Katar hörte offenbar Justiz-Treffen mit Infantino in der Schweiz ab
Das Golfemirat Katar hat einem Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) zufolge ein geheimes Treffen des damaligen Schweizer Bundesanwalts mit FIFA-Präsident Gianni Infantino abgehört. Wie die NZZ am Sonntag unter Berufung auf geheime Dokumente berichtete, ließ Katar ein Hotelzimmer verwanzen, in dem der damalige Bundesanwalt Michael Lauber sich im Juni 2017 heimlich mit Infantino traf. Ziel sei gewesen, Lauber zu erpressen.
Der Leiter der Schweizer Staatsanwaltschaft führte damals Ermittlungen zu Korruption im Fußball-Weltverband und unter anderem zur umstrittenen Vergabe der WM 2022 an Katar. Das Treffen Laubers mit Infantino fand laut NZZ in einem Konferenzraum in einem Luxushotel in Bern statt, das sich seit 2009 im Eigentum des Emirats befindet. Der Raum sei zudem über denselben Gang erreichbar wie die katarische Botschaft.
Die Abhöraktion unter dem Decknamen "Projekt Matterhorn" sollte im NZZ-Bericht genannten Quellen zufolge dazu dienen, Lauber mit der Aufzeichnung zu erpressen. Der Schweizer Bundesanwalt hatte das Treffen mit Infantino stets bestritten - musste aber schließlich 2020 wegen Enthüllungen über insgesamt drei informelle Treffen mit FIFA-Funktionären zurücktreten.
Laubers Anwalt erklärte der NZZ zufolge, sein Mandant habe keine Kenntnis von einer Aufzeichnung des Treffens mit Infantino. Zudem sei dieser nie von Vertretern Katars angesprochen worden, noch habe es Erpressungsversuche gegeben. Von katarischer Seite wurden die Enthüllungen ebenfalls bestritten.
Die 2010 erfolgte Vergabe der Fußball-WM 2022 durch die FIFA an Katar hatte wegen der Menschenrechtslage im Land und des Umgangs mit Arbeitsmigranten international massive Kritik ausgelöst. Aufgrund von Befürchtungen, das WM-Austragungsrecht wieder zu verlieren, startete das Land eine umfangreiche Imagekampagne.
Katar steht zudem seit Ende vergangenen Jahres wegen eines Korruptionsskandals rund um das EU-Parlament im Fokus. Das Golfemirat und Marokko sollen versucht haben, Vertreter des EU-Parlaments zu bestechen und so die Politik der Europäischen Union zu beeinflussen. Beide Länder weisen die Vorwürfe vehement zurück. Der Hauptverdächtige in dem Verfahren hat nach Angaben der zuständigen belgischen Ermittler aber gestanden, Geld aus Katar und Marokko weitergereicht zu haben.