das Spiel im Kopenhagener Parken Stadion wurde zum großen Volksfest. 25.000 Zuschauer feierten ihr Team von der ersten bis zur letzten Sekunde. Und noch darüber hinaus. Die „magische Nacht“, wie sie Hjulmand nannte, ging in die Verlängerung. Nach mehreren Ehrenrunden der Mannschaft mussten die Fans zwar das Stadion doch irgendwann verlassen, das tat der Feier jedoch keinen Abbruch. Noch bis weit in die Nacht feierten Tausende in Kopenhagen diesen Erfolg mit Autokorsos und mehreren Freiluft-Partys auf zentralen Plätzen der Stadt.
„Wir alle haben in den letzten zehn Tagen eine turbulente, emotionale Achterbahnfahrt erlebt“, erklärte Dänemarks Torhüter Kasper Schmeichel, „aber das zeigt, was der Fußball leisten kann. Was der Fußball mit einer ganzen Nation machen kann.“ Extralob gab es für den Coach: „Wir haben so viel Qualität im Team und einen großartigen Trainer.“
Schöne Grüße
Die schönste Nachricht bekamen Schmeichel und seine Kollegen aber wenige Augenblicke nach dem Schlusspfiff. „Christian schrieb sofort nach dem Spiel in unsere WhatsApp-Gruppe. Es war toll, von ihm zu hören“, verriet Verteidiger Jens Stryger Larsen. „Wir sind auch seinetwillen weitergekommen“, nickte Hjulmand. Eriksen erholt sich derzeit im Kreis der Familie in seinem Haus in Odense. Von dort aus wird er auch das Achtelfinale am Samstag gegen Wales mitverfolgen. Diesmal dürfen die Dänen erstmals nicht im heimischen Parken antreten, sondern müssen nach Amsterdam.